
Warum klingt das bei mir nicht so wie bei dir? – Petra Eisend könnte beim besten Willen nicht sagen, wie oft sie diesen Satz schon gehört hat. Kein Anfänger käme je auf die Idee, so etwas zu seinem Geigen- oder Trompetenlehrer zu sagen. Bei der Handpan ist das anders. Das stählerne Blechklanginstrument, das aussieht wie ein kleines Ufo und mit den Fingern geschlagen wird, erweckt nicht zuletzt dank cleverer Werbung den sehr trügerischen Anschein, leicht zu spielen zu sein.
Das richtige Instrument in bewegten Zeiten: Die Handpan, deren warmer Klang sich zwischen Gong, Klangschale und Steel Drum bewegt, hat sich in den letzten Jahren ebenso schnell in der Perkussionsszene verbreitet wie in Esoterik- oder Yoga-Kreisen. Aber während Schlagzeuger und Perkussionisten sofort erkannt haben, dass es dafür eigene Technik und dafür wiederum eine Menge Übe-Arbeit braucht, erwarten Laien, dass sie schon nach ein paar Einweisungsstunden Yoga-Sessions begleiten können. "Den Zahn ziehe ich ihnen aber ziemlich schnell", sagt Petra Eisend.
Afrikanischen Trommel Djembé als Kraftübung für die Finger
Die 60-Jährige Perkussionistin hat sich viele Jahre unter dem Projektnamen "Drum Experience" mit westafrikanischen und afrokubanischen Rhythmen befasst und mit der afrikanischen Trommel Djembé. Die Djembé braucht eine fokussierte, zeitlich wie räumlich möglichst minimale Berührung. Und eine ganz spezielle Fingerspannung. Diese Technik, sie nennt sie "Muckibude für die Finger", hat Petra Eisend wiederum bei der Erschließung der Handpan geholfen.

Seit drei Jahren residiert sie mit ihrem "Studio für Handpan & Percussion" auf zwei Etagen eines ehemaligen Geschäftshauses in der Schweinfurter Innenstadt. In den zuletzt von einer Tanzschule genutzten Räumen gibt es einen lichtdurchfluteten Workshop-Bereich, einen Showroom für Handpan-Kaufinteressenten und einen mittelgroßen Konzertsaal mit ausgezeichneter Akustik.
Zu den Handpan-Workshops reisen Menschen aus ganz Deutschland an
Zu Petra Eisends Workshops reisen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland an, sie selbst war bis Corona bundesweit unterwegs, um Konzerte in Verbindung mit Workshops zu geben. Allmählich läuft der Betrieb wieder an, Schweinfurt kann inzwischen mit Fug und Recht den Rang eines überregionalen Handpan-Zentrums für sich beanspruchen.

Der Konzertsaal wird unter dem Label Caleidoskop von Kooperationspartnerinnen auch für Yoga, QiGong oder Tanzgymnastik genutzt, Petra Eisend veranstaltet hier in dreiwöchigem Turnus "Klangauszeiten", die vor allem die meditativen Qualitäten der Handpan nutzen.
Wie viele andere hatte auch Petra Eisend anfangs Vorbehalte gegen die Handpan
Hier wird David Kuckhermann am 27. und 28. August einen zweitägigen Workhop und ein Handpan-Konzert geben. Der Workshop ist längst ausgebucht, fürs Konzert am 28. gibt es noch Karten. "David ist Champions League", sagt Petra Eisend. Kuckhermann ist ein großer Name in der Szene, er ist unter anderem mit den Weltmusik-Rockern von Dead Can Dance in der Londoner Royal Albert Hall aufgetreten.
Wie viele Kolleginnen und Kollegen hatte auch Petra Eisend anfangs ihre Vorbehalte gegen das neue Instrument – siehe Esoterik-Szene. Doch dann entdeckte die Perkussionistin eine neue Welt für sich: die Harmonik. Plötzlich konnte sie Melodien, Zwei- und Dreiklänge spielen.
"Ich habe lange genug die Krawallschachtel Djembé bedient", sagt sie, "jetzt bin ich am Sound interessiert, den mir die Handpan ermöglicht." Inzwischen spielt sie in Konzerten und auf Einspielungen fast nur noch Handpan oder Hang, wie die Urform des 2000 von der Firma HANDArt in der Schweiz entwickelten Instruments heißt.
Der Name Hang ist nicht asiatischen Ursprungs
Längst gibt es weltweit zig andere Anbieter von Instrumenten, die unter dem Oberbegriff Handpan laufen. Das Prinzip ist immer ähnlich: zwei miteinander verklebte klingende Schalen aus Stahlblech, auf der oberen Schale befinden sich Beulen und Mulden, die für die einzelnen Töne stehen, unten befindet sich meist ein Schallloch. Der Name Hang ist übrigens, trotz des exotischen Klangs, den die Dinger hervorbringen, nicht asiatischen Ursprungs. "Hang" heißt im Berner Dialekt schlicht "handgemacht".

Jedes Objekt ist in einer Skala gestimmt (Dur, Moll, Pentatonisch, Mixolydisch), mit dem Grundton oben in der Mitte und sieben weiteren Tönen drumherum. Harmonisch kein allzu großes Spektrum also, doch lassen sich die Handpans erstaunlich vielseitig und sehr gut auch in der Band einsetzen. Und wer parallel verschieden gestimmte Instrumente spielt, kann beinahe sinfonische Effekte erzielen.

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, einer Handpan einen kontrollierten Ton zu entlocken. Dieses runde, feste, präzise "Dong", das Petra Eisend mal eben vormacht, ist Ergebnis vieler Übungsstunden. "Ich musste auch erstmal für mich klären: Was ist ein guter Ton, was muss ich dafür tun?" Jeder Anschlag hat drei Phasen: Hinweg, Aufschlag ("attack" genannt) und Rückzug. Es geht um Bewegungsenergie, Festigkeit und Timing.
Und hier kommt dann doch noch eine meditative Komponente ins Spiel. Aber ganz anders, als die meisten Einsteiger es sich träumen lassen: Das Spiel erfordert so viele Kompetenzen gleichzeitig, dass die Lehrerin Petra Eisend ihre Schülerinnen und Schüler erstmal dazu bringt, vollkommen reduzierte Teilbewegungen zu üben. Um so allmählich zu erspüren, was das Instrument braucht. Vorausgesetzt, man möchte wirklich Musik produzieren und nicht nur diffus dahingewischte, irgendwie besinnliche Klangwolken. "Tonerzeugung statt Töneerzeugung", sagt Petra Eisend.
Hang- und Handpan-Konzert mit David Kuckhermann: So., 28. August, 11 Uhr, Caleidoskop, Rosengasse 9, Schweinfurt. Karten unter (09721) 941 59 35 oder info@drum-experience.de, Vorverkauf 22, Kasse 24 Euro.