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Würzburg
Wird das Mainfranken Theater noch heuer Staatstheater?
"Breaking News" in der Spielzeit-Eröffnungs-Gala: Laut OB Christian Schuchardt sieht es gut aus mit dem Einstieg des Freistaats. Motto der Spielzeit: "Familienbande"
Bruno Forster, Vorsitzender des Theater- und Orchesterfördervereins Würzburg (rechts), übergibt Intendant Markus Trabusch den Förderscheck über 250 000 Euro.
Foto: Gabriela Knoch | Bruno Forster, Vorsitzender des Theater- und Orchesterfördervereins Würzburg (rechts), übergibt Intendant Markus Trabusch den Förderscheck über 250 000 Euro.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:00 Uhr

Es war ein Abend der Neuigkeiten: Die dreistündige Gala "Auftakt!" zur Eröffnung der neuen Spielzeit im Mainfranken Theater Würzburg gab nicht nur einen Überblick über anstehende Inszenierungen und Konzerte, sondern hatte auch "Breaking News" im Programm, wie es Oberbürgermeister Christian Schuchardt formulierte. Es sehe gut aus, so Schuchardt, dass das Mainfranken Theater zum Ende des Jahres Bayerisches Staatstheater werde. Das würde unter anderem bedeuten, dass künftig der Freistaat das Haus zur Hälfte finanziert. Aktuell sind es rund 25 Prozent, mit denen sich München an den Betriebskosten beteiligt. Die Beschäftigten bleiben allerdings, anders als sonst bei Staatstheatern üblich, Angestellte der Stadt, diese Regelung habe man in den Verhandlungen erwirken können, so der OB.

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Die zweite Neuigkeit, zumindest für alle, die es noch nicht aus den sozialen Netzwerken wussten: Generalmusikdirektor Enrico Calesso war für seine Leitung der "Götterdämmerung" in der vergangenen Spielzeit von der Zeitschrift "Opernwelt" als "Dirigent des Jahres" nominiert. Den Titel, der auf einer Umfrage unter 50 Kritikern aus Europa und den USA basiert, hat schließlich die Nürnberger Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz gewonnen, aber mit Mitnominierten Weltstars wie Kirill Petrenko und Christian Thielemann ist Calesso in allerbester Gesellschaft.

Keine Neuigkeit, aber ein Einstand war der souveräne Auftritt von Gábor Hontvári als neuer Erster Kapellmeister am Pult des Philharmonischen Orchesters. Der Ungar Hontvári, Jahrgang 1993, ist Absolvent der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und wie seine Vorgängerin Marie Jacquot Stipendiat des Dirigentenforums des Deutschen Musikrats. Er wird unter anderem "Hänsel und Gretel" leiten und Peter Eötvös' Oper "Der goldene Drache", aus der Silke Evers in der Rolle des soeben verstorbenen Küchenjungen eine skurrile Kostprobe gab.

Theater- und Orchesterförderverein unterstützt das Theater wieder mit 250 000 Euro

Ebenfalls keine Neuigkeit, sondern hochgeschätzte Gewohnheit ist seit nunmehr 18 Jahren die Überreichung des Förderschecks des Theater- und Orchesterfördervereins an den Intendanten. Bruno Forster, Vorsitzender des Vereins, macht es jedes Jahr dennoch insofern spannend, als er den Betrag vorher nicht verrät. So war Intendant Markus Trabusch denn auch entsprechend erleichtert, als Forster verkündete, dass es auch diesmal wieder eine Viertelmillion ist, eine Summe, die das Publikum mit anerkennendem Raunen würdigte.

Generalmusikdirektor Enrico Calesso (links) und Intendant Markus Trabusch (rechts) im Gespräch mit Würzburgs neuem Ersten Kapellmeister Gábor Hontvári. Foto: Gabriela Knoch
Foto: Gabriela Knoch | Generalmusikdirektor Enrico Calesso (links) und Intendant Markus Trabusch (rechts) im Gespräch mit Würzburgs neuem Ersten Kapellmeister Gábor Hontvári. Foto: Gabriela Knoch

Es war nun also die endgültig letzte Spielzeit-Auftakt-Gala im alten Haus. "Nächstes Jahr um diese Zeit ist hier Baustelle", sagte Trabusch, der den Abend auch moderierte. Wie berichtet, wird das Theater sanierungsbedingt ab der Spielzeit 2020/21 in die "Blaue Halle" auf dem Gelände der Firma va-Q-tec in der Dürrbachau neben der Bundesstraße Richtung Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) umziehen. Nach der Sanierung, so OB Schuchardt, werde es dann im neuen Haus nicht nur bessere Arbeitsbedingungen für das Ensemble, sondern auch "bessere Gesäßunterkünfte" fürs Publikum geben.

Die aktuelle Spielzeit läuft noch komplett im alten Haus

Die nun angelaufene Spielzeit aber wird noch komplett im alten Haus stattfinden. Trabusch hatte unter dem Motto "Familienbande" ein publikumswirksames Programm angekündigt, Orchester, Schauspieler, Tänzer und Sänger belegten dies mit unterhaltsamen Kostproben. Eine Auswahl: 

  • Georg Zeies und Martin Liema etwa als kabbeliges Vater-Sohn-Paar in "Kein Schiff wird kommen"
  • Mathew Habib als herrische Humperdinck-Hexe und als sehr souveräner Magaldi in "Evita"
  • Alexander Darkow und Thomas Klenk als korrupter Sekretär Wurm und skrupellos zynischer Präsident in "Kabale und Liebe"
  • Roberto Ortiz als ungewohnt nachdenklicher Herzog und Federico Longhi (der sich in der Rolle mit Kosma Ranuer abwechseln wird) als grandioser, zunächst drohender, dann flehender Hofnarr in Verdis "Rigoletto"
  • Akiho Tsujii und Marzia Marzo einmal mehr als stimmliches Traumpaar als Romeo und Julia in Bellinis "I Capuletti e i Montecchi"
  • Barbara Schöller als ungläubige Spiritistin Madame Flora in "Das Medium"
  • Igor Tsarkov als (auch stimmlich etwas) behäbiger Fasold und Kosma Ranuer als eher schüchterner Wotan in Wagners "Rheingold"
  • Debora di Biagi und Neuzugang Jayson Syrette als um Nähe und Abstand ringendes Paar in der Tanzproduktion "Naked"
  • Das Philharmonische Orchester in aufsteigender Form, von einer noch etwas wackeligen "Mittagshexe" von Dvorak hin zu süffiger Belcanto-Begleitung mit echter Italianità

18 000 Besucher haben die Vorstellungen der neuen Tanzcompagnie in der vergangenen Spielzeit besucht, für Intendant Markus Trabusch Zeichen für einen geglückten Start. Ballettdirektorin Dominique Dumais will mit ihrer Truppe möglichst viel Original-Repertoire entwickeln und den Tanz zum Spiegel für die Vielfalt der Gesellschaft machen. Ausdrücklich in diese Richtung geht auch die erste Premiere der Compagnie: "Es war einmal" von Artist in Residence Kevin O'Day lebt davon, dass jede Tänzerin, jeder Tänzer seine/ihre eigene Familiengeschichte beziehungsweise -kultur mitbringt.

Das Publikum quittierte den Abend, an dem stellenweise etwas mehr geredet wurde, als unbedingt nötig, mit Bravi und lang anhaltendem Applaus. Tatsächlich war an vielen Stellen und auf viele unterschiedliche Arten das Spielzeitmotto "Familienbande" deutlich geworden.  Was man von Mottos ja nicht immer sagen kann.

 
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