„Aufbruch, Umbruch, Neuanfang“ – dass an diesem Sonntagabend der Bundestagswahl zumindest das mittlere der drei Mottos der neuen Spielzeit am Mainfranken Theater auch für das richtige Leben zutreffen könnte, das hatte sich abgezeichnet. Das möglicherweise etwas gequälte Schmunzeln des Publikums auf die Begrüßung von Intendant Markus Trabusch zum Galaabend „Auftakt!“ zeigte aber doch, dass man mit soviel Umbruch vielleicht doch nicht gerechnet hatte.
Trabusch hatte bemerkt, es gebe bestimmt triftige tagespolitische Gründe, an einem solchen Abend nicht ins Theater zu gehen, andererseits sei es vielleicht auch ganz gut, gerade jetzt im Theater zu sitzen.
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„Auftakt!“ ist die traditionelle Abendveranstaltung des Theaterfests, das die Spielzeit eröffnet – eine Art Parforceritt durch Programmpunkte aus allen Sparten mit ausdrücklicher Werbebotschaft. Trabusch: „Es sind noch Karten verfügbar.
“ Obwohl – bis auf einen erstaunlich leichten Holzstapel für den Brandner Kaspar und eine erstaunlich mobile Buchsbaumhecke für „Was ihr wollt“ – keine Bühnenbilder zu sehen waren, lassen sich aus den dramaturgisch schlüssig zusammengesetzten und vorab knapp erläuterten Szenen und Arien doch einige Prognosen wagen.
Shakespeares „Was ihr wollt“ zum Beispiel (Regie: Sigrid Herzog) wird richtig lustig – mit ein bisschen Slapstick, viel genüsslicher Unlogik, einem herrlich verblendet-blasierten Malvolio (Herbert Schäfer) und einem dilettantisch-niederträchtigen Trio aus den Intriganten Mary (Lea Sophie Salfeld), Sir Toby (Meinolf Steiner) und Sir Andrew (Martin Liema).
Zwei vielbeklatschte Kurzdebüts
Mozarts „Cosi fan tutte“ (Regie: Martina Veh) und Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ (Regie: Markus Trabusch) kündigen sich musikalisch vielversprechend an – mit einem knackig und transparent aufspielenden Orchester unter Enrico Calesso beziehungsweise Marie Jacquot und mit den beiden sängerischen Neuverpflichtungen, die an diesem Abend ihre verdient vielbeklatschten Kurzdebüts gaben.
Die Sopranistin Akiho Tsujii zeigte mit Despinas Generalabrechnung „Bella vita militar“, wie präsent die Soubrette sein kann, und die Mezzosopranistin Marzia Marzo widerlegte mit wunderbar lockeren Koloraturen mal eben den Titel ihrer „Barbier“-Arie „Una voce poco fa“ (etwa: eine Stimme kann wenig ausrichten).
Dass auch beim „Barbier“ mit listig verspielter Komik zu rechnen sein wird, zeigte das Terzett „Ah qual colpo“ mit Daniel Fiolka in der Titelrolle und Roberto Ortiz als Almaviva.
Ingo Klünder ist Ehrenmitglied
Den Würzburger Philharmonikern scheint besonders das Filigrane und das Gesangliche zu liegen, was immer wieder auch in der sensiblen Sängerbegleitung deutlich wird. Dem Schlusssatz von Anton Dvoøáks neunter Sinfonie fehlte an diesem Abend allerdings ein wenig der ganz große Wumms.
Ballettchefin Anna Vita wird mit Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“ ihre zweite Opernregie vorlegen, und, da das Stück „so schön kurz“ ist (Operndirektor Berthold Warnecke), den Abend mit einer Choreografie zu Strawinskys „La sacre du printemps“ ergänzen. Ein Filmausschnitt von den Proben zeigte bannend bachantischen Ensembletanz.
Der „Auftakt!“-Abend ist auch Rahmen für eingestreute nichtkünstlerische Regularien, etwa die Überreichung eines Unterstützungsschecks über 250 000 Euro durch Bruno Forster, den Vorsitzenden des Theater- und Orchesterfördervereins. Und die Ernennung der Schauspielikone Ingo Klünder, Ensemblemitglied von 1978 bis 2007, zum Ehrenmitglied des Theaters. Klünder nutzte den Anlass zu einer kleinen Kostprobe seiner Bühnenpräsenz, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er bereits anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand auf diese Ehrung gehofft hatte. . .
Und dann ist da noch diese ganz unmittelbare, ganz intime Ebene des Theaters. Auf der sich Paare begegnen, die noch keine („Superhero“) oder keine mehr („Gift“) sind. Als wollten sie einen weisen Satz von Mozart-Biograf Wolfgang Hildesheimer bestätigen, den Trabusch eingangs zitiert hatte: „Logik ist weder eine Qualität der menschlichen Seele noch ihr Maßstab.“