Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, nimmt ihr Baby mit ins Parlament – und wird dafür Rabenmutter genannt. Im Samstagsbrief vom 19. März an die Politikerin fragte sich Redakteurin Julia Back, warum es Frauen keinem recht machen können. Und Mütter erst recht nicht. Hier die Antwort der 36-jährigen Politikerin, die im vergangenen Sommer Mutter wurde, im Wortlaut:
Liebe Frau Back,
danke für Ihren motivierenden Brief – ich wünsche mir, dass gegenseitiges Unterstützen zwischen Frauen viel häufiger vorkommt. Denn jede von uns gibt ihr Bestes – wir sollten uns anfeuern und die Unterschiedlichkeit der Lebenswege feiern. Empörte Kommentare bekomme ich nämlich genug.
Fakt ist: Als Abgeordnete habe ich kein Recht auf Elternzeit. Offensichtlich konnten sich die Herren, die damals die Verfassung geschrieben haben, nicht vorstellen, dass auch junge Eltern im Landtag sitzen könnten. Dabei sollten doch gerade die Parlamente ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Also gehören dort auch Mütter rein.
Für mich war klar: Ich werde auch nach der Geburt meines Sohnes weiterarbeiten. Plenarreden halten, in Ausschüssen diskutieren, Strategierunden leiten – all das geht auch mit Baby. Schnell habe ich gelernt: Die Erwartungen, wie eine Mutter zu sein hat, prasseln derart auf einen ein, dass es nur eine Lösung gibt: sich davon zu lösen und den eigenen Weg zu gehen. Und für mich heißt das: Bis zur Kita machen wir zusammen Politik. Denn: I love my baby AND I love my job!
Natürlich kommt mir die Digitalisierung dabei zugute: Wenn ich im Homeoffice arbeite, robbt mein Sohn durchs Wohnzimmer. Wenn er während einer Videokonferenz gewickelt werden muss, mache ich halt die Kamera aus. So easy das vielleicht klingt, so anstrengend ist es manchmal. Aber am Ende funktioniert es und ja, es ist so viel mehr machbar, als man vorher denkt.
Nicht in allen Berufen möglich
Natürlich ist das nicht in allen Berufen – und auch nicht mit jedem Kind – möglich. Aber wir müssen viel mehr dafür tun, Müttern den Alltag zu erleichtern. Sorge-Arbeit muss gerecht verteilt werden. Männer können genauso Windeln wechseln, Geburtstagsgeschenke kaufen oder die Oma zur Krankengymnastik fahren. Fähig dazu sind sie.
Wir müssen auch an die Strukturen ran. Deswegen fordern wir Grünen schon lange bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie den Ausbau der Kinderbetreuung, gleicher Verdienst für gleichwertige Arbeit, Reform des Ehegattensplittings und die Hälfte der Macht den Frauen! Langfristig wird die Vereinbarkeit leichter, wenn wir auch die Wochenarbeitszeit aller reduzieren.
Das Positive: Ganz langsam ändert sich etwas. Mein Partner wurde zum Beispiel schon mehrfach gefragt, wie er sein Amt mit der Familie vereinbart. Und ja, Frau Back, der Kleine wurde auch schon im Ministerbüro in Stuttgart gewickelt.
Feministische Grüße
Katharina Schulze
P.S.: Der Text entstand in mehreren Etappen. Einmal musste ich dem Kleinen hinterherhechten, als er einen gefährlichen Stunt machen wollte, dann klingelte das Telefon und ich musste mich mit Gewaltschutz für Frauen aus der Ukraine beschäftigen. Final fertig wurde der Brief spätabends, während ein süßes Baby neben mir schlummerte. Möchte ich es anders haben? Nein. Es ist genau so richtig.
Das schlechte Gewissen meiner Tochter war nicht zu übersehen.
Nur weil Kita heute Mode ist u Frau Schulze nicht mal 10 Monate abwarten kann wegen angeblicher verlorener Kariere.
Und übrigens Frau Schulze,
fordern sie nicht nur Vereinbarkeit Beruf u Familie, sondern tun sie es!
In den Berichten geht es nur über Forderungen u Wünsche der Eltern u nicht über Rechte der Babys u Kinder.
...und hier geht es nicht um alleinerziehende Elternteile, die sollten weiterhin unterstützt werden
Und Frau Schulze stellt sich nicht in den Mittelpunkt, sie antwortet nur auf das Gekeife einiger zurückgebliebener Herren, dass sie sich um ihr Kind kümmert UND ihre Arbeit gut machen will. Sie hat meinen Respekt!
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Mit freundlichen Grüßen
Anna Kirschner
Main-Post Digitales Management
Frau Schulze spricht in ihrem Antwortschreiben den Knackpunkt an: Mütter und Väter können keine Elternzeit nehmen, wenn sie Abgeordnete sind. Hier muss tatsächlich eine Lösung gefunden werden.
An dieser Stelle geht es nicht um die Entscheidungsmöglichkeit zwischen Beruf oder zu Hause bleiben. Die meisten Eltern, die berufstätig sind und bleiben, nehmen Elternzeit.
Weder nenne ich Frau Schulze eine Rabenmutter (sie hat ja vor allem aktuell ihr Kind meist bei sich), noch nenne ich berufstätige Mütter Rabenmütter.
Nochmal: Es ist ganz wichtig sich vor Augen zu führen, dass es hier um die sehr spezielle Situation von Abgeordneten geht, die Eltern werden. Diese ist mit der von Eltern in anderen Berufen nicht vergleichbar.
Und: Klar leisten auch Väter heute Sorge-Arbeit!
Ist das so?
Bei einigen Familien mag das tatsächlich so sein aber wie viele Frauen arbeiten nur um den Kindern das gönnen zu können was die Werbung als "must have" vorgaukelt? Wie viele arbeiten um drei Mal im Jahr Urlaub zu machen? Arbeiten für etwas was man als Luxus aber nicht als Lebensnotwendig bezeichnen könnte? Die dafür nötige Kinderbetreuung soll selbstverständlich der Staat übernehmen, natürlich möglichst umsonst.