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Iphofen
Samstagsbrief: Klären Sie Ihre Angestellten in Russland über Putins Lügen auf, Herr Knauf!
Nikolaus Knauf, Seniorchef des Gipskonzerns in Iphofen, ist als russischer Honorarkonsul abgetreten – ohne Begründung. Unser Autor wünscht sich aber, dass er Farbe bekennt.
Nikolaus Knauf ist als russischer Honorarkonsul zurückgetreten.
Foto: Thomas Obermeier | Nikolaus Knauf ist als russischer Honorarkonsul zurückgetreten.
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 11.02.2024 00:38 Uhr

Sehr geehrter Herr Knauf,

mit Ihrem Nachnamen verbinden die Leute die "Gipskönige" aus Iphofen, eine der reichsten Familien Deutschlands, die ein riesiges Baustoff-Imperium errichtet hat. Sie persönlich sind in Unterfranken und weit darüber hinaus bekannt als findiger Geschäftsmann und graue Eminenz Ihres Konzerns – weniger jedoch als Honorarkonsul der Russischen Föderation. Dabei sind das keine völlig getrennten Welten, oder?

Die Aktivitäten Ihrer Firma in Russland haben schließlich keine unbedeutende Rolle auf Ihrem Weg zum Erfolg gespielt. Schon seit 30 Jahren investiert Knauf dort im großen Stil; es gibt mehr als ein Dutzend russischer Niederlassungen. Und Ihr guter Draht zur russischen Politik hat dabei sicher nicht geschadet.

Das Ende einer Männer-Freundschaft?

Zu Beginn dieser Woche verkündeten Sie aber, dass Sie Ihr Ehrenamt als Konsul an den Nagel hängen. Den Grund nannten Sie leider nicht. Nun braucht es jedoch nicht viel Fantasie, um darauf zu kommen, dass Putins brutaler Krieg gegen die Ukraine der Anlass gewesen sein dürfte, dieses Amt aufzugeben. Doch es wäre spannend, von Ihnen selbst zu hören, wie Sie zu der Entscheidung gekommen sind. Immerhin waren Sie über 20 Jahre lang im Auftrag Moskaus tätig – und Medien sagen Ihnen ein freundschaftliches Verhältnis zu Präsident Putin nach. Ist diese Freundschaft nun vorbei? Oder wollten Sie nur möglichen Schaden von Ihrem Unternehmen abwenden?

Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Knauf: Ich halte Ihren Schritt für absolut richtig, aber eben auch für überfällig. Warum erst jetzt? Ob Unterdrückung der Pressefreiheit, Annexion der Krim oder die Vergiftung des Oppositionellen Nawalny: Gründe hat Wladimir Putin im Laufe der Jahre genug geboten, um von seinem autokratischen Regierungsstil reichlich Abstand zu nehmen. Aber gut, besser spät als nie.

Kein Rückzug von Knauf aus Russland

Trotzdem hätten Sie Ihren Rücktritt aus meiner Sicht nutzen können, um zumindest ein kleines Zeichen des Widerstands nach Moskau zu schicken. Ihr Ex-Kollege Klaus Mangold, Aufsichtsratschef von Knorr-Bremse, hat das getan. Er ist in diesen Tagen ebenfalls von seinem Amt als russischer Honorarkonsul zurückgetreten und hat den russischen Präsidenten öffentlich aufgefordert, den Krieg zu beenden. Möglicherweise bringen solche Gesten rein gar nichts, möglicherweise zuckt Putin nur müde mit den Schultern, wenn er das hört. Doch ist es angesichts der dramatischen Situation in der Ukraine nicht das Mindeste, Farbe zu bekennen?

Während der Zeigefinger aus dem Westen den russischen Machthaber vermutlich eher kalt lässt, machen ihm die Sanktionen erheblich zu schaffen. Und dann sind da noch die großen Unternehmen, die den Druck erhöhen, indem sie ihre Geschäfte in Russland auf Eis legen. Volkswagen, Ikea, Siemens: Die Liste ist mittlerweile lang – und sie wird immer länger. Aus Ihrem Unternehmen hieß es in dieser Woche dagegen, dass ein Rückzug aus Russland aktuell nicht ansteht.

Verzwickte Lage

Die Begründung dafür war, dass Knauf Russland mit Baustoffen zur Herstellung dort "dringend benötigter Wohnungen" versorge. Nun, dieses Argument klingt für mich etwas befremdlich vor dem Hintergrund, dass es – anders als in Russland – in der Ukraine gerade leider nicht darum geht, neue Häuser zu bauen, sondern die Leute fürchten müssen, dass ihre Heime von Panzern oder bei Luftangriffen zerstört werden.

Es ist verzwickt, Herr Knauf. Das verstehe ich. Profite dürfen in diesen Tagen nicht der Grund dafür sein, dass Firmen weitermachen als wäre nichts. Gleichzeitig ist aber klar: Russland ist nicht Putin. Es darf nicht unser Ziel sein, die Zivilbevölkerung für die Untaten ihres Diktators zu bestrafen. Ich bin selbst unschlüssig, ob es die Leute nicht sogar in die Arme Putins treibt, wenn westliche Unternehmen von heute auf morgen Fabriken schließen und etliche Russinnen und Russen dadurch ihre Jobs verlieren.

Die Lügen Putins benennen

Was also tun? Ich finde, die Menschen müssen zumindest die Chance erhalten, trotz Staatspropaganda und Zensur mitzubekommen, was in Russland und der Ukraine wirklich vor sich geht. Das steht in der Macht Ihres Unternehmens, Herr Knauf. Wenn Sie die Geschäfte in Russland nicht einstellen, können Sie mit den 3900 russischen Angestellten wenigstens ehrlich sein und die Lügen Putins als solche benennen.

Ich weiß, aus operativen Geschäften haben Sie sich offiziell zurückgezogen. Aber noch vergangenes Jahr sagten Sie zu einem Reporter dieser Redaktion in einem Gespräch anlässlich ihres 85. Geburtstags: "Seien Sie versichert, dass hier keine Million rausgeht, ohne dass ich es weiß." Da es hier um deutlich mehr als eine Menge Geld geht, können Sie sicherlich auch auf diese Entscheidung noch Einfluss ausüben. Als Sie ihren Rücktritt als Konsul bekanntgaben, hieß es in der Pressemitteilung immerhin, es sei Ihnen in diesem Amt immer wichtig gewesen, "Brücken zu bauen zwischen Menschen in Deutschland und Russland". Hören Sie damit jetzt nicht auf, Herr Knauf!

Mit freundlichen Grüßen

Corbinian Wildmeister, Redakteur

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  • frankenausdistanz
    Lieber spät als nie sich von solchen Kriegsverbrechern und Fachisten bzw. Völkermörder wie Putin distanzieren/trennen und die Möglichkeit nutzen, eigene Mitarbeiter in Russland die grausame Wahrheit zu offenbaren, über die brutalen, menschenverachtenden Machenschaften des Diktators und seiner Kriegsschar! Alleine kann er NICHT morden!
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  • bernd_schuhmann@t-online.de
    Moralisch und Moral schön das es diese beiden Worte gibt.
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  • Arcus
    Knauf muss endlich Farbe bekennen und sich aus dem Russlandgeschäft zurückziehen.
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  • lawyer007
    In diesem Krieg muss jeder Farbe bekennen, auch Herr Knauf und dies ist überfällig! Was die russische Bevölkerung angeht, so ist es historisch korrekt leider so, dass diese selbstverständlich ebenfalls durch die Sanktionen getroffen werden muss und zwar in aller Härte. Das ist zwar traurig, aber leider wahr, das beweist u.a. die Befreiung Deutschlands vom NS-Regime. Das derzeitige russische Regime kann kein ernsthafter Verhandlungspartner mehr für irgendein Land sein. Es führt einen brutalstmöglichen Angriffskrieg gegen die Ukraine und lügt, wenn es denn Mund aufmacht, in dreistester Weise. Putin und alle, die ihn stützen müssen weg! Nur dann gibt es eine ernsthafte Chance auf Annäherung und soliden Frieden. Den Tyrannen Putin kann aber allein das russische Volk selbst beseitigen, wenn es nicht ein Brutus oder Stauffenberg erledigt. Und dafür muss der Schmerz ausreichend groß sein, um gegen den Tyrannen aufzustehen. Traurig, aber wahr.
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  • Arcus
    Hätte Knauf nicht schon früher handeln müssen? Die Ukraine wurde doch schon 2014 überfallen und die Krim annektiert. Völkerrechtswidrig!
    Was heißt eigentlich Honorarkonsul? Wird er vom russischen Staat bezahlt? Für was? Damit er russische Interessen in Deutschland vertritt? Fragen auf die ich gerne eine Antwort hätte.
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  • Zugut
    Ach, und gerade die Linke, die vom Glück des Kollektivs und Umverteilung träumt, ist doch sehr nahe an Russlands Ideologie… jetzt wundere ich mich doch über so manche Kommentatoren. Kann es sein, dass dies eine individuelle Prädisposition ist und je nach Zeitenlage der xy Sozialismus durchschlägt? Wir hatten das schon mal, dass ( damals) jüdische Industrielle unter umgekehrten Vorzeichen alles Mögliche persönlich verantworten sollten. Ja, wehret den Anfängen, so sagt ihr doch immer, wenn ich „in der Geschichte“ nachlesen soll…
    Es geht nicht an, dass sich überschätzende Pseudokommunisten praktisch selbst zum Richter erheben wie Sie das tun.
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  • Arcus
    Eigentlich habe ich gehofft, das sie mir einige meiner Fragen beantworten. Statt dessen wollen Sie mir erzählen, dass der Erzkapitalist Putin ein Kommunist ist. Schade.
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  • elkatvelo@t-online.de
    Sehr geehrter Herr Wildmeister,
    ihre Überschrift: klären sie ihre Angestellten über die Lügen Putins auf. Was heisst das ganz konkret ?
    Sollen diese Angestellten dann mit der neuen Wahrheit was tun ? Demonstrieren und dann eingesperrt weden ? Was bezwecken Sie mit dieser "öffentlichen Forderung " an den Pranger stellen des Herrn Knauf ??
    Herr Knauf hat sich jahrzehntelang als Gemeinderat, als stellv Bürgermeister und Kreisrat in den Niederungen der örtlichen Kommunalpolitik eingebracht und persönlich Spenden in 6-stelliger Höhe für das Allgemeinwohl geleistet.
    Man sollte sich wirklich überlegen, so ein Revolverblatt zu kündigen, wie hier schon mal geschrieben wurde
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  • sepele
    Jeder muss sich fragen, was er in diesem Krieg tun kann. Zur Unterstützung der Ukraine oder zur Schwächung des Regimes von putin. Und da Herr Knauff sicher Einfluss in Russland hat, durch seine bisherige Funktion und die dortigen Mitarbeiter, ist auch er gefordert.
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  • rainbird
    "Volkswagen, Ikea, Siemens: Die Liste ist mittlerweile lang – und sie wird immer länger. Aus Ihrem Unternehmen hieß es in dieser Woche dagegen, dass ein Rückzug aus Russland aktuell nicht ansteht." Und wer sind bitte die leidtragenden bei solchen Sachen? Genau die kleinen Bürger! Die mächtigen kommen ja sowieso an ihre Sachen. Ich denke dass hier effektiv mehr Hass gegen den Westen geschürt wird und Putin nützt!
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  • gowell70@yahoo.de
    Meine ganz persönliche Meinung zu diesem Thema:
    Kein Mensch auf diesem Planeten wird "SUPERREICH" , wenn man über ein eigenes ethisch- moralisches Grundkonstrukt verfügt.
    Warum das ausgerechnet bei diesem ältlichen fränkischen Gipsplattenkönig und Honorarkonsul anderes sein sollte vermag ich nicht zu erkennen.
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  • Zugut
    Man wird superreich, wenn man Dinge erfundet, die die Welt braucht. Würth(Schrauben), Fischer(Dübel), Benz(Autos), Knauf(Gipsplatten.
    Diese Diffamierungen unserer Wohkstandsbegründer sind nur eines: bestenfalls infantil. Andernfalls schlicht dumm.
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Knauf und VIELE andere machen schlicht Geschäfte mit anderen Staaten - in diesem Fall mit Russland. Natürlich kann man - in diesem Fall als Redakteur - an die moralische Verantwortung der Unternehmer appellieren. In diesem Fall gibt es bei Knauf ja noch einen Unternehmer im ursprünglichen Sinne, wenn er auch nicht mehr operativ tätig ist. Und er hat seinen "Hononarkonsul" ja auch ab- oder zurückgegeben. Bei vielen anderen sogenannten Unternehmern (=Geschäftsführern und Vorständen von großen Unternehmen) ist es ja nur Symbolpolitik.
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  • al-holler@t-online.de
    Eigentlich sollte man ob solcher fast schon pubertär anmutenden Flegeleien und Unverschämtheiten das Blatt jetzt abbestellen, aber dann liest man wieder den Kommentar von Herrn Reinhard und bleibt halt doch dabei....…
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  • Rollo50
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