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WÜRZBURG
Mainfranken Theater: Intendant Trabusch zieht positive Bilanz
Bilanz: Am Ende seiner ersten Würzburger Spielzeit ist Intendant Markus Trabusch sehr zufrieden. Und was sagt er zu Protesten gegen das Ende des Engagements von Ballettdirektorin Anna Vita?
Vorhersehbarer Publikumsrenner: Das Musical „Jesus Christ Superstar“
Foto: Thomas Obermeier | Vorhersehbarer Publikumsrenner: Das Musical „Jesus Christ Superstar“
Ralph Heringlehner
Ralph Heringlehner
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:54 Uhr

Am Samstag endete die Spielzeit am Würzburger Theater. Offenbar mit Zuschauerplus. Doch man dürfe nicht nur auf die Quote schauen, meint Intendant Markus Trabusch.

Frage: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer ersten Spielzeit in Würzburg?

Markus Trabusch: Ich bin sehr zufrieden. Ich hätte auch in kühnen Träumen kaum erwartet, dass es so gut läuft. Dass schon in der ersten Spielzeit so viel von dem aufgeht, was man angestrebt hat, das hat mich sehr gefreut.

Und wie sieht's mit dem Publikumszuspruch aus?

Trabusch: Die definitiven Zahlen sind gerade im Entstehen. Aber es zeichnet sich heute schon ab: Wir werden einen Zuwachs der Zahlen haben. Die Frage ist nur, wie hoch er genau ist.

Was waren die Hits? Wahrscheinlich „Jesus Christ Superstar“.

Trabusch: Sie haben – in jeder Spielzeit – fast immer zwei Hits. Vorhersagen lässt sich allerdings nicht, wie die Zahlen dann genau sind. „Jesus Christ Superstar“ ist so ein Hit, ganz klar, das ist Musical. Dann liegt auch das Familienstück immer weit vorne, in dieser Spielzeit war das „Die kleine Hexe“. Diese beiden Hits waren also erwartbar. Was mich sehr freut, ist, dass wir in Bezug auf die Besucherzahlen in allen drei Sparten noch je einen weiteren wirklichen Knaller hatten.

Wir hatten im Ballett „Die Päpstin“ mit 82 Prozent Auslastung, im Musiktheater „Nabucco“ mit 82 Prozent und im Schauspiel „Nathan“ mit 83 Prozent. Sehr gut laufende Produktionen in allen drei Sparten, das erfreut das Herz eines Intendanten.

Über die guten Besucherzahlen hinaus?

Trabusch: Die Zuschauergunst ist ein wichtiger Faktor, aber nicht der alleinige. Es geht auch darum, die Kunst voranzubringen. Die Kunst hat ein eigenes Recht. Sonst würden wir nie eine Uraufführung machen. Wir würden auch nie so eine Ausgrabung wie die Meyerbeer-Oper „Die Hugenotten“ bringen. Es ist unser Auftrag, das kulturelle Erbe zu befragen, in seiner ganzen Bandbreite. Das ist mir sehr wichtig: Es ist nicht alleine die Auslastung oder die Gesamtzahl an Zuschauern, die Mischung macht's. Wichtig sind mir auch Außenproduktionen. Ich habe von Anfang an gesagt: Ich möchte, dass wir rausgehen aus dem Theater. Ferdinand von Schirachs „Terror“ im Ratssaal ist eine wirklich tolle Produktion geworden, die ungemeinen Publikumszuspruch hatte – obwohl sie ausschließlich im freien Verkauf angeboten wurde.

War notorisch ausverkauft.

Trabusch: Hatte eine Auslastung von 87 Prozent, das heißt: Gefühlt ist die immer ausverkauft. Damit generiert man natürlich auch Zuschauerzahlen. Insgesamt hat die Sparte Schauspiel in dieser Spielzeit stark zugelegt, unter anderem auch durch so etwas. Nicht nur, aber auch.

Schauspiel zieht jüngere Leute ins Theater, heißt es oft.

Trabusch: Wir müssen daran arbeiten, dass die Sparten wegkommen von diesen Zuschreibungen „die Jungen gehen ins Schauspiel, die Alten ins Musiktheater“. Ich habe eigens eine Stelle für eine Theaterpädagogin geschaffen, die sich auf den Bereich Musiktheater fokussiert, um Ballett und Musiktheater im Kontakt mit den Schulen von Anfang an attraktiv zu machen. Ein Ziel wäre auch: Ich möchte davon wegkommen, dass ein Titel gleich über den Besuch entscheidet.

Zum Beispiel?

Trabusch: Nehmen wir „Bluthochzeit“ von Federico García Lorca im Schauspiel. Das war eine sehr gelungene Produktion, mit der wir auch überregional unglaubliche Resonanz gefunden haben. Gemessen daran war der Zuschauerzuspruch einfach zu gering, schlichtweg, weil vielen der Titel offenbar zu wenig gesagt hat. Dann setzt so ein Mechanismus ein: „Da geht man nicht hin.“ Das Gleiche gilt für die „Hugenotten“. Davon möchte ich wegkommen. Wir müssen stärker darauf hinarbeiten, dass klar ist: Wenn das Mainfranken Theater bestimmte Dinge anbietet, kann – oder sollte – man hingehen. Selbst wenn man sich unter dem Stücktitel zunächst nichts vorstellen kann.

Zum Ende dieser Spielzeit gab's Verärgerung und Protest bei Teilen des Publikums, weil der Vertrag von Ballettdirektorin Anna Vita nicht verlängert wurde. Wie gehen Sie damit um?

Trabusch: Es gibt einen Teil des Publikums – wie groß der auch sein mag, er ist nicht so groß, wie er dargestellt wird –, der diesen Wandel als problematisch erlebt. Zum einen ist das Teil eines Prozesses, den ich grundsätzlich befürworte, nämlich dass es eine Bindung zwischen dem Theater und seinem Publikum gibt.

Man darf aber auch nicht verschweigen, dass es durchaus auch andere Reaktionen gibt, nur: Darum geht es mir weder in der einen oder anderen Richtung. Ich will auch überhaupt nicht die Arbeit von Anna Vita schmälern. Sie wird Ende der nächsten Spielzeit 14 Jahre hier Tanztheater gemacht haben – mit großen Erfolgen. Ich denke auch an das Zusammenspiel der Sparten. Musiktheater, Schauspiel, Ballett – wie verhält sich das zueinander? Passt das zueinander? Muss man in einen Wechsel einsteigen? Dieser Meinung war ich und deswegen musste ich so entscheiden.

Was sagen Sie den verärgerten Zuschauern?

Trabusch: Wir nehmen diese Proteste ernst. Wir haben Zuschriften bearbeitet und beantwortet. Aber der Wechsel ist der Kunst eingeschrieben. Der Künstler braucht die Unruh, wie bei einer Uhr, sonst verliert er irgendwann seinen Kunstanspruch. In den Normalvertrag Bühne, der ja unser Leben hier bestimmt, ist eingebaut, dass eben jedes Jahr die Frage gestellt wird: Setzen wir das fort oder nicht?

Angeblich wollten Sie zwei Stellen im Ballett streichen. Müssen Sie Personal abbauen?

Trabusch: Nein. Das Ballett wird in der gleichen Personalstärke gehalten.

Mit zwölf Tänzern ist das Haus aber an einer Untergrenze.

Trabusch: Jein. Man kann sich anschauen, wie vergleichbare Häuser mit der Aufteilung der künstlerischen Gelder umgehen, von Osnabrück bis Regensburg. Die haben beide zwar mehr Geld als Würzburg, operieren aber mit zwei Tänzern weniger. Dafür haben sie vielleicht einen Sänger oder zwei mehr. Das ist wie bei kommunizierenden Röhren. Aber ich sehe, dass Ballett, insbesondere für einen bestimmten Teil des Publikums, sehr wichtig ist, und daher werde ich die Stellenzahl nicht antasten. Ganz im Gegenteil. Wir haben ja ab der übernächsten Spielzeit eine Doppelspitze im Ballett mit Dominique Dumais und Kevin O'Day. Es ist also keine Schwächung der Sparte intendiert.

Mit Blick auf die nächste Spielzeit kommt's mir vor, als würden Sie im Großen Haus lieber keine Experimente wagen. Da haben wir zum Beispiel im Musiktheater die Oper „Cosi fan tutte“ oder die Operette „Die Csárdásfürstin“, im Schauspiel Shakespeares „Was ihr wollt“ und den „Brandner Kaspar“ . . .

Trabusch: Es ist nicht wesentlich anders als in der abgelaufenen Spielzeit, würde ich sagen. Da hatte ich zum Beispiel das Glück, dass ich diese deutsche Erstaufführung mitbringen konnte, „Ich Zarah oder das wilde Fleisch der letzten Diva“. Im Musiktheater haben wir 2018 beispielsweise „Nixon in China“ – ein absoluter Knaller. Aber bei Umfragen würden Sie selbst bei Theaterinteressierten nicht mal den Komponistennamen John Adams genannt bekommen.

War ja kein Vorwurf. Experimente im Großen Haus kommen beim Würzburger Publikum erfahrungsgemäß nicht gut an.

Trabusch: Wir haben ein paar unruhige Zeiten vor uns. Der Sanierungsprozess ist kein Selbstläufer.

Ich bin der Meinung, dass sich das Theater vorher sozusagen ein Stück weit in der Gesellschaft breitmachen muss, mit Titeln, die ziehen – natürlich auf qualitativ hohem Niveau –, damit wir von einer hohen oder gesicherten Zuschauerzahl ausgehen können. Das Ziel wäre, in der Zuschauergunst weiterhin das zu schaffen, was wir jetzt geschafft haben. Denn es wird anstrengend werden in der Sanierungsphase.

Die Sanierung soll im Frühjahr 2019 beginnen. In der Spielzeit 2018/19 werden Sie aber wohl das Große Haus noch nutzen können.

Trabusch: Da laufen gerade die Gespräche. Das ist schon ein ziemlicher logistischer Aufwand. Ich habe die Hoffnung, dass wir das Große Haus die nächsten zwei Spielzeiten noch nutzen können.

„Terror“ im Ratssaal: „Das Schauspiel hat stark zugelegt.“
Foto: Thomas Obermeier | „Terror“ im Ratssaal: „Das Schauspiel hat stark zugelegt.“
Markus Trabusch
Foto: Thomas Obermeier | Markus Trabusch
 
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