- Was ist das für ein Stück? "Sugar – Manche mögen's heiß" ist ein Musical nach der Filmkomödie von Billy Wilder, das 1972 am Broadway uraufgeführt wurde. Autor Peter Snow hielt sich weitgehend an die Vorlage, die vor allem durch Marilyn Monroe, Tony Curtis und Jack Lemmon bekannt wurde.
- Worum geht es? Im Chicago der 1920er Jahre werden zwei arbeitslose Musiker Zeugen eines Gangster-Mordes. Um nicht die nächsten Opfer zu sein, schließen sie sich – als Frauen verkleidet – einer Mädchenband an, die mit einem Engagement in Florida dem Chicagoer Winter entfliehen will. Blondine Sugar Kane, die nicht so naiv ist, wie es scheint, möchte sich dort einen Millionär angeln. Doch den kriegt am Ende ein(e) andere(r).
- Warum lohnt es sich, das Musical zu sehen? Es ist ein leichtes, äußerst unterhaltsames Sommerstück auf Burg Brattenstein, voller Anspielungen, Parodie und Slapstick – wie geschaffen, um nach der langen Corona-Auszeit wieder Lust auf Theater und Musik zu machen. Sehenswert sind die Kniffe, mit denen Regisseur Lars Wernecke die Figuren auf Abstand hält, ohne sie distanziert wirken zu lassen.
So viel sei vorab verraten: Tiefgang sucht man selbst auf der Jacht von Millionär Sir Osgood Fielding vergebens. Wozu auch, wenn nach Billy Wilders Geheiß Unterhaltung, Unterhaltung und Unterhaltung die drei wichtigsten Zutaten einer Komödie sind? Saxofonist Joe und Kontrabassist Jerry (Sven Zinkan und Björn Boresch) sind arbeitslos und haben ihre letzten Kröten beim Wetten verloren.
Als ihnen dann auch noch Gangsterboss Gamaschen-Colombo (Alexander Krüger) im Stepptanz-Schritt nach dem Leben trachtet, kommt ihnen eine Jazzband aus lauter Blondinen gelegen, die sich gerade zu einem Engagement ins sonnige Florida aufmacht. Aber um mit vor der Partie zu sein, müssen die Beiden das Geschlecht wechseln. Aus Joe wird Josephine, aus Jerry Daphne.
Im Schlafwagen-Abteil schlägt die erste große Stunde des Extra-Ensembles. Die ambitionierten Amateurinnen und Amateure, die neben den Schauspiel-Profis agieren, sind seit Jahren fester Bestandteil der Frankenfestspiele, bringen Leben auf die Bühne und sind in ihren Nebenrollen längst über das Statisten-Dasein hinausgewachsen.
Auf dem Schienenweg in den Süden werden Daphne, Josephine und Sugar (Marie-Sophie Weidinger) Freundinnen. Um dem Tempo des Stücks Rechnung zu tragen, hat Bühnenbildner Dirk Immich die zentrale Kulisse auf der Drehbühne montiert. So kann das Bild insgesamt 15 Mal wechseln, ohne dass die Aufführung auch nur eine Sekunde verliert. Vorne wird gespielt, hinten umgebaut.
Wie schnapp' ich mir einen Millionär
Im Strandhotel in Miami angekommen, lässt Sugars erhoffte Bekanntschaft mit schwerreichen, wenn auch greisen Millionären nicht lange auf sich warten. Dass es Sir Osgood (Hans B. Goetzfried) allerdings ausgerechnet auf Daphne abgesehen hat, war so nicht vorherzusehen. Josephine nutzt die Gelegenheit und wird wieder zu Joe, um sich als Erbe eines Ölkonzerns auszugeben und seine Beziehung zu Sugar aus anderer Perspektive zu vertiefen.
Um die Kussszene, die das Skript vorgibt, pandemiegerecht zu inszenieren, stellt Regisseur Wernecke einen Glasscheibe zwischen die beiden. Ein origineller Gag, der die Leidenschaft eher unterstreicht als sie zu stören. Ebenso wie beim Tango, mit dem Sir Osgood seiner begehrten Daphne wie ein liebestoller Stier nachstellt und von ihr in Torero-Manier auf Abstand gehalten wird.
Am Ende spürt Gamaschen-Colombo die beiden unliebsamen Zeugen zwar auf, wird aber – noch immer steppend – von seinen Kumpanen versehentlich ins Jenseits befördert. Inzwischen verlobt, offenbart Daphne Sir Osgood in letzter Sekunde ihre/seine wahre Identität. Der sieht gelassen darüber hinweg und spricht den berühmten Satz, der sogar auf Billy Wilders Grabstein einmeißelt steht: "Nobody's perfect."
Die Freude am Spielen
Die Freude der Akteure, nach der Absage der Frankenfestspiele 2020 und der erzwungenen Berufspause endlich wieder spielen zu dürfen, wird vom Premierenpublikum mit langem Applaus belohnt. Auch die Abstimmung mit der Band unter Leitung von Musikdirektor Rudi Hild ist meisterhaft. Schade nur, dass das Stück der herrlichen Gesangsstimme von Sugar Marie-Sophie Weidinger zu wenig Raum gibt und es der Verlag untersagt hat, weitere bekannte Songs einzuflechten. Doch auch dafür hat Lars Wernecke ein Rezept: "I wanna be loved by you" – das bekannteste Lied aus der Filmvorlage – gibt's als Zugabe. Am Ende dann doch noch fast perfekt.
Weitere Aufführungen bis zum 22. August. Infos und Karten unter www.frankenfestspiele.de und Tel. (09338) 9728-55.