
Seit mehr als 20 Jahren gibt es auf dem Würzburger Schützenhof im Sommer Theater. Alles begann mit zwei Stücken von Thomas Heinemann und Frank-Markus Barwasser, anno 2000 dann präsentierten Birgit Süß, Heike Mix und Georg Koeniger dort ihre erste gemeinsame Musikkomödie und etablierten mit Veranstalter Sven Höhnke und dem Theater am Neunerplatz die Sommerspielstätte. Seit 2015 steht Martin Hanns mit auf der Bühne. Und die vier Akteure produzieren ihre Show inzwischen auch selbst. Produzieren heißt: Stück schreiben, spielen, organisieren, veranstalten, Buchhaltung machen . . . Und sich von Regisseurin Martina Esser sagen lassen, wie man ein Steckenpferd sattelt, sich Cowboy-gerecht duelliert wieso die Saloon-Tür knarzen muss. Denn: Yeah, Western! Bang, bang! Mit "Drei Schoppen für ein Halleluja" haben sich Süß, Hanns und Koeniger in diesem Jahr eine Wildwest-Komödie ausgedacht. Warum und wie? Fragen wir sie . . . Nur Martin Hanns ist nicht dabei, weil er gerade noch bei den Kinderfestspielen Giebelstadt spielt.
Frau Süß, Herr Koeniger, wer von Ihnen ist Cowboy-Fan?
Birgit Süß: Wir haben schon so viele verschiedene Genres am Schützenhof gemacht, wir haben Himmel und Hölle beschworen,Monster erschaffenund als Ritter auf der Bühne gekämpft. Nach 20 Jahren Theater am Schützenhof war es einfach an der Zeit für einen Western. Dazu muss man kein spezieller Cowboy-Fan sein.
Georg Koeniger: Der Titel „Drei Schoppen für ein Halleluja“ war relativ schnell gefunden. Ab da gab es kein Halten mehr.
Und dann haben Sie im Winter viele Cowboy-Filme geguckt?
Süß: Der eine guckt ein bisschen Western, der andere hört ein bisschen Cowboy-Musik, der dritte liest Karl May . . . und dann setzen wir uns zusammen und klabüstern uns lustige Geschichten aus, bis das Stück steht.
Viele Genres schon gemacht – aber lustig ist’s immer?
Süß: Ich geh’ davon aus.
Frau Esser, wann ist was lustig?
Martina Esser: Es gibt Komik, die aus dem Wortwitz entsteht. Es gibt Situationskomik. Und was für mich immer wichtig ist: die Komik aus einer Lebendigkeit, aus dem Spieltrieb. Mit intelligentem Witz in den Dialogen aus der Situation heraus.
Koeniger: Wenn man genau wüsste, was lustig ist, gäbe es wahrscheinlich Kabarett-Unis. Ich habe noch keine Produktion erlebt, bei der nicht ein Gag, den wir unheimlich lustig fanden, auf der Bühne gar nicht ankommt. Und bei einem Nebensatz, der gar nicht lustig gedacht war, liegt das Publikum brüllend auf dem Boden. Und man denkt: Hä, wieso das denn?
Süß: Ich hab immer so viele liebgewonnene Szenen, unabhängig vom Publikum. Wenn ich weiß, jetzt macht der Kollege das gleich, das gleich – haha, dann freu ich mich. Und dann freu ich mich, wenn das Publikum sich freut. Wir arbeiten wirklich hart an dem Zeug, auch wenn es auf der Bühne locker rüberkommt. Wir schreiben ab Februar, wir schreiben soooo viel (misst mit den Händen gut zehn Zentimeter ab), und am Ende bleibt so viel (ein Zentimeter noch zwischen Daumen und Zeigefinger). Aber wir hoffen, dass wir die tollsten Sachen drin haben. Wir haben Stammpublikum und Wiederholungstäter – die kommen, egal was das Stück ist. Schützenhof ist Garant für gute Laune. Was uns, puhh, in Zugzwang bringt.
Im Programmflyer versprechen Sie, hemmungslos von Kalauern und schlechten Witzen Gebrauch zu machen. Und Indianer vom Stamm der Ablachen sollen vorkommen. Okay, dann mal in kurz: Worum geht’s?
Süß: Sollen wir da so viel verraten? Ein Cowboy, ein Bösewicht, ein Sheriff, ein Schatz, Indianer. Ein Happy End.
Koeniger: Stimmt! Alles, was man an Klischees im Kopf hat, haben wir eingebaut. Wir versuchen das zu bedienen, aber auch zu brechen. Im Subtext geht’s auch schon mal um #metoo und Transgender-Themen. Und es gibt natürlich ein paar fränkische Elemente. Dazu Schießereien, Duelle, Trielle, großes Finale. Und viele, viele Songs.
Laut Programm Musik unter aller Kanone. . .
Süß: Und das sind bei weitem nicht nur Country-Songs. Wir haben Popsongs. Britney Spears. Und Elvis. Helene Fischer ist rausgeflogen.
Esser: Es ist erstaunlich, wie viele Bilder man gespeichert hat. Diese schwingende, knarzende Westerntür im Saloon, wenn der Bösewicht. . .
Koeniger: Das ist der Regisseurin sehr wichtig. Sie sagt: Stellt euch vor, die Tür knarzt. Die Tür muss knarzen.
Der größte Fehler, den man bei einem Sommertheater machen kann?
Süß: Der größte Fehler ist, wenn man denkt, das, was man macht, gilt als gesetzt. Wenn man denkt, wir können machen, was wir wollen, die Leute kommen eh. Schützenhof, das läuft, da nehmen wir mal ein bisschen aus dem Stück, die Szene aus dem Stück, den Song können wir noch mal singen. . . Ausruhen ist nicht, die Latte wird immer höher gesetzt! Wir wollen immer wieder ganz neu überraschen. Dass die Leute kommen und sagen (haut sich auf die Schenkel): Mensch! Wo habt Ihr denn diese Ideen schon wieder her?
Apropos. Wo haben Sie denn Ihre Ideen her?
Koeniger: Tja. Die fallen einem ein. Der Ausdruck „einfallen“ ist schon sehr passend. Die fallen irgendwie von oben herab.
Süß: Mir fallen sie nicht ein. Ich muss mich hinsetzen und muss schreiben. Und mich warm schreiben und schreiben und schreiben . . . und irgendwann entstehen lustige Dinge, auf die ich nicht gekommen wäre, wenn ich nicht angefangen hätte.

Wie wär’s ohne Regisseurin?
Süß: Dann wär’s nicht gut! Dann wäre es wie eine Lesung.
Esser: Es wäre kabarettistischer.
Süß: Es ginge nicht.
Koeniger: Bei mir wäre es sonst – Stand-up-Comedy und Pointe, Pointe, Pointe. Martina macht Theater daraus, sie fordert uns als Schauspieler und bricht eingefahrene Muster auf. Das ist mir manchmal sehr unangenehm, ich will das nicht.
Süß: Man muss bei ihr auch mal Sachen machen, die einem peinlich sind, die man nicht mag.
Koeniger: Aber das Ergebnis ist super!
Frage an die Regisseurin: Sind Sie streng?
Esser: Ähh. . .
Süß: Ja, schon e weng.
Koeniger: Jo!
Esser: Wenn ich was als richtig und wichtig erkannt habe und es geht immer wieder unter, versuche ich schon, es zu retten.
Was also ist das Richtige und Wichtige am Sommertheater?
Esser: Naja, wir machen ja nicht die „Räuber“. Ich finde es großartig, den Leuten ein wirkliches Vergnügen zu bereiten. Das Publikum soll jetzt nicht nur lachen, das ist es nicht. Das Tolle ist die Lebensfreude, die die Drei mitbringen. Diese Energie! Das ist eine ganz große Basis.
Und wie bringen Sie dann noch Franken in den Wilden Westen?
Süß: Och, das geht!
Koeniger: Das geht! Es spielt ja schon mal in Rotten Village. . .
. . . laut Programm einem halbverlassenen Goldgräberkaff. . .
Koeniger: . . . und der Quacksalber, der das Wundermittel bringt, ist zum Beispiel ein Franke, das kann man schon mal verraten.
Süß: Der ist übrigens ganz entfernt angelehnt an Franz Daniel Pastorius aus Sommerhausen, angeblich der erste Deutsche, der seinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hat. Pastorius begründete im 17. Jahrhundert die deutsche Überseewanderung. Das alleine ist schon eine geile Geschichte.
Apropos Duelle und Trielle. Sie alle schlüpfen in mehrere Rollen. Überleben alle?
Koeniger: Klar überleben alle! Es ist Comedy.