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Würzburg/Schweinfurt
Abseits von Adele und Taylor Swift: Warum Konzerttickets auch in Unterfranken so teuer geworden sind
Live-Musik wird immer mehr zum Luxusgut. Woran liegt der Preisanstieg, wer sind die Preistreiber, und was bedeutet das für kleinere Bands und Veranstalter?
Auch das Konzert von Michael Schulte in der Posthalle wäre vor einigen Jahren wohl kaum so teuer gewesen wie 2024. Mit dem Preiswahnsinn der Mega-Stars hat dies allerdings noch nichts zu tun.
Foto: Archiv: Silvia Gralla | Auch das Konzert von Michael Schulte in der Posthalle wäre vor einigen Jahren wohl kaum so teuer gewesen wie 2024. Mit dem Preiswahnsinn der Mega-Stars hat dies allerdings noch nichts zu tun.
Julian Bandorf       -  Julian Bandorf wuchs im Landkreis Schweinfurt auf und absolvierte zunächst eine Berufsausbildung als Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung. Danach machte er Abitur am Schweinfurter Bayernkolleg und studierte Germanistik und Political and Social Studies an der Uni Würzburg. 2021 begann er seine freie Mitarbeit bei der Main-Post, seit April 2024 ist er Redaktionsvolontär.
Julian Bandorf
 |  aktualisiert: 22.07.2024 02:31 Uhr

Taylor Swift und ihre Eras Tour oder Adele mit den Auftritten in München sind die Extremfälle einer Entwicklung, die in den letzten Jahren immer mehr an Fahrt aufgenommen hat: Konzert- und Festivaltickets werden in immer teurer. Wer im August Adele in München aus der Nähe sehen will, muss dafür bis zu 420 Euro auf den Tisch legen. Ein Trend, der aber auch bei kleinen und mittelgroßen Events in der Region Mainfranken zu spüren ist. Laut dem Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft sind in Deutschland die Preise für Konzerttickets in den letzten Jahren im Schnitt um 15 Prozent gestiegen. 

Woran liegt das? Inflation, gestiegene Energiekosten und Fachkräftemangel machen auch der Unterhaltungsbranche zu schaffen. Bernd Kapp etwa stattet mit seiner Firma Ampire Show-Technik GmbH in Kleinostheim zahlreiche Konzerte mit Technik aus. "Neben den Sachen, die jeder auf dem Schirm hat, darf man auch höhere Versicherungsbeiträge oder die Lkw-Maut nicht vergessen", merkt er an.

Der gestiegene Mindestlohn spiele jedoch in den seltensten Fällen eine Rolle. "Das sind alles Fachkräfte, die ein Vielfaches davon verdienen. Während Corona mussten aber viele ihr Berufsfeld wechseln, und die wenigsten sind danach wiedergekommen. Wenn man überhaupt noch jemanden findet, zahlt man dafür inzwischen einfach mehr." Er selbst, so Kapp, profitiere mit seiner Firma von den Preiserhöhungen kaum. "Die Mehrkosten habe ich nicht mal eins zu eins an die Kunden weitergegeben. Die Preise könnten also sogar noch schlimmer sein."

Posthallenbetreiber befürchtet Schwund von Veranstaltungsorten

Joachim "Jojo" Schulz ist als Betreiber der Posthalle für einen der wichtigsten Veranstaltungsorte in Würzburg verantwortlich. "Wegen der gestiegenen Kosten, müssten eigentlich mehr Fans kommen. Allein durch das Anziehen der Preise gleichen wir das nicht aus. Die Besucherzahl, ab der wir anfangen, Gewinn zu machen, wird jetzt viel später erreicht", erklärt Schulz. Er ist sich sicher, dass der finanzielle Mehraufwand Folgen haben wird: "Es wird eine Erosion geben. Manche Locations sind irgendwann bankrott, andere ziehen vorher noch die Reißleine."

Wie andere Veranstalter äußert sich auch Schulz kritisch über den Ticketanbieter CTS Eventim. Zur Eventim AG gehört auch die Würzburger Agentur Argo Konzerte, die unter anderem Posthalle und tectake Arena bespielt und das Festival "Rock im Park" veranstaltet. Das Unternehmen CTS Eventim mit Sitz in München hatte laut Bundeskartellamt im vergangenen Jahr beim Kartenverkauf in Deutschland einen Marktanteil von 85 Prozent. Damit kann es gemeinsam mit den Managements der Künstlerinnen und Künstler die Preise bestimmen. Kritiker wie der TV-Satiriker Jan Böhmermann sehen in Eventim den eigentlichen Treiber der Teuerungen.

Auch die Posthalle arbeitet mit CTS Eventim zusammen, eine Herzensangelegenheit ist das für Jojo Schulz allerdings nicht: "Sie kassieren an der Digitalisierung. Ihr Marktmonopol ist schlecht, aber es ist eine absolut notwendige Zusammenarbeit." Schulz kritisiert neben der Marktmacht vor allem die undurchsichtigen Gebühren für die Kunden.

CTS Eventim widerspricht dem "Preistreiber"-Vorwurf

Christian Colmorgen von Eventim empfindet die Kritik als zu harsch und verweist auf um 45 Prozent gestiegene Kosten seit Beginn der Corona-Pandemie und höhere Künstlergagen. Die Veranstalter besäßen kaum Spielraum beim Preis. Auch nach den aktuellen Erhöhungen bleibe immer noch weniger Gewinn übrig als vor der Pandemie. Der prozentuale Anteil des Segments "Ticketing" an den Eintrittspreisen sei seit anderthalb Jahrzehnten im übrigen weitgehend stabil geblieben. 

Taylor Swift ist gerade der größte Star im Musikbusiness. Ihre Fans zahlen astronomische Beträge für eine Konzert-Erfahrung.
Foto: Claudio Furlan, dpa | Taylor Swift ist gerade der größte Star im Musikbusiness. Ihre Fans zahlen astronomische Beträge für eine Konzert-Erfahrung.

Auch sollten starke Marktposition und "hohe Reichweite" nicht überbewertet werden, so Colmorgen. Eine Monopolstellung liege nicht vor, ganz im Gegenteil. "In Deutschland gehören 13 von über 450 Venues zur Eventim Live-Gruppe." Und auch im Ticketing gebe es eine Vielzahl weiterer erfolgreicher Anbieter, ganz besonders, wenn man sich neben dem Konzertgeschäft auch andere Segmente anschaue. "Der Markt lebt von einem gesunden Mix aus großen und kleinen Anbietern mit verschiedenen Vorteilen und Fähigkeiten."

Welche Rolle die großen Stars spielen

Aber es sind die großen Stars, die festlegen, wie viel Profit sie aus einer Tour finanziell schlagen wollen. Und diese Summen sind in der jüngeren Vergangenheit immer höher geworden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die CD out ist und Streaming diese Lücke nicht schließen konnte.

"Was aktuell bei den großen Stars passiert, ist Kapitalismus auf die Spitze getrieben. Angebot und Nachfrage schön und gut, aber bei Adele, Taylor Swift oder Rammstein ist der Punkt erreicht, wo die Konzerte Luxus sind. Diese Extreme gibt es erst seit ein paar Jahren, und ein Ende ist nicht in Sicht." Das sagt Ralf Duggen, der in den 90er-Jahren das Würzburger Umsonst-und-Draußen-Festival ins Leben gerufen hat. Bei kleineren Acts sei der Preisanstieg moderater ausgefallen. Für sie hat Duggen schon mehr Verständnis: "Für die ist ja auch alles teurer geworden."

Ralf Duggen hat nach Umsonst & Draußen die Verantwortung für das Straßenmusik-Festival StraMu übernommen. An der Ticketpreis-Situation leiden aus seiner Sicht vor allem kleinere Acts.
Foto: Archiv: Thomas Obermeier | Ralf Duggen hat nach Umsonst & Draußen die Verantwortung für das Straßenmusik-Festival StraMu übernommen. An der Ticketpreis-Situation leiden aus seiner Sicht vor allem kleinere Acts.

Doch die Kleineren plagen nicht nur höhere Kosten in allen Bereichen. Wenn die Fans ihr Geld zusammenhalten, um sich die Konzerte der großen Namen leisten zu können, fehlt etwa regionalen oder lokalen Acts das Publikum. Preisbewussten Musikbegeisterten empfiehlt der Verbraucherservice Bayern, mehrere Anbieter zu prüfen und bei sogenannten Premium- oder Platintickets besonders vorsichtig zu sein. Hier lohne sich der Blick in Erfahrungsberichte, Kommentare oder Bewertungen.

 
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  • Peter Koch
    Was sind schon 15% Preissteigerung in den letzten Jahren?
    In der Gastronomie kam es für die Verbraucher schlimmer. Eigentlich sollte man also mehr auf Konzerte gehen.
    Mich würde aber interessieren was mit den letzten Jahren genau gemeint ist.
    Übrigens gibt es Deep Purple für unter 70 Euro. Da braucht sich doch kein Mensch zu ärgern, dass Taylor Swift mit ihrem Billigpop so teuer ist wenn es preiswert auch was gscheits auf die Ohren gibt.
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  • Anton Müller
    Tja, das sieht man an vielen Stellen aktuell. Es wird über Preissteigerungen gejammert, aber kaum einer ist bereit dann halt auch mal konsequent NEIN zu sagen. Wenn der Swift und dem Adele bei solchen Ticketpreise trotzdem die Türen eingerannt werden, kann man schon mal davon ausgehen, dass das nächste Ticket natürlich noch teurer sein wird. Offensichtlich hat man den maximal möglichen Preis noch nicht getroffen...😉

    Ähnlich beim Streaming. Da weden die Preise gerne mal gleich um 20% und mehr erhöht, Werbung wird ausgespielt, aber die Abozahlen steigen. Der Kunde will es nicht anders!
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  • Walter Stöckl-Manger
    Preis ist, was der wohlinformierte Kunde aus freien Stücken zu bezahlen bereit ist. Null Mitleid außer mit den kleineren Anbietern, die so natürlich effektiv rausgedrängt werden.
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