Fällt ihr Name, dann heißt es unter Kennern: "Ah, das war eine sehr interessante Frau." Oder: "Ist das nicht die Künstlerin, die mit einem Schäfer befreundet war?" Beides stimmt. Gemeint ist Irmingard von Freyberg – von ihren Zeitgenossen meist "die Baronin" genannt. Die Künstlerin lebte viele Jahre in Sommerhausen. Ihr Lebensgefährte war der 30 Jahre jüngere Schäfer Karl Kopperger.
Sie hatte auch in Ochsenfurt ein Atelier. Dort sind ihre Werke bis heute in der Stadtbibliothek zu sehen – und zurzeit im Museum Malerwinkelhaus in Marktbreit im Landkreis Kitzingen. Leiterin Simone Michel-von Dungern hat für die Weihnachtszeit eine besondere Ausstellung realisiert. Sie heißt: "Schwarz – Weiß: Silhouettenkunst zu Winter, Schnee und Weihnacht". Eine Vitrine ist der Scherenschneiderin gewidmet. Im Mittelpunkt der Schau steht allerdings das Schattenbilderbuch für Kinder "Heilige Weihnacht" (um 1930) mit Werken von Janns Heinrich.
Irmingard von Freyberg wurde am 16. Januar 1907 in München geboren. "Just in diesem Jahr wurden dort die Schwabinger Schattenspiele gegründet", erzählt Simone Michel-von Dungern. "München wurde zu einem Zentrum dieser Kunst." Ob das die junge Irmingard beeinflusst hat?
Bekannt sei, dass sie bereits mit fünf Jahren begann, Märchenbilder zu schneiden. "Angeregt dazu wurde sie auch durch ein Buch mit Silhouetten von Paul Konewka", so Simone Michel-von Dungern, "er zählt zu den bedeutendsten deutschen Silhouettenkünstlern des 19. Jahrhunderts".
Freybergs Berufswunsch war jedoch nicht Scherenschneiderin. Die Baronin wollte Schauspielerin werden. Daraus wurde zunächst nichts. Dieser Wunsch erfüllte sich erst später. Sie studierte von 1926 bis 1929 zunächst Gebrauchsgrafik, Kostüm- und Bühnenbildnerei in ihrer Heimatstadt. Und kehrte zur Kunst des Scherenschnitts zurück. "Ihr Lehrer, der renommierte Grafiker Emil Preetorius, erkannte und förderte ihre Begabung."
Die Museumsleiterin zeigt in der Vitrine im Malerwinkelhaus auf ein altes beiges Buchcover. Darauf sind Maria und Josef zu sehen. Sie stehen links und rechts neben der Krippe mit dem Jesukind. Darüber "leuchtet" der Weihnachtsstern. Es ist das Titelbild der Gedichtsammlung "Deutsches Weihnachtsbuch" von Max Goos aus dem Jahr 1927. Freyberg hat dafür ihre erste Buchillustration geschaffen. Im Malerwinkelhaus können die Scherenschnitte auf dem Bildschirm angesehen werden. "Es folgten noch weitere, nicht nur mit weihnachtlichen Motiven", sagt Simone Michel-von Dungern. Zudem habe von Freyberg nicht nur unbewegte Bildmotive geschaffen. "Ihre große Leidenschaft galt dem Schattenspiel."
Als das Fernsehen die Wohnzimmer eroberte, wurden ab Mitte der 1950er Jahre auch Schattenspiele übertragen. "Hier war Irmingard von Freyberg Pionierin." Gesendet wurde live. Die Baronin wurde laut Michel-von Dungern zu einer zentralen Figur des Scherenschnitts und Schattenspiels des 20. Jahrhunderts. "Vor laufender Kamera war sie nicht nur Bühnenbildnerin, sondern zugleich Regisseurin und Sprecherin."
In dieser Zeit, im Jahr 1958, kam die Künstlerin nach Sommerhausen. Regisseur Luigi Malipiero hat sie ans Torturmtheater gerufen. Irmingard von Freyberg sollte ihn dort vertreten. Das tat sie für etwa ein Jahr – und blieb für immer. Der idyllische fränkische Ort wurde ihr zur zweiten Heimat. "In ihren letzten Lebensjahren arbeitete sie im Turmzimmer des Stadtarchivs Ochsenfurt, das ihr die Stadt als Atelier zur Verfügung gestellt hatte", erzählt Museumsleiterin Michel-von Dungern. Ende März 1985 ist Irmingard von Freyberg gestorben.
Nach ihrem Tod waren und sind ihre geschnittenen Bildschöpfungen in Ausstellungen zu sehen – wie eben aktuell im Museum Malerwinkelhaus in Marktbreit – und dauerhaft in der Stadtbibliothek Ochsenfurt.
Die Weihnachtsausstellung im Museum Malerwinkelhaus in Marktbreit (Bachgasse 2) ist an den Adventswochenenden geöffnet: Samstag/Sonntag von 14 bis 18 Uhr. Nur an den Sonntagen ist der Museale Weihnachtsmarkt geöffnet, dessen Stände in der Dauerausstellung des Museums aufgebaut sind. Weitere Informationen: www.malerwinkelhaus.de