Blumen gibt es hier viele. Sehr viele. "Blütenwellen und Kerzenzauber" überziehen die Beete zwischen Wörnitz- und Klingenweiherpark. Weich und fließend, mit zarten, eher kleinen Blüten in Weiß- und Blautönen ist die "Blütenwelle" am Wörnitzpark gestaltet. In Wassertrüdingen im Landkreis Ansbach findet in diesem Sommer die Bayerische Gartenschau statt. Heiter und hell wie eine fröhliche Blumenwiese sollen die Pflanzungen im Klingenweiherpark wirken, bei denen kräftiges Orange und Gelb dominieren. Mit voller Absicht: "Wir haben aus der Gartenschau in Würzburg gelerntund unser Blumenangebot noch mal verdoppelt", sagt Geschäftsführer Peter Schubert. Der typische Gartenschau-Besucher liebe Blumen einfach - und es können nicht zu viele sein.
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Wassertrüdingen ist mit 6066 Einwohnern der bislang kleinste bayerische Ort, der ein Großprojekt wie eine Gartenschau ausrichtet. Das Besondere: Auf dem 13 Hektar großen Gelände sind nicht nur zwei neue Parks entstanden. "Die gesamte Altstadt ist in die Gartenschau einbezogen", sagt Schubert. Schon jetzt bemerke er Veränderungen in der Kleinstadt: Der Leerstand nehme ab, die Bauplätze am Gelände seien begehrt. "Und viele Bürger nützen die Gartenschau, um ihre eigenen Anwesen zu renovieren oder aufzuhübschen", sagt Schubert.
6000 Dauerkarten sind verkauft, 150 Busse angemeldet, und über 10 000 Akteure werden bis Anfang September an den 108 Tagen auf der großen Bühne auftreten. Allein am ersten Wochenende kamen bereits 8000 Besucher. Die Veranstalter rechnen mit insgesamt 250.000 Besuchern.
Mühlbach und Wörnitz treffen aufeinander
Im Wörnitzpark, wo sich auch der Haupteingang befindet, begrüßen Sommerblumenbeete die Besucher. Dort befinden sich im Bereich "Garten- und Kulturschätze" die Hauptbühne sowie vielfältige gärtnerische Beiträge der Landschaftsbaubetriebe. In den Themengärten und im Infozentrum erhalten die Besucher Antworten auf Fragen rund um Pflanzenschutz, Pflanzenverwendung und Gartengestaltung. "Grundlage für die Landschaftsplanung auf diesem Areal war der Hochwasserschutz", erklärt der Geschäftsführer. "Die Landschaft und nicht eine unansehnliche Mauer soll die Bürger vor Wassermassen schützen." Mit dem Ergebnis ist Schubert mehr als zufrieden: "Das sieht ein bisschen aus wie an der Isar in München."
Auf der neu entstandenen Halbinsel warten nun eine großzügige Picknickwiese und ein Wasserspielplatz darauf, entdeckt und genutzt zu werden. Die historische Mühle am Weiher - ein besonderer Ort, an dem die Stadt in Landschaft übergeht - prägt den neuen Wörnitzpark mit. Um den Mühlenweiher herum sind kleine Plätze und Sitzstufen angelegt worden, das alte Sägewerk ist denkmalgerecht saniert. Dort wird es während der Gartenschau Kaffee, Kuchen und Snacks geben. Danach soll das Haus allen Bürgern offen stehen und für Partys und Familienfeste von der Stadt gemietet werden können.
An der Heubrücke treffen dann alt und neu, Stadt und Landschaft, Mühlbach und Wörnitz, Wege und Deich aufeinander. Der neue Aussichtspavillon auf dem Platz an der Brücke ist Blickfang und Wahrzeichen für den neuen Stadteingang. "Ein modernes Stadttor sozusagen", sagt Schubert.
Entlang der Wörnitz befinden sich am Geländer sechs ungewöhnliche Balkongärten, die Gärtnereien und Floristen aus der Umgebung gestalten. Sie präsentieren sich wie echte Balkone mit Töpfen und Kästen und haben mit 3,5 auf 2 Metern auch die typischen Maße. Hier finden Hobbygärtner jede Menge praktische Anregungen. "Auch das erwarten Besucher einer Gartenschau", sagt Robert Sitzmann, der zweite Geschäftsführer der Bayerischen Landesgartenschau GmbH. Sitzmann wirkte 2011 bereits an der kleinen Gartenschau in Kitzingen mit und war für die Gartenschau Alzenau 2015 verantwortlich. Die Landesgartenschau 2018 in Würzburg, bei der es auch viel Kritik von Seiten der Besucher gab, hat er aufmerksam verfolgt. "In kleinen Städten kann man meistens mehr bewirken und die Leute sind auch nicht so verwöhnt, was das Kulturprogramm angeht", ist Sitzmanns Erfahrung.
Nicht nur, dass die Besucher viele Blumen erwarten, haben die Gartenschau-Macher von der Resonanz auf die Würzburger LGS gelernt: Ein Shuttlebus bringt diejenigen Gäste, die nicht so viel laufen möchten, in Wassertrüdingen zum zweiten Park der Gartenschau, dem Klingenweiherpark. Direkt am Eingang befinden sich ein großer Erlebnisspielplatz und ein Gartenmarkt. Mittelpunkt der Anlage ist der fast ein Kilometer lange Weihersteig aus goldfarbenen Blechen, der sich durch den gesamten Landschaftspark schlängelt. Er beginnt an der Seerose am ersten Klingenweiher und endet am höchsten Punkt der Anlage, der Bergrose. Der markante Goldsteg führt durch weitgehend unberührte Natur: Hier sind Tümpel, Wiesen und Gebüsch erhalten geblieben und bieten Lebensraum für Insekten und Amphibien.
Entlang dem Weihersteg erfährt der Besucher beim Bienenhaus mit den Bienennährpflanzen Wissenswertes rund um die Insekten. Die angrenzende Streuobstwiese ist erweitert worden, der neue Mostpavillon in die Parkfläche eingebunden. Der Bund Naturschutz informiert dort - Motto "Sei kein Frosch - hilf den Fröschen" - über heimische Amphibien. "Damit ist ein neuer Park für die Wohngebiete geschaffen und gleichzeitig die städtische Deponie umgestaltet worden", sagt Geschäftsführer Schubert. Er ist stolz, dass alle Bauplätze dort mittlerweile verkauft sind. "Wir wollen noch mehr junge Familien nach Wassertrüdingen locken."
Fördermittel machten Umgestaltung möglich
Der goldene Steg endet auf einem kargen, steinigen Hügel: der ehemaligen Erddeponie. Die künstlich entstandene Erhöhung bietet jetzt einen wunderbaren Aussichtspunkt über das Gelände: "Hier schweifen die Blicke in alle Richtungen, der Hesselberg wirkt zum Greifen nah", sagt der Gartenschau-Geschäftsführer fast schwärmerisch.
Seit 40 Jahren gibt es Gartenschauen in Bayern. Meist tragen sie zur Stadtentwicklung bei. Im Falle von Wassertrüdingen stand der Schutz vor Hochwasser im Mittelpunkt. Die Gesamtkonzeption der Gartenschau beruht auf der Idee, die beiden großen Parkteile mit einem Weg durch die Innenstadt zu verbinden. Der Weg führt vom Wörnitzpark durch die Altstadt, vorbei an Fachwerkhäusern bis zum Klingenweiherpark und endet auf der Aussichtsplattform. "Ohne die Fördermittel vom Bayerischen Innenministerium, vom Bayerischen Umweltministerium sowie Zuschüssen von der Europäischen Union wäre ein Projekt dieser Größenordnung kaum realisierbar gewesen", sagt Schubert. 8,6 Millionen Euro wurden in die Schau investiert. Geplant wurde das Großprojekt vom Büro Planoramades Berliner Landschaftsarchitekten Maik Böhmer. "Für Wassertrüdingen ist die Gartenschau das größte Ereignis in seiner Geschichte."