Sehr geehrter Michael Czygan,
unverhofft kommt oft. Wenn eine Redewendung auf meine politische Karriere zutrifft, dann diese. 2018 stand ich auf Platz zwölf der unterfränkischen Grünen-Liste für den Landtag. Ich war damit zufrieden, obwohl ich mit diesem Platz eigentlich chancenlos war. Als mir am Dienstag nach der Wahl vor fünf Jahren Ihr Kollege Josef Schäfer dann mitgeteilt hat, dass ich künftig Landtagsabgeordneter bin, da saß ich auf dem Traktor bei der Feldarbeit und ich wäre tatsächlich beinahe runtergefallen von meinem Sitz.
2023 die fast gleiche Situation. Wegen der Stimmenverluste für uns Grüne, mit denen wir wegen der gegen uns gerichteten Dauerplärrerei gerechnet haben, schien ich eigentlich schon weg vom Fenster. Wieder erst am Dienstag stand fest: Der Paul hat's doch wieder geschafft. Stimmt schon: Unverhofft kommt oft.
Und gleich danach wurde der Volksmund erneut bestätigt, weil ich im Traum nicht daran gedacht habe, dass mir einmal ein Samstagsbrief gewidmet wird, zudem ein so wohlwollend verfasster. Wenngleich der Grund für Sie, Herr Czygan, ja gar nicht meine Wiederwahl, sondern meine Alterspräsidentschaft war. Der Grund ist: Alle 202 anderen Landtagsabgeordneten sind jünger als ich. Mit meinen vergleichsweise jungen 69 Jahren hatte ich nie und nimmer damit gerechnet. Erneut aber zeigt sich: Unverhofft kommt oft.
Ein paar Worte aber zum Samstagsbrief im Allgemeinen, der für mich – zumal politisch aktiv – längst Pflichtlektüre ist. Ich halte die Kolumne für eine gute Idee, weil sich die Redakteurinnen und Redakteure an einem Samstag die Person des öffentlichen Lebens „vorknüpfen“, die in der Woche zuvor wegen irgendeines Skandals oder Fehlverhaltens Schlagzeilen geliefert hat. Um schon am nächsten Samstag den Brief an einen Menschen zu schreiben, der Anlass zu großer Freude gab und dafür zu Recht auch mal gelobt wird.
Kürzlich haben Sie Hubert Aiwanger wegen der Flugblattaffäre und seiner Aussagen auf der Erdinger Demo sehr zu Recht die Leviten gelesen. Als Beispiel für die „gute Seite“ nenne ich Eva Brockmann aus Großwallstadt. Ihre Wahl zur Deutschen Weinkönigin ist ein toller Erfolg und hat auch mich – zumal als weinbaupolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion – sehr gefreut. Für den Samstagsbrief war sie prädestiniert.
Und jetzt also der grüne MdL Knoblach. Sie haben meinen fünfjährigen Einsatz für die Menschen, für das Tierwohl und vor allem auch für den Umwelt- und Klimaschutz gewürdigt. Dafür danke ich. Im Samstagsbrief an mich haben Sie, Herr Czygan, außerdem sehr richtig vermutet: Ja, ich habe geschluckt, als mir die Bedeutung des Amtes als Alterspräsident klar wurde und was es heißt, den 19. Bayerischen Landtag zu eröffnen. Ja, es handelt sich um eine große Aufgabe, eine Herausforderung, aber andererseits ist das auch eine große Ehre.
Unter den bisherigen Alterspräsidenten finden sich viele bekannte und prominente Namen und jetzt steht auch der Name des Biolandwirts aus Garstadt am Main auf der Liste. Und: Natürlich wäre es mir lieber, wenn die beiden mir laut Geschäftsordnung des Landtags zur Seite gestellten jüngsten Abgeordneten nicht der AfD, sondern einer demokratisch gesinnten Partei angehören würden. Gegen einen wird ja sogar wegen Volksverhetzung ermittelt.
Die Eröffnung der konstituierenden Sitzung am 30. Oktober steht aber unter meiner Regie, der Regie eines Demokraten durch und durch, der Regeln kennt und sie achtet. Ich habe und halte die Fäden in meiner Hand. Dass ich in meiner natürlich noch nicht geschriebenen Rede die Gemeinsamkeiten der Demokraten im Plenum und im ganzen Land beschwören werde, davon können Sie ausgehen.
Viele Grüße an Sie, Herr Czygan. Ihnen und allen anderen Samstagsbriefschreiberinnen und -schreibern wünsche ich eine auch künftig gute Federführung.
Paul Knoblach, Mitglied des Bayerischen Landtags