In knapp fünf Wochen eröffnet am Würzburger Hubland die Landesgartenschau (LGS) 2018. Dann werden über eine Million Menschen auf dem ehemaligen US-Militärgelände in Würzburg erwartet. Es gibt Blumenschauen, Themengärten, Trends rund um Natur und Gartenkunst, Workshops, Konzerte und unzählige Veranstaltungen. Im Jahr 1990 war Würzburg bereits einmal Gastgeber einer Landesgartenschau. Dazu fanden drei kleine Gartenschauen in Unterfranken statt: in Arnstein (1997), Kitzingen (2011) und in Alzenau (2015). Was hat sich durch die Gartenschauen in diesen Städten verändert?
Stadt- und Landschaftsplaner arbeiten eng zusammen
„Eine Gartenschau hat einen Vorlauf von etwa zehn Jahren“, erklärt Claudia Knoll, Geschäftsführerin von der Bayerischen Landesgartenschau GmbH. Die Stadt muss sich im Vorfeld genau überlegen, welches Gelände zur Verfügung steht und wo zum Beispiel – wie aktuell in Würzburg – alte militärische Brachen in Grün umgewandelt werden können.
„Man holt sich Städte- und Landschaftsplaner ins Haus und alleine dieser Prozess bewirkt, dass man sich intensiv mit seiner Stadt auseinandersetzt.“ Hinzu komme der finanzielle Anreiz: „Die Städte bekommen im Moment viele Fördermittel“, sagt Knoll, die bereits acht Gartenschauen mitgestaltet hat. Nämlich 40 Prozent vom Freistaat Bayern und 40 Prozent von der EU. Etwa 20 Prozent der Kosten muss die Stadt selbst tragen.
1990 war Würzburg schon einmal Gastgeber einer Landesgartenschau, die im Würzburger Westen am Fuße des Marienberges stattfand. Städtebauliches Ziel war eine Verlängerung des Ringparks auch auf die Westseite des Mains und eine Aufwertung des Stadtteils Zellerau. Daher verläuft das Gelände der Landesgartenschau von der Friedensbrücke, vorbei am ehemaligen Nautiland-Bad bis zum Nordhang des Festungsberges.
„Wir waren sehr international, denn fast alle unserer Partnerstädte haben uns mit einem Beitrag unterstützt“, erinnert sich Winfried Dill, damaliger Geschäftsführer der Würzburger Landesgartenschau.
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Man hätte damals keine Kosten und Mühen gescheut: „Allein der Japanische Garten, der von dem japanischen Landschaftsarchitekt Professor Shiro Nakane gestaltet wurde, hat über eine Million D-Mark gekostet“, sagt Dill. Nakane stammt aus Würzburgs japanischer Partnerstadt Otsu. Für den schottischen Highland-Garten wurden Steine extra aus der schottischen Partnerstadt Dundee geholt.
Arbeiter aus Caen errichteten das normannische Landhaus. Die Partnerstadt Salamanca in Spanien machte durch einen „Angreifenden Stier“, den der Würzburger Künstler Reinhard Dachlauer gefertigt hat, auf sich aufmerksam. „Es war einfach großartig damals und alle Gärten und Bauten werden auch heute noch genutzt“, freut sich Dill.
Gartenschauen sollen dazu beitragen, in bayerischen Städten, Märkten und Gemeinden Grünzonen zu schaffen, zu gestalten und zu sichern und dadurch die Erholungsmöglichkeiten, das Stadtklima und die Lebensbedingungen für die heimische Pflanzen- und Tierwelt zu verbessern, so steht es in der Zielsetzung des Bayerischen Umweltministeriums. Umwelt- und Naturschutz, aber auch Landschaftspflege sollen dabei im Vordergrund stehen.
1999 hat sich Kitzingen um eine regionale Gartenschau beworben und 2003 den Zuschlag erhalten. 2011 fand dort eine kleine Gartenschau „Natur in der Stadt“ statt. „Seither hat sich das Bild der Stadt enorm verbessert“, sagt der Kitzinger Oberbürgermeister Siegfried Müller. Die ehemalige Garnisonsstadt ist grüner geworden und hat nachhaltig an Lebensqualität gewonnen. Im Mittelpunkt stand die Entwicklung der beiden Mainufer. „Das, was 2011 entstanden ist, kann sich heute noch sehen lassen“, sagt Müller. Über 80 Prozent der Gärten und Bauten werden noch genutzt. Ein Förderverein bespielt das Gelände immer noch mit Konzerten, veranstaltet dort musikalische Frühschoppen oder ein Gärtnerfest.
Die Spielplätze sind bei vielen Gartenschauen ein Höhepunkt
Besonders die liebevoll gestalteten Spielplätze seien nach wie vor ein Anziehungspunkt. 4,7 Millionen Euro für Baumaßnahmen und weitere 2,9 Millionen für die Durchführung wurden dazu in die Hand genommen. Die Gartenschau wurde mit insgesamt 2,1 Millionen Euro gefördert; hinzu kamen noch Einnahmen in Höhe von 2,4 Millionen Euro. Kitzingen freute sich über 315 000 Besucher: „Das waren mehr als wir erwartet hatten“, erklärt der Oberbürgermeister. „Ich kann jeder Stadt raten, eine Gartenschau zu veranstalten.“
Gartenschauen sind ein Tourismusmotor. Seit 1980 haben mehr als 22 Millionen Menschen die Landes- und Regionalgartenschauen in Bayern besucht. „Das Geld der Besucher bleibt in den Regionen. Gartenschauen schaffen einmalige Naturerlebnisse mitten in der Stadt und einen dauerhaften Mehrwert“, sagt die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf.
Durch die Landesgartenschauen soll laut Umweltministerium die Lebensqualität und das ökologische Klima in den Städten verbessert werden. In erster Linie gehe es aber um stadt- oder regionalpolitische Entwicklungsziele. „Daher werden Gartenschauen meist nicht in besonders schönen Landschaften platziert, sondern eher in Stadtteilen, die eine besondere Benachteiligung aufweisen“, erklärt Knoll. Die Gartenschauen sind darauf ausgerichtet, strukturfördernd zu wirken und zu helfen, städteplanerische Ziele zu verwirklichen.
Am Würzburger Hubland ist auf 28 Hektar eine große Grünanlage inmitten eines neuen Stadtteils entstanden. 30 000 Stauden, 3500 neue Bäume und 140 000 Blumen wurden dort schon gesetzt. Nichts ist dem Zufall überlassen, alles im Zeitplan. „Manchmal muss man Dinge auch durchboxen“, erklärt Claudia Knoll, die zusammen mit Klaus Heuberger das Führungsteam der diesjährigen Schau bildet. Claudia Knoll wurde von der Bayerischen Landesgartenschau GmbH entsandt. Klaus Heuberger ist Geschäftsführer seitens der Stadt Würzburg.
Die Investitionen, die im Rahmen der Landesgartenschauen getätigt werden, verhelfen dem Ort zu größerer und in der Regel auch bleibender Attraktivität. Landesgartenschauen sind auch Maßnahmen des Stadtmarketings, da sie als ein halbes Jahr dauernde Großveranstaltung auch den Bekanntheitsgrad einer Stadt vergrößern können.
Dennoch gibt es immer wieder Städte, die eine Landesgartenschau auch ablehnen. Die oberbayerische Kreisstadt Traunstein hat sich 2013 erstmals für die Landesgartenschau 2022 beworben. 2015 hat sie den Zuschlag erhalten, die nötige Betreibergesellschaft gegründet und ein Grobkonzept erstellt. „Es war eine sehr politische Diskussion“, erinnert sich Knoll. Ein Bürgerentscheid brachte 2016 das Aus für die Gartenschau in Traunstein. Auch Erlangen hat schon einmal eine Landesgartenschau abgelehnt. „Dabei ist die Situation städtebaulich durchaus verbesserungswürdig“, sagt Knoll.
Wie viele Bewerbungen es pro Jahr für eine Gartenschau gibt, möchte Knoll nicht sagen. Eine Zeit lang gab es tatsächlich weniger Bewerbungen, momentan stünden die Gartenschauen wieder hoch im Kurs. Auf Würzburg folgt Wassertrüdingen 2019, Ingolstadt dann 2020, 2021 Lindau am Bodensee, Freyung 2022 und eine grenzüberschreitende Sonder-Gartenschau in Selb und Asch 2023.
Für die Durchführung der Schauen wurde 1978 eine gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung der bayerischen Landesgartenschauen gegründet. Mit der veranstaltenden Kommune bildet die Gesellschaft eine Durchführungs-GmbH für die Konzeption, Vorbereitung und Durchführung der Gartenschau. „Damit werden auch die bisher gesammelten praktischen Erfahrungen jeweils wirksam eingebracht“, erklärt Claudia Knoll.
„Natur in Alzenau 2015“ hieß die kleine Gartenschau im Norden des unterfränkischen Landkreises Aschaffenburg. „Unsere Gartenschau war in zwei Teilbereiche, den Generationen- und den Energiepark gegliedert“, erklärt Michael Neumann, der damalige Geschäftsführer. Beide Parks werden auch heute noch rege genutzt, besonders die Spielplätze, die Boulebahn, die Kneippanlage und ein Biergarten. In dem heißen Sommer 2015 kamen 284 000 Besucher.
Weniger Besucher als erwartet
„Das waren weniger als wir erwartet hatten“, so Neumann. Kommunen, die mit Hilfe von EU- und Landesmitteln eine LGS realisieren, gehen ein kalkuliertes finanzielles Risiko ein. Während einige Landesgartenschauen mit einer „schwarzen Null“ oder sogar mit leichten Gewinnen abschlossen, überschritten andere ihren Etat und mussten nachträglich bezuschusst werden.
Wie nachhaltig Gartenschauen sein können, zeigt das Beispiel Arnstein im Landkreis Main-Spessart. Dort fand 1997 eine kleine Gartenschau „Natur in der Gemeinde“ statt. Höhepunkt war die Entstehung des Naturbadesees, der auch heute, mehr als 30 Jahre später, mit seinen Spielplätzen und Liegewiesen aus der kleinen Gemeinde nicht mehr wegzudenken ist. „Unser Naturbadesee ersetzt ein kostenintensives Freibad. Für den See brauchen wir keine Wasseraufbereitung, keine Technik und kein Personal“, sagt Roland Metz, ehemaliger Bürgermeister von Arnstein. Dazu ist damals ein Radwegenetz rund um die Gemeinde entstanden, das alle zwölf Ortsteile miteinander verbindet.
LGS soll Erholungsraum werden
Gartenschauen verbessern das örtliche und regionale Erholungsangebot, heben das „Freizeit-Image“ als bedeutsamen Standortfaktor einer Kommune und bringen einen „Image-Gewinn“ für die gesamte Region, so formuliert das Umweltministerium die Bedeutung der Gartenschauen. „Die Gartenschau in Arnstein war auch wirtschaftlich ein Erfolg“, erinnert sich der ehemalige Bürgermeister. Es kamen mehr Besucher als erwartet. „Die Gartenschau hat sich auf jeden Fall gelohnt.“
Insgesamt 2,5 Millionen Besucher zählte die LGS in Würzburg 1990 und stellte damit einen Besucherrekord auf. „Die Lage der Gartenschau am Fuße der Festung ist einmalig, so etwas findet man in ganz Bayern nicht mehr“, ist sich Winfried Dill sicher. „Die Neugier der Bevölkerung war groß, da Gartenschauen vor 27 Jahren noch nicht so häufig waren.“ Ein wichtiges Thema waren ökologische Innovationen. So wurden erste Solarzellen im Garten montiert, um Wasser vom Main in den Garten zu pumpen. Als Ausstellungsbeitrag des Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen wurde am Rande des Geländes die erste bayerische Umweltstation errichtet. „Das war eines der ersten Häuser mit einer Dachbegrünung zur Verbesserung der Wärmedämmung in Würzburg“, sagt Dill.
Die neue Garten-Serie – und Infos zur Landesgartenschau
Mit dem heutigen Beitrag startet unsere Frühjahresserie „Ab in den Garten“. Die Serie, die bis Mitte Mai zweimal in der Woche läuft, beschäftigt sich mit allen Themen rund um das Gärtnern. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihren Balkon bepflanzen können, stellen Ihnen einen Chili-Experten vor oder beschäftigen uns mit dem Thema „Urban Gardening“.
Immer wieder verweisen unsere Beiträge auf die Landesgartenschau, die in diesem Jahr am Würzburger Hubland stattfindet. Würzburg lädt zum zweiten Mal in seiner Geschichte von 12. April bis 7. Oktober 2018 zur Landesgartenschau ein.
Nur zwei Kilometer von der Innenstadt entfernt entsteht auf einer Hochfläche im Stadtteil Hubland in Augenhöhe mit der Festung Marienberg ein außerordentlicher Park, wie es ihn in Würzburg bisher noch nicht gegeben hat.
Die gärtnerischen Erlebniswelten werden florale Vielfalt präsentieren und ein attraktives Veranstaltungsprogramm mit vielen Höhepunkten für alle Altersgruppen. Die Gartenschau ist täglich ab 9 Uhr geöffnet. Die Kassen schließen um 18 Uhr. Weitere Informationen unter www.lgs2018-wuerzburg.de
Gartenschauen haben in Deutschland eine bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichende Tradition. Lange Zeit verstand man unter Gartenschauen kurzfristige Blumenschauen und gärtnerische Verkaufsausstellungen. Der Bau eines Erholungsparks war erstmals 1939 Hauptthema einer Reichsgartenschau. Damals wurde in Stuttgart aus einem Steinbruchgelände der Höhenpark Killesberg geschaffen. Die erste Gartenschau in Bayern fand mit Baden-Württemberg zusammen 1980 in Neu-Ulm und Ulm statt.
Die Blumenschauen fanden zunächst sehr unregelmäßig statt. Seit 1990 gibt es einen Zweijahresrhythmus und seit 1995 werden in den Jahren dazwischen Regionalgartenschauen durchgeführt: An den gerade Jahreszahlen findet eine große Gartenschau statt, an den ungeraden eine kleine Gartenschau mit Bezeichnung „Natur in der Stadt“. Bayern hat seit 1980 die Kommunen bei Gartenschauen mit 67 Millionen Euro unterstützt. Dabei wurden insgesamt rund 460 Hektar dauerhafte Grünflächen neu geschaffen – das entspricht 650 Fußballfeldern.
Der Freistaat fördert Gartenschauen durch das Bayerische Umweltministerium mit Zuschüssen zu den Investitionskosten der dauerhaft errichteten Anlagen mit einem Fördersatz von 50 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtkosten und bis zu einem Förderhöchstbetrag von derzeit 3,6 Millionen Euro für Landesgartenschauen und von 1,6 Millionen Euro für Regionalgartenschauen.
Zum 1. März 2018 sind neu gefasste Förderrichtlinien in Kraft getreten, die insbesondere für Gartenschauen ab dem Jahr 2022 wesentliche Änderungen bringen. So wird ab dem Jahr 2022 die Trennung zwischen Landes- und Regionalgartenschau aufgehoben. Unter der zentralen Marke „Bayerische Landesgartenschau“ wird es nur noch ein Format geben. Zudem wird die Förderung auf maximal fünf Millionen Euro angehoben.