Man ermahnt sich zu Distanz und Objektivität. Blendet also aus, dass man den Musiker als Redaktionskollegen und Reporter im Landkreis Main-Spessart schätzt. Verdrängt, dass man bislang eigentlich alle Alben und Platten dieses Sängers, Gitarristen, Liederschreibers gut fand. Dass man diese besondere, diese rauchige, aber eben nicht kratzige Stimme mag. Man legt also Markus Rills neues Album ein. Hört die 15 Songs. Hört sie noch einmal und noch mal und dann noch mal, extrakritisch. Und kommt immer nur zum Ergebnis: schön! Einfach klasse und schön.
"Songland". Vielleicht ist es das beste Album des 49-Jährigen. Ganz sicher ist es das mit den schönsten Songs. Vor einem Jahr erst hat Markus Rill mit "Getting Into Trouble" eine Doppel-CD vorgelegt, eine Bestandsaufnahme quasi zum 20-jährigen Musikmacher-Dasein mit vielen neuen Stücken und besonderen Tracks aus Projekten mit Kollegen wie Hubert Treml, Franz Schuier oder Annika Fehling. Und "Dream Anyway" ist auch noch nicht lange her, Rills vielseitiges, extrem eingängiges und musikalisch starkes Album mit den Troublemakers aus dem Jahr 2016.
Und wenn man dann weiß, dass der Würzburger im Vollerwerb Journalist ist, eine Familie in München hat und regelmäßig durch die Republik fährt, um in kleinen Clubs und Kulturkneipen zu spielen, weil er Musik am liebsten live macht - dann rätselt man, wie er das schafft. Schon wieder eine Platte. Und so eine gute.
15 statt 10 Songs - in der Hälfte der Studiozeit
Der Promotext von Rills Label "Blue Rose Records" fürs neue Album erklärt es so: Ins Studio ging's mit der Vorgabe, wenigstens zehn Songs in zehn Tagen aufzunehmen. Aus dem Studio kamen Rill und seine Band nach knapp halb so viel Tagen. Mit 15 neu geschriebenen Stücken, sämtlich fertig, alle komplett abgemischt. Es muss gepasst haben, bei der Session im vergangenen Herbst.
"Der" deutsche Americana-Künstler oder zumindest einer der bekanntesten und höchstgerühmten wird Markus Rill immer genannt, seit er vor über zwei Jahrzehnten mal ein Jahr lang in Texas studierte und die US-amerikanische Volksmusik im Original inhalierte. Aber das Etikett "Americana", mit dem viele vielleicht nichts anfangen können und bei dem andere sofort an wildes Country-Geschrammel denken, kann man gut einfach mal weglassen: "Songland" ist ein erstklassiges Songwriter-Album.
Die Texte: die Stärke. Die Musik: auch stark.
Die Texte: Sie sind eine besondere Stärke des Komponisten Markus Rill, hier wieder und besonders. Mit Sandpapierstimme singt er von menschlichen Schicksalen, falschen Entscheidungen, Vergänglichkeit von Liebe, Leben und Kunst. Und vom Versuch, sich all dem mit Würde zu stellen. Die Musik: vieles, nur kein Geschrammel. Sehr dicht, sehr soulig. Manchmal gospelig mit Orgelschüben und Chorgesang, manchmal nachdenklich-leise fast a cappella . Und im schönsten Track, "Swampland Of The Mind", ist eine Guembri, eine nordafrikanische Laute, zu hören.
Man ermahnt sich zur Distanz, zügelt die Begeisterung. Und kommt doch nur zu dem Schluss: tolles Land, dieses "Songland".
CD und live: Markus Rill & The Troublemakers, "Songland" (Blue Rose Records). Am Samstag 11. Mai, gibt's um 22 Uhr die Release-Party im Würzburger Chambinzky, Valentin-Becker-Straße 2. Und am Mittwoch, 24. Juli, ist Markus Rill mit Gästen ab 20 Uhr beim Hafensommer Würzburg zu hören.