Was abzusehen war, ist nun Gewissheit: Auch das Würzburger Mozartfest 2020 wird nicht stattfinden können. Zumindest nicht in der geplanten Form und im geplanten Umfang mit 75 Konzerten. "Jedes Live-Konzert lebt von der Gemeinschaft der Musiker und Besucher. Daher kann nach allem, was wir jetzt wissen, die Saison nicht wie vorgesehen stattfinden", heißt es in einer Pressemitteilung, die das Festival an diesem Montagmorgen herausgab.
Jedoch: "Es wird nicht nichts geben", sagt Intendantin Evelyn Meining. "Wir arbeiten unter Hochdruck daran, Teile des Programms in abgewandelter Form anbieten zu können. In den nächsten Wochen werden wir diese Angebote veröffentlichen, die den behördlichen Auflagen Rechnung tragen und Musik nicht nur in den digitalen Raum verlagern."
Mit dem drohenden Wegfall der zentralen Spielstätte Residenz wäre das Konzept hinfällig
Denkbar seien in den vier Wochen ab dem 29. Mai unterschiedliche Formate, je nachdem, wie dann die Regeln lauten. Wie viele Termine dabei herauskommen werden, ist noch völlig offen. "Wir sind mutig und optimistisch", sagt Meining, "es ist alles ein dynamischer Prozess."
In den nächsten Wochen will das Mozartfest-Team alternative Konzertideen entwickeln, vom Live-Stream mit Kammermusik oder Soloklavier aus den leeren Räumen der Residenz in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk über Live-Auftritte unter Wahrung aller Abstandsregeln und Hygienevorgaben bis hin zu mobilen Konzerten mit dem Musik-Lastwagen "Blauer Eumel". Meining sagt: "Damit können wir im Freien zu den Menschen hingehen."
Man müsse im schlimmsten Fall damit rechnen, dass die Residenz in ihrer Eigenschaft als Hauptspielstätte und damit Herz und Kern des Mozartfests im Juni noch nicht zur Verfügung stehe. Damit würden die Orchesterkonzerte im Kaisersaal und die Traditionsformate wie die Nachtmusik im Hofgarten wegfallen. "Dann könnte das Mozartfest gar nicht mehr in seiner Essenz in Erscheinung treten", sagt die Intendantin. Deshalb soll das Festival 2020 komplett neu geplant und gestaltet werden – das Programm, die Formate ebenso wie die Vermarktung.
Das MozartLabor könnte vielleicht sogar stattdinden
Die Corona-Krise trifft das große Klassikfestival hart, 83,5 Prozent aller Karten waren Anfang März bereits verkauft. "Wir werden jeden einzelnen Kunden anschreiben", sagt Evelyn Meining. Die Käufer sollen neben der selbstverständlichen Rückerstattung auch Gutscheine angeboten bekommen oder eine Spende tätigen können. Denn die Corona-Auflagen brächten auch und gerade freischaffende Musikerinnen und Musiker in existenzielle Nöte. "Wir werden auch Künstler, die gar nicht zum Zuge kommen, so gut wie möglich entschädigen", sagt die Intendantin.
Optimistisch ist sie für das MozartLabor: In Workshops mit wenigen Teilnehmern und den Podiumsdiskussionen sei es gut möglich, Abstände zu wahren. Ansonsten werde man versuchen, so flexibel wie möglich zu bleiben und fortlaufend auf die Situation zu reagieren. "Wir sind in ständigem Kontakt mit den Künstlern und fragen sie, wie lange sie sich bereithalten können. Es hilft uns natürlich, dass sie derzeit nicht anderweitig gebunden sind", sagt Meining.
Hungrig auf Kultur nach der Zwangspause
Zuversichtlich ist die Festival-Chefin auch in Sachen Publikum: Sie ist überzeugt, dass die Menschen nach der Zwangspause ausgehungert nach Kultur sein werden. Das zeige der Blick in die Mozartfest-Geschichte: 1921 und 1951, als nach den Weltkriegen endlich wieder Konzerte möglich wurden, seien die Menschen in Scharen gekommen. Vielleicht werde es im Juni ja wieder möglich sein, dass Gäste von auswärts in die Stadt kommen, das ein oder andere Live-Konzert besuchen und ansonsten im Hotel die Streamings genießen. Die Würzburger Gastgeber könnten dafür einen stimmungsvollen Rahmen schaffen, ist Meining überzeugt: "Die Hoteliers sind da sehr kreativ."