Für Kunstinteressierte im asiatischen Raum war das vergangene Wochenende ein ganz besonderes. In Hongkong fand Asiens größte jährliche Kunstmesse statt, die "Art Basel Hong Kong". Parallel dazu gibt es seit einigen Jahren die "Art Central". Diese zeigt laut Website "die nächste Generation von Talent aus Asiens innovativsten Galerien ebenso wie herausragende Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt". Mit dabei waren in diesem Jahr auch Bilder der aus Unterfranken stammende Künstlerin Lisa Wölfel.
"Ich bin super aufgeregt, das ist eine riesen Karrierechance", sagt Wölfel. Sie ist erstmals auf einer internationalen Ausstellung dieser Größe vertreten. "Ich bin gespannt, was das für die Zukunft bedeutet. Wenn eine interessante Person vorbeikommt, weiß man ja nicht, was das bringt."
Teil einer aktiven Künstlerszene in Leipzig
Geboren wurde Lisa Wölfel 1988 in Schweinfurt, aufgewachsen ist sie in Haßfurt, von wo aus sie das E.T.A. Hoffmann-Gymnasium in Bamberg besuchte. In Nürnberg studierte sie freie Malerei, danach zog sie nach Leipzig, wo sie heute einer aktiven Künstlerszene angehört.
Der Weg nach Hongkong begann Ende 2020 mit einer Anfrage per E-Mail. "Ich habe es erst für Spam gehalten", gibt die Künstlerin zu, denn: "Es gibt viele dubiose Einladungen, bei denen die Künstler am Ende draufzahlen." Außerdem habe es sich zuerst "zu schön, um wahr zu sein" angehört. "Nach Lesen der Einladung war aber klar, dass es sich etwas Seriöses handeln musste." Es ging dabei um die Ausstellung "Her Power", die auf zeitgenössische Kunst von Frauen spezialisiert ist.
Auf die Frage, wie die Veranstalter auf sie aufmerksam geworden seien, bekam sie zur Antwort, sie seien im Internet auf ihre Arbeit gestoßen und seien begeistert. "Ich schätze, über den Newsletter, den ich Anfang 2021 für das ZEIT-Magazin gestalten durfte", so die Künstlerin.
Aufgrund der Corona-Pandemie fand "Her Power" im Jahr 2021 als Online-Schau statt, in die es 30 der ursprünglich 300 Künstlerinnen aus der Vorauswahl schafften. Von diesen wurden wiederum wenige für eine Ausstellung in Hongkong ausgewählt.
Der asiatische Raum wird immer wichtiger für europäische Künstlerinnen und Künstler
Zunächst gab es eine Vorab-Ausstellung im Kunstraum MMAE 720 in Berlin. Dessen Betreiberin ist Huang Mei, eine Berliner Kuratorin, die in China lebt und immer wieder auch europäische Künstlerinnen nach China empfiehlt. In Berlin stellte Lisa Wölfel ihre Werke mit der Malerin Cristina Barroso aus Stuttgart aus, bevor die Werke der beiden Künstlerinnen dann nach Hongkong gebracht wurden, wo sie mit den Werken zweier chinesischer Künstler bei der "Art Central" zu sehen waren.
"Als die Bilder abgeholt wurden, da wurde es real - oder... realer", sagt Wölfel, für die es immer noch unwirklich scheint, in Hongkong vertreten zu sein. Die Chance zu haben, dass so viele Leute ihre Bilder sehen, "das fühlt sich unecht an". Zumal der asiatische Raum für europäische Künstlerinnen und Künstler gerade in den letzten Jahren immer wichtiger geworden sei. "Die Leute dort investieren gerne in Kunst, auch junge Leute."
Die meisten Bilder entstanden zur Zeit der Pandemie
Persönlich vor Ort sein konnte Lisa Wölfel allerdings nicht, auch wenn es die Corona-Bestimmungen zugelassen hätten. Diese sind zwar derzeit strenger als die Auflagen in Deutschland, die Kunstmesse konnte aber stattfinden – auch mit Gästen aus dem Ausland.
Auf die Frage, wie sie zur Kritik an der dortigen Menschenrechtslage stehe, entgegnet Wölfel: "Natürlich macht man sich Gedanken." Einen Grund, nicht an Ausstellungen oder Messen teilzunehmen, sehe sie darin nicht: "Wenn sich die Kultur zurückzieht, macht es das nicht besser."
Sechs ihrer Arbeiten waren in Hongkong zu sehen, fast alle sind in der Pandemie entstanden. Eine trägt den Titel "Zwischenzeit" und beinhaltet mehrere Tiermotive. "Da sind viele Erinnerungen mit eingeflossen", sagt Wölfel. Kurz vor Beginn der Corona-Zeit hatte sie viel Zeit mit Zeichnen im Zoo verbracht. Zur gleichen Zeit entstand das Gemälde "Drift", auf dem mehrere Nacktschnecken zu sehen sind. "Ich finde sie als Tiere interessant", sagt die Künstlerin. "Sie kommen in dem Bild als etwas Ästhetisches vor, obwohl viele Leute sie als eklig empfinden."
Doch auch in Franken soll es bald wieder Gelegenheiten geben, Bilder von Lisa Wölfel zu sehen. So steht vom 5. Juni bis 28. August die Gruppenausstellung "Umbruch" im Schloss Oberschappach (Lkr. Haßberge) an. Im Sommer 2023 wird sie an einer Sonderausstellung im Diözesanmuseum Bamberg beteiligt sein.
Und schließlich soll es nach vielen Unterbrechungen auch in Nürnberg weitergehen, wo Lisa Wölfel Etiketten für Weinflaschen gestaltet hat. Vorgesehen ist eine Versteigerung mit dem Kabarettisten und Schauspieler Matthias Egersdörfer, ein Termin steht aber noch nicht fest.