
Das beste ist der Name der Flurausstellung hinterm Fürstensaal der Würzburger Residenz: "Der Bischof zieht in die Stadt". Rund 30 Ausstellungsstücke erzählen vom Umzug des geistlich-weltlichen Unterfranken-Herrschers von der Festung Marienberg in den Neubau am Rand der mittelalterlichen Altstadt. Anlass für die kleine Schau: 1720 wurde der Grundstein für die Residenz gelegt, die Jubiläumsfeier 2020 coronabedingt verschoben. Jetzt eröffnete sie mit Grußworten des Präsidenten der Bayerischen Schlösserverwaltung, Bernd Schreiber, und des Generaldirektors der staatlichen Archive Bayerns, Bernhard Grau. Mitarbeiter des letzteren hatten "Der Bischof zieht in die Stadt" ausgerichtet.
Drei Amtsstubenporträts, Kopien von Plänen und Ansichten der Stadt und des Schlosses hängen einer Reihe von Vitrinen gegenüber, in denen aufgeschlagene Handschriftenbücher und einzelne Blätter liegen. Leichter als diese Federkiel-Dokumente lassen sich die Erklärtexte lesen, die denn auch üppig neben den Exponaten hängen. Und man muss sie auch lesen, um die Bedeutung der Ausstellungsstücke zu begreifen.
Die Rede zum Richtfest korrigierte der Bischof höchstpersönlich mit Bleistift
Nach einem solchen Kurzstudium betrachtet der Besucher die erwähnten Handschriftenkonvolute dann ehrfürchtiger. Denn nun weiß er, dass der Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn täglich mit seinen architektonischen Ratgebern in Bamberg und Wien korrespondierte, weswegen sein gebundener Briefwechsel denn auch ein beachtlich dickes Buch ergab. Gut auch die gedruckte Richtfestrede, in die der Herrscher höchstpersönlich mit Bleistift reinkorrigierte. Er hatte eine Menge Änderungen. Ein dritter Wälzer liegt just mit den Seiten aufgeschlagen, auf denen ein Kopist den Vertragstext mit dem Maler Giovanni Battista Tiepolo abschrieb, betreffs Fresko-Arbeiten am Neubau.

Auf den ersten Blick für jeden einleuchtend wirken eigentlich ausschließlich die Damast-Stoffproben für Messgewänder der Hofkirche, in denen sich der spätbarocke Prunk sozusagen streifenweise widerspiegelt. Alle anderen Exponate beeindrucken für sich allein kaum. Man muss sich Zeit für sie nehmen, dann gewinnen sie selbst zwar immer noch keinen großen unmittelbaren Schauwert.
Ein Abstecher in den Flur des Fürstensaal lohnt auf jeden Fall
Doch man sieht danach die umgebende Residenz mit neuen Augen. Es ist, wie die Eröffnungsrede von Generaldirektor Grau es mit Blick auf die Zukunft formulierte: Die Schätze des Staatsarchivs sollen weiter digitalisiert werden. Aber dann erscheint dem Nutzer jedes Digitalisat "isoliert für sich" – anders als man es im Kontext der weiteren Archiv-Umgebung sieht.
Wenn Graus örtlicher Staatsarchiv-Leiter Alexander Wolz die kleine Sammlungsauswahl als "phänomenal gelungene Darstellung dieses wunderbaren Gebäudes" bezeichnet, dann ist "phänomenal" eher nicht im Alltagssinn als "großartig" oder "glänzend" zu verstehen, sondern im philosophischen Denken, nach dem die Phänomene nichts für sich allein aussagen können, sondern immer nur im Zusammenhang mit dem Ganzen betrachtet. Also: Würzburger, die lange nicht in ihrer Residenz waren, sollten sie bis zum Ausstellungsende am 23. Januar mal wieder besuchen und dann einen Abstecher in den Fürstensaal-Flur machen.
Residenz Würzburg: Ausstellung "Der Bischof zieht in die Stadt", bis 23. Januar. Öffnungszeiten: Oktober täglich 9-18 Uhr, November bis März täglich 10-16.30 Uhr. Kostenlose Führungen durch die Ausstellung: 12. Oktober, 11 Uhr; 26. Oktober, 16 Uhr; 16. November, 11 Uhr; 30. November, 15 Uhr; am 14. Dezember, 11 Uhr.