Noch liegt die Bühne der rappelvollen Disharmonie im Halbdunkel: Sie bietet ein imposantes Bild, das von fünf schwarzen voluminösen linsenförmigen Instrumenten dominiert wird. Dazu ein umfangreiches Percussion-Set, ein goldglänzender riesiger Gong, ein Kontrabass, ein E-Cello und ein Schlagzeug. Bei den Zuschauern wächst die Vorfreude und Neugier auf das kommende Konzert.
Neue Liebe nach den "Djembe Jahren"
Petra Eisend, seit 30 Jahren erfolgreiche Schweinfurter Percussionistin, hat nach ihren "Djembe-Jahren" seit 2015 zu einer neuen Liebe gefunden: Zur Handpan, die sie ihren Zuhörern auch gern erklärt. Das in der Schweiz entwickelte und gebaute Instrument besteht aus zwei zusammengeschweißten Stahlblechschalen: Aus einem Oberteil mit einer Kuppel in der Mitte und sieben oder acht kreisförmig darum angeordneten Klangfeldern sowie einem Unterteil mit einem Resonanzloch. In jedes Klangfeld sind drei Teiltöne eingestimmt, der Grundton, die Oktave und die Duodezime ( der 12. Ton einer Tonleiter). Petra Eisend ist immer noch begeistert: "Mit der Handpan ist zugleich ein Melodie-, Rhythmus- und Harmonie-Spiel möglich. Dazu die wunderschönen Obertöne – ein faszinierendes Instrument".
Heute stellt Petra Eisend ihre neue CD "under water – obove skies" vor, die den bezeichnenden Untertitel trägt: "Musikalischer Gegenentwurf zu unruhigen Zeiten". Wenn auch von der an der CD beteiligten sieben Musiker zwei verhindert sind, so beweisen sich die übrigen als kongeniale Mitspieler Eisends voller Musikalität und voll Improvisationstalent: Sibylle Friz (Cello, Querflöte), Joe Krieg (Gitarre), Tobias Pawlick (Gitarre, Bass) und Tobias Götz (Handpans, Percussion und Schlagzeug).
Schwebender Sound mit Anlehnung an karibische Steeldrums
Den besten Eindruck vom besonderen Zauber der Handpan vermitteln die Solostücke Eisends, die sie auch komponiert hat: Der obertonreiche, sphärisch-schwebende Sound, der etwas an karibische Steeldrums erinnert, lässt in "Monday Morning" mit ihrem ruhig dahin fließenden Spiel bald an Meditation, Ruhe und Entspannung denken – besonders, wenn man als Hörer die Augen schließt. Durch rhythmische, sich ständig wiederholende Phrasen entwickeln Cello, Bass und Schlagzeug einen tranceartigen Effekt. Solch ostinate Figuren werden in fast allen Stücken bewusst eingesetzt.
Mit ihrem Spiel auf der Querflöte und dem E-Cello sorgt Sibylle Friz für einen interessanten Sound und eine willkommene melodische Bereicherung. So lässt sie in "Little Secrets" zu Beginn ihr Cello eine verträumte Melodie singen, die von ätherischen Handpan-Klängen abgelöst wird. Der folgende vorwärtsdrängende Teil lebt von Joe Kriegs dynamischen Improvisationen. Auch in "Gute Reise" zeigt der Gitarrist in einem wunderschönen Solo sein hohes Können.
"Obatala" ist eine Reminiszenz an Petra Eisends Quelle, die afro-kubanische Percussion. Die Komposition ist wohl eine Anbetung der afro-kubanischen Schöpfergottheit, die die Menschen aus Lehm formt. Das Stück ist reich an geheimnisvollen Klängen: Sonore tiefe Kantilenen des Cellos, Petras "Erweckung" des riesigen Gongs vom sanften Anstreichen bis zu mächtigen Klangexplosionen, hymnischer Gesang – eine fesselnde Verbeugung vor der Gottheit Obatala.
Meditative Stimmung und eine freie Improvisation
"Tao", ebenfalls von Friz/Eisend, atmet ähnlich meditative Stimmung, bevor die Rhythmusgruppe mächtig einsteigt und zu einem furiosen Finale einläutet. Das Publikum in der Disharmonie ist begeistert und bedankt sich mit langem großem Applaus und rhythmischem "Zugabe"-Klatschen. Und die kommt: Joe Krieg gibt ein schnelles Tempo vor und in einer freien Improvisation zeigen die Fünf noch einmal ihr musikantisches Können. Ein außergewöhnlicher Abend.
Petra Eisends neue CD "under water - above skies" ist in der Buchhandlung Colibri und in ihrem neuen Schweinfurter Studio Rosengasse 9 erhältlich.