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WÜRZBURG
Der Papstmaler und das Wagnis mit Jesus
Andachtsbild: Ein Bild des Barmherzigen nach einer Vision der heiligen Faustyna? Kein Thema für ihn, glaubte „Papstmaler“ Michael Triegel. Er hat es dann doch gemalt – für eine Würzburger Kirche.
Der Leipziger Künstler Michael Triegel in Sankt Peter und Paul
Foto: christine Jeske | Der Leipziger Künstler Michael Triegel in Sankt Peter und Paul
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:50 Uhr

Seine erste Antwort lautete: „Nein“. Michael Triegel wollte dieses Bild nicht malen „Ich dachte, das geht gar nicht“, erzählt der Leipziger Künstler – vor dem fertigen Gemälde des „Barmherzigen Christus“ in der Würzburger Kirche Sankt Peter und Paul.

Denn Triegel hat es sich doch anders überlegt und vor etwa einem Jahr den Auftrag angenommen. Seit dem Wochenende können Kirchenbesucher das Werk bewundern. Es ist eine Neuinterpretation. Vorlage sind die Angaben im Tagebuch der am 30. April 2000 durch Papst Johannes Paul II. heiliggesprochenen polnischen Schwester Maria Faustyna Kowalska.

Ist das Kitsch?

Das altbekannte Bild des polnischen Malers Adolf Hy³a wird oft als Kitsch bezeichnet – ganz absprechen kann man diese Einordnung nicht. Aber egal, ob als großes Wandposter oder als kleines Andachtsbild fürs Gebetsbuch, es zählt zu den beliebtesten Darstellungen von Jesus – und hat die Vorstellung von ihm nachhaltig geprägt. Wer sich ein Bild von Jesus macht, hat meist dieses vor Augen. Und nun hat sich ein bekannter zeitgenössischer Künstler, der seit seinen 2010 und 3013 vollendeten Porträts von Papst Benedikt XVI. auch „Papstmaler“ genannt wird, an dieses Werk gewagt.

Dompfarrer Jürgen Vorndran ist sich bewusst, dass das ein „äußerst riskantes Unternehmen“ war. „Das Angesicht des auferstandenen Jesu zu malen, hat lange kein Künstler mehr gewagt.“

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Pfarrvikar Christian Stadtmüller bezeichnet die Entstehung des Bildes als „Abenteuerroman“. Ihm ist es zu verdanken, dass Michael Triegels Bild nun in Sankt Peter und Paul hängt. Er hat den Künstler per E-Mail angefragt, dessen erste Absage kassiert, viel gebetet und Dompfarrer Vorndran gebeichtet, dass er überhaupt den Künstler gefragt hat. „Doch dann wuchs die ganze Sache wie ein kleines Baby“, sagt Stadtmüller und ist froh, dass die katholische Kirchenstiftung sich letztlich einstimmig für die Auftragsvergabe an den Leipziger Maler ausgesprochen hat.

Die Vision einer Heiligen

Das Bild beruht auf der Vision der heiligen Faustyna. Am 22. Februar 1931 erschien ihr Jesus in der Klosterzelle in P³ock, bekleidet mit einem weißen Gewand und seine Hand zum Segnen erhoben. „Von der Öffnung des Gewandes an der Brust gingen zwei große Strahlen aus, ein roter und ein blasser“, schreibt sie in ihrem Tagebuch. Jesus habe sie beauftragt, ein Bild zu malen, „nach dem, das du siehst“.

Und sie sollte darunter schreiben: „Jesus, ich vertraue auf Dich.“ Jesus wünschte sich zudem, so Schwester Faustyna, dass dieses Bild zuerst in der Kapelle der Kongregation und dann auf der ganzen Welt verehrt wird. Dies hat sich erfüllt.

Eine tödliche Krankheit

Michael Triegel hat sich in das Tagebuch der Heiligen vertieft. Schwester Faustyna war früh an Tuberkulose erkrankt und bereits im Alter von 33 Jahren am 5. Oktober 1938 gestorben. „Ich habe einen Schreck bekommen“, erzählt der Künstler, „was stimmt da, was hat sie projiziert in der Endphase ihrer Krankheit?“ Letztlich hat er sich darauf eingelassen. Triegel spricht von Herausforderung, von dem Sich-stellen-Können, von Gnade. Er sei nach Polen gefahren, habe die Zelle besucht, dort über Kopfhörer ihren Worten gelauscht.

Die altmeisterliche Technik Triegels braucht Zeit. Auch dies gab ihm die Möglichkeit, Zugang zu finden. „Künstlerische Arbeit ist ein Prozess.“ Nicht alles, was jetzt zu sehen ist, war von Anfang an so geplant. Etwa, dass er Jesus beim Eintreten in die Zelle zeigt. Deshalb hat er ihn in einen Holzrahmen gestellt. Das Schloss und die Türangeln sind beschädigt. „Die Tür zum Tod ist aufgebrochen“, sagt er dazu.

Jedes Bildelement erzählt eine Geschichte, so Triegel: Die Mohnblüte als Symbol für den Schlaf, die zarte Akelei, die den Steinboden durchbricht, steht für die Dreieinigkeit, der Schmetterling für die Auferstehung. Die Knicke im hellen Gewand sollen den Betrachtern vermitteln, dass der Auferstandene ihnen in einem irdischen Gewand entgegentritt.

Am meisten hat den Maler das Gesicht beschäftigt. Er hat es sich bis zum Schluss aufgehoben. Anfangs wollte er die Fläche freilassen oder sein Antlitz hinter dem Schweißtuch der Veronika verstecken – dem „Vera icon“, dem wahren Bild von Jesu. Doch nun glänzt sein Antlitz überirdisch, zeige aber auch einen gewissen Schmerz, so Triegel. Denn laut Schwester Faustyna ist es der Blick von Jesu am Kreuz.

Der Künstler wählte Goldgrund, für die Gesichtszüge Ei-Tempera, die er mit einem feinen Pinsel aufgetragen hat. „Ich kann einen Auftrag nur dann annehmen, wenn es etwas mit mir zu tun hat“, sagt Michael Triegel, „es muss mich berühren.“ Bei der Entstehung des Antlitzes habe viel Unbewusstes mitgespielt. „Es war ein langsames Herantasten, ein Prozess der Näherung“, so Triegel, „aber irgendwann muss man es laufen lassen, nicht intellektuell herangehen.“

Adolf Hy³as Interpretation
Foto: wiki | Adolf Hy³as Interpretation
Der Leipziger Künstler Michael Triegel in Sankt Peter und Paul
Foto: christine Jeske | Der Leipziger Künstler Michael Triegel in Sankt Peter und Paul
 
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