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KARLSTADT
Ist ein Handy-Verbot "irrsinnig"?
Oberbürgermeister-Konferenz Ost tagt in Bautzen       -  Werden Handys zu Unterrichtszwecken verwendet, ist die Nutzung unumstritten.
Foto: Jens Kalaene, dpa | Werden Handys zu Unterrichtszwecken verwendet, ist die Nutzung unumstritten.
Moritz Baumann
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:38 Uhr

Der Wirbel am Johann-Schöner-Gymnasium (JSG) in Karlstadt um die Nutzung von Handys in der Mittagspause hat eine politische Debatte entfacht. Der SPD-Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal hat die bayerische Staatsregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert. „Wir reden über Digitalisierung und wir reden über Beteiligung. Ein solches Handyverbot erinnert mehr an Steinzeitpädagogik“, sagt Rosenthal auf Anfrage dieser Redaktion.

Am Gymnasium in Karlstadt war im vergangenen Jahr auf Initiative der Schülersprecher eine Smartphone-Regelung beschlossen worden, Schulforum und Lehrerkonferenz hatten zugestimmt. Demnach durften die Schüler in der Mittagspause in einem eingegrenzten Areal maximal eine Stunde lang ihre Handys nutzen.

Die neue Schulleitung hatte diese Regelung mit Beginn des neuen Schuljahres gekippt, weil sie nicht auf der rechtlichen Grundlage des bayerischen Erziehungs- und Unterrichtgesetzes stehe: „Die Schulleiter sämtlicher Schulen im Freistaat stehen hier ohne Wenn und Aber in der Pflicht“, schreibt JSG-Schulleiterin Jutta Merwald in einer Stellungnahme.

Was im Gesetz geregelt ist

Im Gesetz ist geregelt, dass auf dem Schulgelände Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten sind. Allerdings heißt es dort auch: „Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten.“ Auf Nachfrage ergänzt der bayerische Bildungs-Staatssekretär Georg Eisenreich (CSU): „Es können dabei auch angemessene Zeitfenster für die Nutzung außerhalb des Unterrichts beschlossen werden.“

Während sich Juristen für eine gesetzliche Neuregelung aussprechen, hält auch die Politik den Verbots-Paragrafen aus dem Gesetz für überholt. „Anstatt die Handynutzung zu verbieten, sollte man sie lehren“, sagt die für digitale Infrastruktur zuständige Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU). Es sei „völlig irrsinnig, eine analoge Betonmauer um die Schulhöfe zu bauen und ein Schild an das Tor zu hängen, auf dem steht: ,Kein Zutritt für die Lebensrealität'“, so die unterfränkische Bundestagsabgeordnete. „Das Smartphone als digitales Medium sollte ein Teil des Unterrichts werden und etwa bei der Vermittlung von Lerninhalten helfen und nicht verbannt werden.“

Das Digitalste an der Schule darf nicht die Pause sein“

Die gesetzliche Regelung „negiere die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen“, sagt Michael Piazolo, bildungspolitischer Sprecher der Freien Wähler. „Das Digitalste an der Schule darf nicht die Pause sein“, betont der FDP-Landesvorsitzende Daniel Föst, aus dessen Sicht das Verbot „völlig überzogen“ sei. Es könne nicht sein, dass Schüler für eine normale Handynutzung in der Pause zur Rechenschaft gezogen würden. „Schulen sollten keine generellen Handy-Verbotszonen sein“, sagt Peter Felser, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion und spricht sich für einen „Handy-Knigge“ aus.

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Ebenso hält Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina aus Kürnach (Lkr. Würzburg) ein generelles Handyverbot an Schulen „für sicher nicht mehr sinnvoll“. Ein Schulforum sei der richtige Ort, um eine Regelung für den Umgang mit Handys festzulegen. Die SPD-Landtagsabgeordnete Kathi Petersen (Schweinfurt) sagt, es sei sogar wünschenswert, „wenn sich Schulen eigenverantwortlich Gedanken bezüglich dem Umgang mit Handys machen. Das ist gelebte Demokratie“.

Ein Positionspapier gegen das Verbot

Es scheint bei dieser politischen Allianz nur eine Frage der Zeit, bis das Gesetz geändert wird. Nach Informationen dieser Redaktion haben sich auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband, der Landesschülerrat und der Bayerische Elternverband in einem gemeinsamen Positionspapier gegen das Verbot ausgesprochen. (Mitarbeit: Achim Muth)

 
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  • barbaraweisshaar
    Soweit ich das von außen beurteilen kann, geht es bei dem Konflikt zwischen neuer Schulleitung und Schulforum gar nicht so sehr um die Handynutzung an sich, sondern mehr um die Art und Weise, wie die Regelung ohne weiteren Austausch gekippt wurde. Sicher haben SMV, Elternbeirat und Lehrervertretung im letzten Schuljahr nicht ohne intensive Gespräche und Beschäftigung mit der Thematik zu dieser Lösung gefunden. Warum war es der neuen Schulleitung nicht möglich, hier noch einmal das Gespräch zu suchen? Die Idee, dass an Schulen Entscheidungen auch in Absprache mit allen Beteiligten gefällt werden, ist doch durchaus gewünscht - so sieht es aber wieder sehr nach "Pseudodemokratie" aus. Mitbestimmung ja, aber nur wenn es um Würstchenverkauf oder Weihnachtsbasar geht?
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  • postmutti
    Die Reaktion der Schulleitung ist völlig in Ordnung! Bleiben sie bei ihrem Standpunkt! Diese Angelegenheit muss normal gar nicht so aufgebauscht werden: Ist es denn nicht schön, wenn die Jugendlichen sich mal nicht mit ihrem Smartphone beschäftigen, sondern sich mal mit ihrem Gegenüber unterhalten. Darüber sollte mal nachgedacht werden! Darüber nachdenken, wie weit wir in unserer Gesellschaft oft sprachlos sind!
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  • semistar
    Smartphonenutzung sollte restriktiv gehandhabt werden. Und nur weil es inzwischen "Lebensrealität" ist, wie Frau Bär sagt, hat sie damit noch lang keine Legitimation. Das Rauchen war auch Jahrhunderte lang "Lebensrealität", doch inzwischen wird es fast nirgendwo mehr geduldet. Auch da sollten wir mit Smartphones hinkommen. Beim Autofahren, in der Kirche, in der Schule usw. sollte es ungehörig sein, das Smartphone zu zücken. Hier muss sich in den Hirnen der Menschen ein gesamtgesellschaftlicher Kodex manifestieren, wie es beim Rauchen auch geklappt hat (und ich mir ihn auch beim Tragen von Kopftüchern wünschen würde).
    Viele Menschen sind zudem wie ich der Meinung, dass Digitalisierung und Smarthphone die Hauptschuld an immer mehr psychischen Erkrankungen haben und in der Folge davon auch zunehmenden Amokläufen bzw. Terroranschlägen.
    Die "Lebensrealität" Smartphone einzuschränken tut also mindestens genauso gut, wie auf die Zigarette zu verzichten.
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  • jebusara@web.de
    Das Gesetz besagt ganz deutlich, wie mit Handys zu verfahren ist. Das Verbot ist rechtens und wäre es nicht in der MP hochgepuscht worden würden kein Hahn danach krähen! Zumal es nicht einmal von öffentlichem Interesse ist ob an einer (bestimmten) Schule Handys erlaubt sind oder nicht.
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  • juergen@musik-dotzauer.de
    Was uns unsere "Große", die aufs JSG geht, erzählt, ist die Darstellung von Eklat und Wirbel völlig überzogen. Obwohl letzte Woche Elternabend war, haben wir Eltern bisher davon überhaupt nichts mitbekommen. Für die Schüler die ich aus der Oberstufe gesprochen habe ist die Regelung von Frau Merwald völlig ok. Also viel heiße Luft.
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  • Daharo
    Das treffendste Wort im gesamten Zusammenhang ist "Lebensrealität". Diese wird unseren Kindern in der Schule m.E. immer noch zu wenig vermittelt, stattdessen werden stur Lehr- (oder besser: LEER-)Pläne durchgepeitscht, deren inhaltliche Gestaltung möglicherweise vor 30 Jahren aktuell war.

    Seltsam, ich kenne Frau Merwald als äußerst aufgeschlossene und engagierte Pädagogin, das ganze Verhalten (Absage der Begrüßungszeremonie / hau-drauf-Abschaffung der bisherigen Regelung) passt nicht zu diesem Bild.

    Zur Handy-Nutzung an sich: ich bin froh, dass unsere Kinder dank WhatsApp mit ihren Freunden Nachrichten austauschen, denn dadurch üben sie das schreiben und - wenn die Diktierfunktion helfen soll - das deutliche sprechen. Beides Faktoren, die bei vielen Jugendlichen heutzutage unterentwickelt, aber im (beruflichen) Alltag von großer Bedeutung sind. Einen Mangel an persönlichem Kontakt mit ihren Freunden konnten wir bei unserer Tochter jedenfalls nicht feststellen...
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  • mpl
    Frau Merwald sah ganz offensichtlich keine andere Möglichkeit als ein generelles Verbot. Wohingegen sogar der zuständige Staatssekretär begrenzte Ausnahmen als legitim bestätigt.

    Was mich dabei enorm stört ist das Verhalten der Schulleitung, den für sie scheinbar einfachsten und ungefährlichsten Weg zu gehen. Einfach das Gesetz für die Schüler so restriktiv wie möglich auslegen. Kein Blick links, kein Blick rechts. Keine Bereitschaft, sich für die Interessen der Schüler einzusetzen - falls es sein muss, auch mal gegen ministeriale Widerstände.

    In diesem Fall hätte eine qualifizierte Rückfrage der Schulleitung beim Kultusministerium vollkommen gereicht.

    Aber das war anscheinend schon zu viel der Mühe. Also hat man den Schülern die Fortsetzung einer bewährten Regelung faktisch grundlos verweigert. Ob aus Angst oder aus Bequemlichkeit spielt hier keine Rolle. Es ist so oder so einfach kein guter Stil!

    Eine Schulleitung sollte in erster Line die Interessen ihrer Schüler vertreten!
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  • timmo24
    Ich würde Ihnen empfehlen die Artikel über Karlstadt erneut zu lesen: Frau Merwald kontaktierte mehrmals das Kultusministerium, um zu erfahren ob eine solche Handyregelung an einem Gymnasium erlaubt sei. Von der Rechtsabteilung jedoch hieß es, dass diese Regelung „zu weitgehend“ und mit dem BayEUG „nicht vereinbar“ sei. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Artikels „Kippt das Handy-Verbot?“ Ich selbst kenne Frau Merwald als sehr nette Lehrerin, die niemals etwas tun würde, das nicht ohne uns Schüler abgesprochen war. Also bitte erst genau lesen, bevor man dann falsche Kommentare abgibt. Sowas regt mich auf!
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Ein Handy hat in den Pausenzeiten nichts verloren. Die Pause dient in der Schule der Erholung und ist zum Abschalten gedacht. Für die Vermittlung von Digitalisierung und Medienkompetenz in der Schule ist ein Handy in der Pause auch nicht erforderlich. Nach der Schule kann dann wieder auf allen Kanälen kommuniziert werden. Dass man das Handy z.B. in den Unterricht mit einbindet um beispielsweise Physik oder Mathe Apps zu nutzen oder ggf. zu programmieren halte ich hier in der Diskussion für viel wichtiger. Sprachliche Apps können im Unterricht auch ggf. gelegentlich genutzt werden. Unsere Kinder verlernen auf der einen Seite die zwischenmenschlichen Diskussionen und lernen auf der anderen Seite nicht das Handy effektiver für das Lernen zu nutzen. Das sollte intensiver diskutiert werden anstelle von WhatsApp Youtube und Facebook in den Schulpausen. Denn dies sind bei vielen Jugendlichen leider die am meisten genutzten Apps.
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  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
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  • tommy33
    In der Vergangenheit war nicht alles schlecht!
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  • Erding
    Danke für den Hinweis. Haben wir entfernt.
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  • mpl
    Als Erziehungsberechtigter habe ich überhaut gar kein Problem damit, falls der Nachwuchs in der Mittagspause zeitlich begrenzt sein Handy benutzt. Und ich finde, weder das Kultusministerium, noch die Schule sollten das Recht dazu einschränken (dürfen).

    Falls Sie das für Ihre Kinder nicht möchten, können Sie ja ein Verbot für Ihre(!) Kinder aussprechen. Oder Ihren Kindern kein Handy zur Verfügung stellen. Oder die Mitnahme in die Schule verbieten. Oder die Nutzungszeiten technisch einschränken. Die Liste der individuellen Möglichkeiten ist lang, eine kollektive gesetzliche Regelung daher vollkommen unnötig.

    Der Ruf nach einem pauschalen gesetzlichen Verbot erscheint mir reaktionär.
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