Liebe Taylor Swift,
heute Abend werde ich bei deinem "The Eras Tour"-Konzert in München sein. Ich werde mit Tausenden anderen "Swifties", wie deine Fans sich nennen, dreieinhalb Stunden zu deinen Songs singen und tanzen. Wahrscheinlich werde ich Gänsehaut und vielleicht Tränen in den Augen haben, wie schon in Gelsenkirchen, als du zwischen den Tänzerinnen und Tänzern plötzlich auf der Bühne standest. Ein ergreifender Moment, auch für "Neu-Swifties" wie mich, als die Liedzeile "It’s been a long time coming" erklingt, die Menge kreischt, die Fans neben mir schniefen.
Ich habe den Hype, wenn man es so nennen möchte, lange ignoriert. Eines Abends im Februar dieses Jahres, es war am Tag vor dem Super Bowl, dem größten Sportevent der USA, wollte ich verstehen, was es mit dir auf sich hat. Ich wollte verstehen, warum die Einschaltquote für das Football-Endspiel auf Rekordwerte steigt, nur weil du für wenige Sekunden zu sehen sein wirst. Weil du im Publikum sein wirst, um deinen Freund Travis Kelce auf dem Platz anzufeuern. Also tauchte ich ein in die Welt von Taylor Swift, deine Songs, deine Lyrics. Und irgendwie kam ich nicht mehr heraus.
Du hast dich nie unterkriegen lassen - trotz so viel Gegenwindes
Taylor, ich wünschte, ich hätte deine Songs schon in meiner Jugend gehört, beim ersten Liebeskummer, beim Erwachsenwerden, beim Verlust mir wichtiger Menschen und Tiere. Ich wünschte, du hättest mir schon früher mit deinen Songtexten eine Hand gereicht, von der ich nicht wusste, dass ich sie brauche. Ich wünschte, ich hätte schon früher verstanden, was für eine beeindruckende Frau du bist.
Niemand muss dir sagen: "Lass dich nicht unterkriegen." Denn das hast du ohnehin nie. Nicht, als Kanye West dir im Alter von gerade 19 Jahren bei einer Preisverleihung auf der Bühne einen Award absprach. Nicht, als du die Rechte deiner ersten sechs Alben von deinem damaligen Plattenlabel kaufen wolltest, dein ehemaliger Mentor sie, statt an dich, an den Musikmanager Scooter Braun verkaufte.
Taylor Swift: Mit dem ehemals blonden Mädchen mit den Locken ist nicht zu spaßen
Wenn eine weiß, wie sich Misogynie und Sexismus anfühlen, dann du. Deine Antwort: Du nutzt das Schlechte gekonnt zu deinen Gunsten. Nach dem Skandal mit Kanye West warst du ein Jahr von der Bildfläche verschwunden, weil dich der Vorfall an deine mentalen Grenzen gebracht hatte. Dann kamst du mit einem neuen Album zurück. Eines, das mit den Missgünstigen abrechnet. Eines, das zeigt, dass man mit dem ehemals blonden Mädchen mit den Locken, der Gitarre und den Cowboystiefeln nicht spaßen sollte.
Als du gemerkt hast, du bekommst die Rechte deiner Musik nicht, hast du beschlossen, deine ersten sechs Alben neu aufzunehmen. Heute sind vier davon mit dem Zusatz "Taylor's Version" auf dem Markt, brechen neue Rekorde. Mitte Juni dieses Jahres trat Scooter Braun als Manager aus dem Business zurück. Ob das auch mit dir zu tun hat?
Taylor Swift ist ein Vorbild für viele junge Frauen
Es ist schön zu sehen, wie erfolgreich du bist, während sich ein unübersehbarer Mittelfinger in Richtung derer, die dir alles nehmen wollten, streckt. Du bist ein Vorbild für viele junge Menschen – besonders Frauen, deren Erfolg immer wieder infrage gestellt oder ihnen abgesprochen wird.
Schon immer wirst du auf deine (Ex-)Freunde reduziert, auf deinen vorgeblichen Männerverschleiß, auf dein Äußeres. Wie oft lese ich Vergleiche von dir mit anderen Künstlerinnen und die Kritik, dass du noch keinen Nummer-Eins-Hit in Deutschland hattest.
Dass du aber mit deiner Arbeit eine neue "Era" im Musikgeschäft gestartet hast, nämlich eine der Selbstermächtigung und Unabhängigkeit, fangen einige erst jetzt an zu begreifen, nachdem man an dem Phänomen Taylor Swift nicht mehr vorbeikommt.
Du hast es aus eigener Kraft ganz nach oben geschafft
Man muss kein "Swiftie" sein, um dir Respekt entgegenzubringen. Man muss kein Feminist (ich gendere bewusst nicht) sein, um anzuerkennen, dass es eine junge Frau aus eigener Kraft ganz nach oben geschafft hat. Man muss deine Musik nicht mögen, um sich davon beeindrucken zu lassen, dass du 60.000 Menschen an einem Ort zusammenbringst und so ein Gefühl erzeugst.
Damit meine ich: Sicherheit, Liebe, Toleranz. Werte, die im Alltag oft fehlen. Ich habe auf dem Konzert eine Atmosphäre erlebt, die ich so nicht kannte. Ich konnte mich als junge Frau sicher fühlen, tragen, was ich wollte. Alle können dort genau so sein, wie sie sind. Ist das nicht das Schönste überhaupt? Und deshalb will ich es heute ein zweites Mal erleben.
Taylor, bis heute Abend, ich bin "ready for it"!
Lisa Marie Waschbusch, Redakteurin
Persönliche Post: der Samstagsbrief
Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Die bestehende "Ermächtigung" (Menschenrechte) für Entscheidungen (in der Demokratie) auszuüben und - selbstgefällige - politische Entscheidungen gewählter Vertreter öffentlich per Demonstrationen in Frage zu stellen wäre mir da lieber, liebe Frauen. Das wäre Frauenpower!
Da zählt eben nicht nur: "Ich schreibs an jede Wand, neue Männer braucht das Land." Da geht deutlich mehr!
Sorry, sollte nicht ein Samstags Brief wichtige Themen aufgreifen, die gesellschaftsrelevant sind, die unsere Region betreffen?
Ist nicht der Arbeitsplatzabbau in der Industrie, die Schließung des Krankenhauses Sankt Josef in Schweinfurt, das unsolidarische Verhalten der Stadt Würzburg Mit dem Bürgermeister Heilig zum Verkehrsverbund, wichtig genug, um diesen Themen einen Samstags Brief zu widmen?
Hier sind Existenzen bedroht. Menschen und eine Region betroffen.
Es kommen zu Tausenden Amerikaner und Kanadier nach Deutschland um Taylor zu hören.
Sollte sie einen Wahlaufruf für Kamala Harris starten, wird dies Trump nachhhaltig schaden.
Es ist folgerichtig, dass auch mal gesellschaftspolitische bedeutende Persönlichkeiten im Samstagbrief angesprochen werden, oder wollen sie den x-ten Aufruf an Lauterbach oder Aiwanger lesen, dass sie bitte ihre Politik erklären möchten
gez Lorenz Hofmann
Und muss einem die Musik, um die es wohl auch geht, gefallen oder nicht?
Es dürfen gerne tausende Menschen zu ihren Konzerten gehen und sie toll finden. Und andere Generationen, andere Musik! Kann man das nicht respektieren?
Lieber energiegeladen durch den Tag, als atemlos durch die Nacht