
Wenn er heute seine erste Platte hört? Markus Rill lächelt. „Wenn ich die heute höre, höre ich ganz stark, wem ich da nachgeeifert hab‘, von welchem Sänger, welchem Song ich da beeinflusst war.“ Er studierte noch, hatte gerade ein Jahr im texanischen Austin verbracht, dort auf kleinen Bühnen seine Vorliebe für Country und Folk ausgelebt – und Songs geschrieben. Zurück in Deutschland veröffentlichte der Würzburger Student 1997 im Eigenverlag sein Debütalbum „Gunslinger?s Tales“. Beeinflusst von alle den Vorbildern, die er in den USA erlebt hatte: Hank Willams, Woody Guthrie, Steve Earle, vor allem Townes van Zandt. Seine zweite Platte vier Jahre später erschien dann schon bei dem bekannten Genrelabel „Blue Rose“.
20 Jahre ist das Debüt also her, viele Platten sind seitdem und regelmäßig entstanden, und die Liebe zu Country und Folk, Soul und Rockabilly ist weiter gewachsen. Und mit ihr die Eigenständigkeit. Als dem Würzburger Musiker mit Wohnsitz und Familie in München im vergangenen Jahr bewusst wurde, dass 20 Jahre vergangen sind seit „Gunslinger?s Tales“, da . . . naja, er habe eigentlich „ein ganz normales Album“ machen wollen, sagt Markus Rill. Aber dann hielt er doch einen Moment inne, hielt kurz Rückschau . . . und hatte er die Idee zu einer nächste, besonderen Platte.
Das Geschenk an alle, die Americana-Songs mögen, die seit 20 Jahren seine Songs hören – „und an mich selbst“ – ist ein Doppelalbum geworden: „Getting Into Trouble“, das an diesem Freitag erscheint, gibt auf zwei Scheiben Zeugnis davon, warum Markus Rill
, der im Hauptberuf Redakteur dieser Zeitung und als Reporter in und um Karlstadt unterwegs ist, nicht nur als guter Songschreiber, sondern exzellenter Americana-Musiker gilt.
Das Album klingt nach: Rill
Von Nacheifern oder Nachmachen ist nichts zu hören, nichts zu spüren. Das neue Album klingt nach: Markus Rill. Und nach „20 Years of Gunslinging“. Einige Songs habe er schon lange fertig, für einen besonderen Anlass aufgehoben oder nur noch nie veröffentlicht gehabt – so war schnell eine CD mit neuen Aufnahmen zusammen. Die Songs erzählen von einer Stripperin in New Orleans, einem Schulfreund, der vom Weg abkam, einem Mann auf der Flucht, von der Liebe Heinrichs VIII zu Anne Boleyn. Miniaturgeschichten, mal nachdenklich, mal fordernd, mal quirlig und frisch – und immer gesungen mit dieser rauen, knorzigen Rill-Stimme.
Eingespiel mit Musikern aus Würzburg und aller Welt
„Getting Into Trouble“ ist America-Abwechslung pur. Akustische, melodische Stücke hat der 47-Jährige mit krachenden Roots-Rock-Nummern und feinem Bluegrass gemischt. Feines Fingerpicking welchselt sich mit draufgängerischem Schrammeln. Und die Instrumentierung – von der E-Gitarre bis zur Tastenfidel – tut ihres dazu, wenn es der Song verlangt. „Ich habe das Glück, dass immer tolle Musiker Lust haben, mit mir zu spielen“, sagt Rill dazu. Die neuen Songs hat er mit Kollegen aus aller Welt – und aus der Würzburger Gegend – aufgenommen.
Vielleicht sei das auch ein Glück, sagt Markus Rill, dass er nach seinem Debütalbum vor 20 Jahren „die Möglichkeit hatte, mich zu entwickeln, weil nicht alle immer das gleiche erwarten“. Er hat sich in der Szene einen Namen gemacht. Aber er hatte nicht den einen Riesenhit, mit dem er in eine Schublade gesteckt und an dem alles Folgende gemessen worden wäre.
Aufräumen im eigenen Song-Katalog
Und beim Innehalten und bei der Rückschau auf die eigene Song-Biografie habe er dann noch „ein bisschen aufgeräumt”. Nach 20 Jahren hatte er Lust, ein paar ältere Stücke, „ die mir immer noch viel bedeuten“, noch mal anzugehen und ihnen neue Tiefe zu verleihen. Und dann gibt es noch die zweite CD. Elf Songs aus dem eigenen „Backkatalog“, aus unterschiedlichen Sessions, ganz unterschiedlichen Phasen, die bislang auf keiner regulären Blue-Rose-CD veröffentlicht waren und aus „Nebenprojekten“, Eigenveröffentlichungen oder Kollaborationen stammen. Die schwedische Songschreiberin Annika Fehling, mit der Rill seit vielen Jahren immer wieder auf Tour ist, ist da mit dem Songwriter im Duett zu hören. Und Gitarrist Hubert Treml und Pianist Franz Schuier, mit denen Rill oft zusammen schreibt und spielt. Zufall, dass die Scheibe mit „Young Again“, einer Springsteen-Hommage, beginnt? So ist „20 Years of Gunslinging“ doch ungeplant ein kleines Best-of geworden.
Und wer Americana mag, gerät bei diesem Album in die Schwierigkeiten: zu entscheiden, welche Scheibe er öfter hören soll . . . Was in 20 Jahren ist? Erst einmal denkt Markus Rill an seine Band „The Troublemakers“ und schon die di nächste Platte, dann wieder ein Studioalbum: „Wir wollen auf jeden Fall dieses Jahr eine neue CD mit der ganzen Band machen.“ Die Erzählungen des Gitarrenhelden gehen weiter.
Markus Rill:
„Getting Into Trouble – 20 Years Of Gunslinging“ Blue Rose records, 2018 CD-Release mit den „Troublemakers“ ist am Samstag, 24. Februar, um 21 Uhr in der Würzburger Kellerperle.

