Die Corona-Krise hat vieles zutage gefördert, was sonst ignoriert geblieben wäre. Auch und gerade im Kulturbereich. Zum Beispiel die empörend prekären Bedingungen, unter denen viele Künstlerinnen und Künstler schon in normalen Zeiten ihren Berufen nachgehen. Die offensichtlichen Schwierigkeiten der Politik, wirklich leistungsfähige Hilfsprogramme auf die Beine zu stellen, zeigen deutlich, dass es an den entscheidenden Stellen sehr wenig Wissen darüber gibt, wie diese Bedingungen aussehen.
Die Corona-Krise fördert aber auch die auffällige Trägheit derer zutage, die sonst ganz selbstverständlich die Leistungen der Kulturschaffenden in Anspruch nehmen. Oder konsumieren, wenn man so will. Dem gewöhnlichen Theater- oder Konzertgänger fällt es vermutlich gar nicht so schwer, ein Vierteljahr oder länger auf Live-Kultur zu verzichten. Gibt ja genug andere Angebote. Aber während dieser Zeit könnte irreparabler Schaden entstehen. Wenn Existenzen vernichtet und Ensembles zerschlagen sind, wenn Häuser oder Hallen auf Dauer geschlossen bleiben.
Schon zeichnet sich eine höchst gefährliche Diskussion ab: Wie viel Kultur brauchen wir eigentlich? Wie viel Kultur können wir uns leisten? Gibt es derzeit nicht Dringenderes? Sie ist deshalb gefährlich, weil sie im Moment nur zwischen den Künstlern selbst ausgetragen wird und denen, die Kultur für ohnehin verzichtbar halten. Die einen also mit ureigenstem persönlichen Interesse, die anderen mit grundlegendem Unverständnis.
Es ist höchste Zeit, dass all die endlich ihre Stimme erheben, denen Theater, Konzert, Oper wirklich etwas bedeuten. Vielen von ihnen spenden bereits gekaufte Karten oder unterstützen einen der unzähligen Hilfsfonds. Mindestens genauso wichtig wäre es, wenn möglichst viele Menschen Kultur als das einfordern würden, was sie ist: ein Lebensmittel. Wobei es nicht darum geht, schnelle, fahrlässige Öffnungen zu fordern. Sondern darum, der Politik zu zeigen, dass Kultur auf der Agenda ruhig ein bisschen weiter vorne stehen könnte.