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Würzburg
Wann fordert der ADAC jetzt auch Tempolimit auf Autobahnen, Herr Reinicke?
Wegen der Abhängigkeit von Rohöl aus Russland hat der ADAC appelliert, den  SUV stehen zu lassen und Fahrrad zu fahren. Unsere Autorin fragt: Ist das die Verkehrswende?
ADAC-Präsident Christian Reinicke hat im offenen Brief an alle Mitglieder appelliert: Sprit sparen! SUV stehen lassen, Fahrrad fahren!
Foto: ADAC, Stefanie Aumiller | ADAC-Präsident Christian Reinicke hat im offenen Brief an alle Mitglieder appelliert: Sprit sparen! SUV stehen lassen, Fahrrad fahren!
Alice Natter
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:07 Uhr

Sehr geehrter Herr Reinicke,

das war eine Überraschung! Wobei, eigentlich waren es zwei, und die kleinere Überraschung war vielleicht die: Der ADAC ruft zum Spritsparen auf. Wegen des Krieges in der Ukraine. Weniger Kraftstoff verbrauchen, die Abhängigkeit von Rohöl-Importen senken sei angesagt, sagen Sie und haben eine Kampagne dazu gestartet: "Spritsparen. Helfen. Mobil bleiben." Viel verblüffender aber: Der Riesenaufschrei blieb aus.

Da appelliert der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e. V. an seine 21 Millionen Mitglieder, ruft zum Fahrradfahren auf – und es gibt kein Hupkonzert? Klar, auf Facebook haben Sie die paar hundert erwartbaren Kommentare schon bekommen: "Meine Kündigung geht morgen früh raus", "Alles immer schön linientreu mit der Politik", "Ihr werdet immer bekloppter, demnächst empfiehlt der Fleischer zum Gemüsehändler zu gehen". Oder kurz:  "Spinnt ihr?"

Offener Brief an alle ADAC-Mitglieder - und keine aufheulenden Motoren?

Aber sonst: kein Shitstorm, kein Protest, allenfalls irgendwo eine Notiz am Rand. Dass nur der Chef der AfD im Stuttgarter Landtag angesichts Ihres offenen Briefes gleich mit einer Pressemitteilung reagierte und die Motoren aufheulen ließ ("Wenn der ADAC zum Radfahren auffordert, kann er auch gleich mit dem ADFC fusionieren"), war fast schon bezeichnend. Hat Sie das auch gewundert?

Die gelben Engel als Helfer für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer? In Berlin kommt der ADAC in einem Pilotprojekt auch bei Fahrradpannen, platten Reifen und Ketten-Problemen.
Foto: ADAC | Die gelben Engel als Helfer für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer? In Berlin kommt der ADAC in einem Pilotprojekt auch bei Fahrradpannen, platten Reifen und Ketten-Problemen.

Jedenfalls haben Sie festgestellt, dass man beim Autofahren Öl verbraucht, das wir für teuer Geld unter anderem aus Russland importieren. Sie ziehen den logischen Schluss und empfehlen: Bus nehmen, zu Fuß gehen. Jeder gesparte Liter Treibstoff könne dazu beitragen, die Abhängigkeit von russischen Ölimporten zu reduzieren, meinten Sie. Damit könnten Autofahrer mittelbar auf die weitere Entwicklung des Krieges Einfluss nehmen. Und für viele Kurzstrecken ergebe die Autofahrt sowieso keinen Sinn.

Ihr Appell: Zum Bäcker mit dem Fahrrad statt mit dem SUV

Denn man könne – so Ihre Worte – auch mobil bleiben, wenn man "zum Bäcker mit dem Fahrrad anstatt mit dem SUV fährt". Sie selbst würden versuchen, "rund 20 Prozent langsamer" zu fahren: "Wenn das alle 21,2 Millionen Mitglieder des ADAC so machen würden, wären es bereits gewaltige Einspareffekte."

Leider haben Sie offengelassen, ob Sie vielleicht doch für ein generelles Tempolimit sind oder es als ADAC-Präsident wenigstens akzeptieren würden. Aber dass Sie jetzt so offensiv empfehlen, mit dem Rad zum Bäcker zu fahren und dabei auch noch das Klischee vom dicken SUV in der engen Innenstadt bedienen – Herr Reinicke, das ist schon was!

Was eigentlich? Ein pragmatischer U-Turn? Eine gelbe Vollbremsung? Nur ein Spurwechsel? Oder doch womöglich das (späte) Eingeständnis von Deutschlands größtem Autolobbyisten, dass die Zeit der Fixierung auf den motorisierten Individualverkehr vorbei ist?

ADAC, das war doch der Vorfahrt-Verein für Leute auf der Überholspur

Über Jahrzehnte hat Ihr Verein Autofahrerinnen und Autofahrern zuverlässig und erfolgreich das Gefühl gegeben, Vorfahrt zu haben auf den Straßen dieser Welt. Der ADAC: die unbeirrbare Lobbyorganisation für Menschen auf der Überholspur. Mobilität – das hieß für den Club in Gelb doch: Motorisierung auf Rädern. Pannenhilfe. Und freie Fahrt für freie Bürger, Vollgas voraus.

Sie erinnern sich bestimmt besser, Herr Reinicke. Während der Ölkrise in den 70-er Jahren protestierte der ADAC gegen den autofreien Sonntag. Höchstgeschwindigkeit 100 auf Autobahnen – "unrealistisches Kriechtempo!" – galt es unbedingt zu verhindern.

Pannenhilfe jetzt auch für Fahrradfahrer!

Und jetzt? Allgemeiner Verkehrswendeclub? In Berlin und Brandenburg half der ADAC seinen Mitgliedern im vergangenen Sommer schon bei Fahrradpannen. Notfall oder Platten? Gelbe Engel rufen! In einem Pilotprojekt wurden Räder dort samt Gepäck und Ladung sogar geborgen und abgeschleppt, ganz wie die liegengebliebenen Autos mit qualmendem Motor oder leerem Tank.

Sehr geehrter Herr Reinicke, Sie wollen offensichtlich für zwei über Jahrzehnte innigst verfeindete Straßenbevölkerungsgruppen da sein. Und Sie scheinen begriffen zu haben, dass auch ADAC-Mitglieder inzwischen durchaus öfter mal Fahrrad fahren und womöglich gar mal in einen Bus steigen. Die Limousine steht bei Europas größtem Verkehrsclub nicht mehr allein im Vordergrund. Der ADAC setzt sich mit ökologischen Themen auseinander und hat zumindest seinen grundsätzlichen Widerstand gegen das Tempolimitaufgegeben.

Klimaschutz sollte keinen Krieg brauchen

Herr Reinicke, aufs Auto zu verzichten war immer schon eine gute Idee. Spritsparen sollte man nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Umwelt und Klima sollten keinen Krieg, keine Unmenschlichkeit brauchen, um auch geschützt zu werden.

Treten Sie also gerne noch stärker in die Pedale, als Allgemeiner Deutscher Allmobilitätsclub! Dann bräuchte nur noch Ihre Clubzeitung "Motorwelt" einen neuen Namen.

Mit besten Grüßen,

Alice Natter, Redakteurin

Persönliche Post: Der "Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
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  • waldtom1
    Ich war über 20 Jahre Mitglied beim ADAC und bin vor 2 Jahren ausgetreten wegen mangelnder Unterstützung der vom Schummeldieselskandal betroffener Autofahrer.
    Der ADAC schafft sich selber ab!
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  • lutterbeck
    In keinem anderen Medium wird zu oft zum Thema Tempolimit geschrieben wie in der Mainpost, was steckt dahinter ? Liebe Redakteure wenn sie keine anderen Themen haben als Tempolimit sollten Sie sich einen anderen Job suchen.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Tempo 130 - sofort umsetzen und nicht noch weitere Jahre rumlabern. Die Zeit ist reif!!!
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  • 1958kosb
    Dann machen Sie es doch, ab sofort.
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  • lutterbeck
    lieber Gardner, machen Sie es endlich und fahren Sie mit Ihrem SUV nicht schneller, aber bitte auf der rechten Spur.
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  • Franken48
    Ich brauche kein Fahrrad, und nicht den ÖPNV. Ich brauche meinen Verbrennen, für das nächste Jahr ist der nächste Diesel schon bestellt.
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  • robert.erhard@gmx.de
    Warum fahren die, die es vehement fordern, nicht 130 freiwillig? Oder 100?

    Da sollten die Abgeordneten der Grünen mal mit gutem Beispiel vorangehen und nicht aus dem Glashaus werfen!

    Die Diskussion ist sowas von verlogen!
    Jeder kann selbst einen Beitrag leisten-wenn er will! Nur mit Verordnungen oder Gesetzen oder klugen Ratschlägen von realitätsfernen Menschen ist doch echt verlogen!
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  • jhuller@gmx.de
    "Warum fahren die, die es vehement fordern, nicht 130 freiwillig? Oder 100?"

    Haben Sie Beweise für ihre Behauptung? Oder ist das nur das Jucken der alten Kriegsverletzung, welches Ihnen das sagt?
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  • terrain
    Als sehr langjähriges Mitglied des ADAC finde ich den Standpunkt gut. Ich würde es auch begrüßen, wenn der ADAC für ein Tempolimit 130 kmh kämpfen würde. Dies käme Millionen Mitgliedern zugute, die sicherer auf den Autobahnen unterwegs sein könnten. Fahrten im europäischen Ausland sind wesentlich entspannter und mit weniger Stresss und Gefährdung verbunden.
    PS: mein Auto kann locker über 200 kmh und ich würde mich in meiner Freiheit von Tempo 130 nicht eingeschränkt fühlen!
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  • j-hollenbach@t-online.de
    Das mit der Gefährdung stimmt leider nicht, aber wird ständig als Argument missbraucht,
    also last es lieber. wenn Sie 130 fahren wollen und Rücksicht auf die schneller fahrenden nehmen
    gibt es keinen Stress.
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  • Robert Habeck
    Immer wieder interessant, wie linientreu die Maipost schreit.
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Es handelt sich um eine Meinung/Kommentar des Journalisten.
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  • al-holler@t-online.de
    .. die aber schon in die gewünschte Richtung gehen dürfte (wes Brot ich ess.....); jede(r) kommt schließlich und sicherlich nicht in den Genuss, sich auf Seite 2 auslassen oder -toben zu dürfen.....
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  • Robert Habeck
    Sie sind also der Meinung, dass Sie abgesehen von parteiischen Kommentaren neutral berichten?
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  • jebusara@web.de
    Es wird immer verrückter!
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  • Albatros
    Sehr geehrte Frau Natter, ihr versteckter fließender Übergang vom deutschen SUV-Fahrer zur AfD, ganz großes Kino.
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  • Parami67
    Ist doch klar, wenn weniger mit dem Auto fahren dann gibt es weniger Pannen, weniger Pannen heißt weniger Einsätze für den ADAC, das wiederum bedeutet weniger Kosten für den ADAC bei gleichen Einnahmen an Mitgliedsbeiträgen
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  • stahl01@t-online.de
    Ich fand den Apell vom ADAC gut und ich finde es auch keinen Widerspruch Vorsitzender von einem Automobilclub zu sein und zum weniger fahren aufzurufen .
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  • al-holler@t-online.de
    genau, is halt auch ne Art Zeitenwende; aber scheints verstehts nicht jede/r
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