
Wer weiß, wie oft Feuilleton und Fachpresse den Bluesrock schon für tot erklärt haben. Zu eindimensional, zu viel Gitarre, zu festgefügt, zu laut. Doch irgendwie weigert sich der Bluesrock abzutreten. Es sind längst nicht nur alte Säcke, die in Bluesrock-Konzerte gehen – das Publikum ist altersmäßig bunt gemischt. Und es sind längst nicht nur alte Säcke, die Bluesrock machen. Musiker wie Ron Spielman oder Henrik Freischlader, Bands wie Siena Root, Rival Sons oder The Black Keys zeigen, dass das Genre quicklebendig ist.
Auch die Band Jail Job Eve macht lupenreinen Bluesrock. Alter der Mitglieder: 25 bis 31. Die Besetzung ist klassisch: Bass, Schlagzeug, Keyboards, Gitarre und Stimme. Jail Job Eve machen erdige, vitale, einfallsreiche und nicht erst bei zweitem Hinhören ziemlich komplexe Musik, die ihre Wurzeln unverkennbar in den 1970er-Jahren hat. Retrorock würde man sagen, klänge er nicht ganz und gar gegenwärtig.
Victoria Semel (25) aus Schweinfurt ist die Stimme von Jail Job Eve, Benedikt Schlereth (28) aus Langenleiten in der Rhön (Lkr. Rhön-Grabfeld) spielt die Gitarre(n). Wer übrigens nach tieferen Bedeutungen des Bandnamens gesucht hat, der kann seine Bemühungen einstellen. Jail Job Eve ist ein Anagramm aus den Initialen der Bandmitglieder, gebastelt von einem Anagramm-Generator im Internet. "Der hat verschiedene Versionen angeboten, diese hat uns am besten gefallen", sagt Victoria Semel.
Weitere Initialen haben Jens Niemann, Keyboards, Laurenz Gust (inzwischen abgelöst von Tim Beckers), Bass, und Josef Röhne, Drums, beigesteuert. Kennengelernt haben sich alle sechs an der Hochschule Osnabrück, wo sie Popmusik studiert und vor rund zwei Jahren mit dem Bachelor abgeschlossen haben. Victoria Semel arbeitet derzeit noch in Münster an ihrem Master.

Mit dem Label "Retro" haben Victoria Semel und Benedikt Schlereth kein Problem. Im Gegenteil, sie stellen immer wieder fest, dass die Menschen, die Musik wie die ihre lieben, genau das schätzen: das Unmoderne, das Ungekünstelte, das Handgemachte. Neulich waren die beiden im Konzert einer anderen Band in Bochum . "Das Kuriose war", erzählt Victoria, "dass tatsächlich nur eine einzige Person ihr Handy zum Filmen hochgehalten hat." In ihren eigenen Konzerten beobachten sie ähnliches: "Die Leute, die unsere Musik hören, die wollen sich ganz auf den Moment konzentrieren. Das finde ich super."
"Es ist ein kompletter Gegensatz zu der Welt, in der wir gerade leben", sagt Benedikt Schlereth. "Die ist so superdigitalisiert, man kann mit dem Handy und dem Computer alles machen. Das Erlebnis bei uns entsteht nur, weil gerade in diesem Augenblick fünf Personen im Raum stehen und zusammen etwas machen."
Zum Konzept gehört übrigens auch, dass die Band sich nicht dem inzwischen ziemlich stabilen Trend anschließt, deutsche Texte zu machen. "Für uns hat sich das nie so richtig angefühlt. Ich finde es total cool, was in den letzen Jahren in der deutschen Musik passiert ist, aber unser Genre kommt nunmal aus den USA, und damit gehört es für mich zu diesem Retrostil dazu, dass man Texte auf Englisch macht", sagt Victoria Semel.
Die Nachfrage ist da, der Weg nach oben dennoch weit. Seit ihrem zweiten Album "The Mission" sind Jail Job Eve beim Label Mig Music in Hannover, bei dem unter anderem auch die Mitschnitte der legendären "Rockpalast"-Konzerte erschienen sind. Das Label hat die Promotion fürs Album übernommen und eine Tour als Support der schwedischen Band Siena Root vermittelt, die in der Bluesrock-Szene ziemlich groß ist. "Die gibt es bestimmt schon seit 20 Jahren, aber du merkst, die haben noch total Bock. Wir haben viel gelernt von denen", sagt Victoria Semel.
Die ganz mühsame Anfangsphase mit dem Werben um Zuhörer und viel Klinkenputzen bei Veranstaltern und Veranstaltungsorten haben sie allmählich hinter sich. "Übers letzte Jahr hat sich super viel entwickelt", sagt Victoria Semel. "Es geht echt voran, und man sieht das. Das ist eine gute Bestätigung für die Arbeit der letzten Jahre, aber wir sind noch nicht an dem Punkt, wo es finanziell den Hauptanteil ausmacht."
Anders als viele Musiker, die sich als Einzelkämpfer in zahllosen Projekten verzetteln und anders als andere Bands, die alles auf einen schnellen (und möglicherweise kurzlebigen) Hit setzen, arbeiten Jail Job Eve von Anfang an gemeinsam an ihrer Musik und ihrem künstlerischen Fortkommen als Band.
Deshalb gibt es auch keinen Karriereplan oder ähnliches. "Wir arbeiten alle auch sonst im Musikbereich, da ist viel Dienstleistung dabei. Das macht zwar Spaß, aber das ist eben nicht das eigene Baby, die eigene Kunst. Jail Job Eve ist das, was uns dann wieder daran erinnert, wie geil es ist, Musik zu machen", sagt Victoria. Das Schöne sei, dass alle Bandmitglieder gleichermaßen bereit seien, sich dafür Zeit zu nehmen und ihre Energie zu investieren. "Deshalb haben wir überhaupt nicht den Druck, dass wir in zwei Jahren da oder da sein müssen und sonst die Band hinschmeißen."
Jail Job Eve auf Tour in Franken: 21. November Stattbahnhof, Schweinfurt (21 Uhr, mit Paralyzed); 22. November Omnibus, Würzburg (21 Uhr, mit Jochen Volpert & Band feat. Carola Thieme); 23. November Zoom Eulenspiegel, Bad Kissingen (20 Uhr); 25. November Live-Club, Bamberg (21 Uhr). Jeweils Abendkasse.