Schreibtisch, Bildschirm, ein Tisch für kleine Konferenzen, Arbeitsatmosphäre. Aber Christoph Wünsch hat auch ein Klavier ins neue Büro schaffen lassen. So viel Kunst muss sein. Schließlich ist er Musiker. Und seit Anfang des Semesters Präsident der Hochschule für Musik Würzburg.
Der Komponist, Pianist und promovierte Musikwissenschaftler wirkt entspannt. Obwohl er derzeit 60 bis 80 Stunden pro Woche arbeitet. „Jeder Tag ist anders“, freut sich der 62-Jährige. „Es ist sehr abwechslungsreich.“ Festen Stundenplan? Gibt's in diesem Job nicht. Dabei ist „Präsident“ offiziell an der Würzburger Musikhochschule gar kein Hauptberuf, sondern eine „nebenamtliche“ Tätigkeit. Jedenfalls bislang. In der Realität sei das umgekehrt: „Das Präsidentenamt beansprucht bis zu 95 Prozent meiner Tätigkeit. Zwei bis drei Seminare pro Woche sind mir aber allein schon wegen des Kontakts zu den Studierenden wichtig.“ Also unterrichtet Christoph Wünsch nach wie vor Musiktheorie, wie er das seit dem Jahr 2000 in Würzburg tut. Seit 2011 war er zudem Vizepräsident der Hochschule.
Eine Zäsur im Leben
Natürlich hat der passionierte Jazzer auch das Komponieren erst mal zurückgestellt. Ein jüngst uraufgeführtes Klavierkonzert, dessen drei Sätze großen komponierenden Pianisten gewidmet sind (George Gershwin, Béla Bartók, Chick Corea) soll zumindest für die „sprichwörtlichen ersten hundert Tage“ der neuen Tätigkeit das letzte Wünsch-Werk gewesen sein. Und auch das „Studio für Neue Musik“, das regelmäßig Konzerte mit aktuellen Kompositionen organisiert, leitet Wünsch möglicherweise „nur noch auf begrenzte Zeit“. Das Präsidentenamt setzt schon eine Zäsur im Leben des gebürtigen Landshuters.
„Im Vordergrund steht das Management“, beschreibt Christoph Wünsch seine neue Tätigkeit. Verwaltung auch, klar. Aber es gehe viel ums Moderieren, um Gremienarbeit, um Kommunikation nach Außen. In seinen ersten Präsidenten-Wochen hat Christoph Wünsch in diesem Sinne Antrittsbesuche absolviert, beim Würzburger Oberbürgermeister, bei anderen Politikern, im Ministerium, beim Uni- und beim FH-Präsidenten. Und er ist noch nicht durch mit der Besuchsliste.
In ruhigem Fahrwasser
Die Würzburger Hochschule für Musik befindet sich vorerst in ruhigem Fahrwasser. Die Studentenzahl ist seit Jahren stabil – etwa 700 junge Frauen und Männer sind eingeschrieben. Mehr könne die Hochschule „aufgrund ihrer personellen Ressourcen nicht verkraften“, so Wünsch. Das Würzburger Institut hat einen guten Ruf – über die Republik hinaus. Das belegt der mit 30 Prozent hohe Anteil von Studenten aus dem Ausland. Insgesamt, so Wünsch, gebe es Jahr für Jahr etwa 1000 Bewerbungen auf die Studienplätze. Genommen werden etwa 150. Werden Professorenstellen ausgeschrieben, gebe es – je nach Fach – regelmäßig 30 bis 80 Bewerbungen. Man könne also die Besten verpflichten. „Wir können eine Exzellenzausbildung anbieten“, sagt der Präsident. Derzeit stehen an der staatlichen Hochschule etwa 50 Professoren und zirka 25 Lehrkräfte für besondere Aufgaben in Lohn und Brot; hinzu kommen die Lehrbeauftragten.
All das bedeutet nicht, dass es in den nächsten vier Jahren – so lange dauert die Amtszeit – nichts zu tun gäbe für Christoph Wünsch. Da sei zum einen das Problem der zu schlecht bezahlten, nicht fest angestellten Lehrbeauftragten. Deswegen hatte es kürzlich Proteste gegeben. Wünsch ist zuversichtlich: „Ich glaube, die Politik hat erkannt, dass man da was tun muss.“
Das größte Projekt
Zum anderen – und das ist für Wünsch das größte Projekt der nächsten Zeit – braucht die Hochschule für Musik mehr Raum. Derzeit wird in drei Gebäuden unterrichtet: im „Stammhaus“ Hofstallstraße, in der Bibrastraße und im ehemaligen Zilcher-Konservatorium gegenüber der Residenz. Jetzt werde darüber verhandelt, Teile des ehemaligen Mozartgymnasiums zu nutzen.„Wir brauchen die neuen Räume dringend“, so Wünsch.
Etwa für die neu hinzugekommene Abteilung „Kammermusik“ oder den Lehrstuhl für Populäre Musik. „Wenn wir das in zwei bis drei Jahren realisieren, wäre das wunderbar.“
Zudem möchte Wünsch das Pre-College weiter ausbauen. Diese Ausbildung ganz junger Talente sei schon jetzt ein „Exzellenz-Merkmal“ der Musikhochschule. Ausbauen möchte der „Neue“ auch Kooperationen, etwa mit dem Mainfranken Theater. Und er möchte „raus aus dem Elfenbeinturm“. Da sei man zwar schon jetzt recht gut. Ensembles der Musikhochschule treten über Würzburg hinaus auf. Aber man könnte, überlegt Wünsch, zum Beispiel die beiden Festivals der Hochschule – die Tage der Alten Musik und die Tage der Neuen Musik – fürs Publikum attraktiver machen.
Auf absehbare Zeit ist da wohl kaum eine kommode 35-Stunden-Woche drin . . .