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Würzburg
Gegen Nazis: Warum Bosses neues Album politisch geworden ist
Der deutsche Songwriter Bosse spielt im Januar in Würzburg in der Posthalle. Im Interview erzählt er, warum er Musik für das beste Mittel gegen Rassismus hält.
Bosse im Sommer beim Taubertal-Festival. Im Januar steht er in der Posthalle in Würzburg auf der Bühne.
Foto: Fabian Gebert | Bosse im Sommer beim Taubertal-Festival. Im Januar steht er in der Posthalle in Würzburg auf der Bühne.
Anna-Lena Behnke
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:06 Uhr

Bosses aktuelles Album hält, was der Titel verspricht. „Alles ist jetzt“ liefert Indie-Pop mit Gute-Laune-Faktor. Die Melancholie der früheren Alben ist fast komplett verschwunden. Stattdessen schlägt der deutsche Gitarrist und Songwriter einen neuen Weg ein. In seinen Songs feiert er Lebensfreude und Freundschaften, die Musik und das Familienglück. Gleichzeitig liefert Bosse klare Statements gegen Nazis und Wutbürger und sticht damit heraus aus der Masse des weichgespülten Deutschpops. Auf seiner Tour macht Bosse auch in Würzburg Halt. Am 22. Januar spielt er in der Posthalle. Im Interview spricht Axel Bosse über die politische Dimension seines Albums und seinen Weg zum Erfolg.

Frage: Wie passt denn ein positives, optimistisches Album wie "Alles ist jetzt" in eine Zeit, in der wir immer mehr mit Shitstorms und Negativschlagzeilen konfrontiert werden?

Axel Bosse: Ich finde, das passt ganz gut. Ich wollte jetzt auf keinen Fall den Gute-Laune-Gegenpol schreiben. Aber irgendwie wollte ich, dass die Geschichten positiv ausgehen und dass man einen guten Schwung und Energie aus diesem Album mitnimmt. Ich glaube nämlich schon, dass man ganz gut mit allen Problemen – auch in der Gesellschaft – umgehen kann und vielleicht sogar Dinge positiv verändern kann, wenn man selbst glücklich ist.

Sie zeigen klare Haltung gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft. Das ist ja auch nicht selbstverständlich. Viele deutsche Musiker halten sich politisch komplett raus.

Bosse: Ich verstehe jeden, der nicht politisch ist. Ich kenne ganz viele Leute – mich eingeschlossen –, die aus ganz anderen Gründen angefangen haben, Musik zu machen. Ich hatte aber irgendwann so eine Wut im Bauch und so ein Kotz-Gefühl, dass ich wusste: Ich muss mich politisch engagieren. Ich habe eben auch schon mal für ein Jahr in einem Land gelebt, in dem es mit der künstlerischen Freiheit, der Meinungs- und der Pressefreiheit nicht weit her ist. Das lag mir irgendwie auf der Seele, und ich fand es aber auch ganz klar meine Pflicht, Haltung zu zeigen. Für mich selber.

Welche Reaktionen gab es denn darauf?

Bosse: Ich glaube, ich habe noch nie auf irgendeinen Song so viele Reaktionen bekommen wie auf "Robert de Niro". Der Song zielte damals auf einen Besuch von mir in Dresden ab, wo eine der ersten Pegida-Demos war. Da ist mir wirklich schwindelig geworden und ich dachte, das kann nicht sein, was passiert denn hier gerade.

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In "Robert de Niro" beschreiben Sie diese Fassungslosigkeit über den Hass in der Gesellschaft.

Bosse: Am Ende kann man dem Ganzen, glaube ich, nur mit einer sehr bunten und offenen Haltung gegenübertreten. Genau das versucht der Song. Man merkt es auch auf den Konzerten, dass dieser Song etwas bewirkt. Auch im Netz wird er oft geteilt und zitiert. Da habe ich mich auch als Schreiberling total gefreut, weil das für mich ein hartes Stück Arbeit ist, politisch zu sein. Ich bin ja nun mal keine Punk-Band. Aber auf meinem Konzert treffen sich schon ganz unterschiedliche Leute, die auf dieselbe Musik stehen und zusammen tanzen. Da ist Musik natürlich der beste Träger, um für Empathie zu werben, gegen Rassismus zu sein und für Freiheit.

Ist es leichter, einen fröhlichen Song zu schreiben oder einen ernsten, traurigen?

Bosse: Eigentlich ist es immer total schwer. Aber ich habe auch schon mit 13 oder 14 immer aus einem traurigen, melancholischen Gefühl heraus Musik gemacht. Mir fällt ein trauriger Song irgendwie leichter als ein fröhlicher Up-Tempo-Song. Deswegen muss ich mir auch jedes Mal, wenn ich einen fröhlichen Song schreibe, eine Flasche Sekt aufmachen.

Sie haben schon früh angefangen, Musik zu machen, sind aber erst relativ spät durchgestartet. Sind Sie dankbar dafür, dass Sie nicht schon mit 16 Erfolg hatten?

Bosse: Meine Band und ich machen das jetzt seit 16 Jahren. Solange hänge ich mit denselben Jungs und Mädels rum. Wir haben das von der Pike auf gelernt. Von "gar keiner da" bei den Konzerten, über "ein paar Studenten kommen", bis zu den großen Hallen. So habe ich das Gefühl, dass wir Stück für Stück gelernt haben, was es heißt, größer zu werden, professioneller zu werden und auch mit Druck umzugehen. Und vor allen Dingen wissen wir es auch sehr zu schätzen. Wir wissen eben auch, wie es ist, wenn es kein Catering gibt und man im billigsten Hotel an der Autobahn pennt, weil das Geld nicht reicht. Das hat ganz viel mit Dankbarkeit zu tun.

Das Konzert: "Alles ist jetzt" am Mi., 22. Januar 2020, 20 Uhr, Posthalle Würzburg. Karten unter Tel. (0931) 6001 6000.

 
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