Der Wirbel am Johann-Schöner-Gymnasium (JSG) in Karlstadt um die Nutzung von Handys in der Mittagspause hat eine politische Debatte entfacht. Der SPD-Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal hat die bayerische Staatsregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert. „Wir reden über Digitalisierung und wir reden über Beteiligung. Ein solches Handyverbot erinnert mehr an Steinzeitpädagogik“, sagt Rosenthal auf Anfrage dieser Redaktion.
Am Gymnasium in Karlstadt war im vergangenen Jahr auf Initiative der Schülersprecher eine Smartphone-Regelung beschlossen worden, Schulforum und Lehrerkonferenz hatten zugestimmt. Demnach durften die Schüler in der Mittagspause in einem eingegrenzten Areal maximal eine Stunde lang ihre Handys nutzen.
Die neue Schulleitung hatte diese Regelung mit Beginn des neuen Schuljahres gekippt, weil sie nicht auf der rechtlichen Grundlage des bayerischen Erziehungs- und Unterrichtgesetzes stehe: „Die Schulleiter sämtlicher Schulen im Freistaat stehen hier ohne Wenn und Aber in der Pflicht“, schreibt JSG-Schulleiterin Jutta Merwald in einer Stellungnahme.
Was im Gesetz geregelt ist
Im Gesetz ist geregelt, dass auf dem Schulgelände Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten sind. Allerdings heißt es dort auch: „Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten.“ Auf Nachfrage ergänzt der bayerische Bildungs-Staatssekretär Georg Eisenreich (CSU): „Es können dabei auch angemessene Zeitfenster für die Nutzung außerhalb des Unterrichts beschlossen werden.“
Während sich Juristen für eine gesetzliche Neuregelung aussprechen, hält auch die Politik den Verbots-Paragrafen aus dem Gesetz für überholt. „Anstatt die Handynutzung zu verbieten, sollte man sie lehren“, sagt die für digitale Infrastruktur zuständige Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU). Es sei „völlig irrsinnig, eine analoge Betonmauer um die Schulhöfe zu bauen und ein Schild an das Tor zu hängen, auf dem steht: ,Kein Zutritt für die Lebensrealität'“, so die unterfränkische Bundestagsabgeordnete. „Das Smartphone als digitales Medium sollte ein Teil des Unterrichts werden und etwa bei der Vermittlung von Lerninhalten helfen und nicht verbannt werden.“
Das Digitalste an der Schule darf nicht die Pause sein“
Die gesetzliche Regelung „negiere die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen“, sagt Michael Piazolo, bildungspolitischer Sprecher der Freien Wähler. „Das Digitalste an der Schule darf nicht die Pause sein“, betont der FDP-Landesvorsitzende Daniel Föst, aus dessen Sicht das Verbot „völlig überzogen“ sei. Es könne nicht sein, dass Schüler für eine normale Handynutzung in der Pause zur Rechenschaft gezogen würden. „Schulen sollten keine generellen Handy-Verbotszonen sein“, sagt Peter Felser, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion und spricht sich für einen „Handy-Knigge“ aus.
Ebenso hält Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina aus Kürnach (Lkr. Würzburg) ein generelles Handyverbot an Schulen „für sicher nicht mehr sinnvoll“. Ein Schulforum sei der richtige Ort, um eine Regelung für den Umgang mit Handys festzulegen. Die SPD-Landtagsabgeordnete Kathi Petersen (Schweinfurt) sagt, es sei sogar wünschenswert, „wenn sich Schulen eigenverantwortlich Gedanken bezüglich dem Umgang mit Handys machen. Das ist gelebte Demokratie“.
Ein Positionspapier gegen das Verbot
Es scheint bei dieser politischen Allianz nur eine Frage der Zeit, bis das Gesetz geändert wird. Nach Informationen dieser Redaktion haben sich auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband, der Landesschülerrat und der Bayerische Elternverband in einem gemeinsamen Positionspapier gegen das Verbot ausgesprochen. (Mitarbeit: Achim Muth)
Viele Menschen sind zudem wie ich der Meinung, dass Digitalisierung und Smarthphone die Hauptschuld an immer mehr psychischen Erkrankungen haben und in der Folge davon auch zunehmenden Amokläufen bzw. Terroranschlägen.
Die "Lebensrealität" Smartphone einzuschränken tut also mindestens genauso gut, wie auf die Zigarette zu verzichten.
Seltsam, ich kenne Frau Merwald als äußerst aufgeschlossene und engagierte Pädagogin, das ganze Verhalten (Absage der Begrüßungszeremonie / hau-drauf-Abschaffung der bisherigen Regelung) passt nicht zu diesem Bild.
Zur Handy-Nutzung an sich: ich bin froh, dass unsere Kinder dank WhatsApp mit ihren Freunden Nachrichten austauschen, denn dadurch üben sie das schreiben und - wenn die Diktierfunktion helfen soll - das deutliche sprechen. Beides Faktoren, die bei vielen Jugendlichen heutzutage unterentwickelt, aber im (beruflichen) Alltag von großer Bedeutung sind. Einen Mangel an persönlichem Kontakt mit ihren Freunden konnten wir bei unserer Tochter jedenfalls nicht feststellen...
Was mich dabei enorm stört ist das Verhalten der Schulleitung, den für sie scheinbar einfachsten und ungefährlichsten Weg zu gehen. Einfach das Gesetz für die Schüler so restriktiv wie möglich auslegen. Kein Blick links, kein Blick rechts. Keine Bereitschaft, sich für die Interessen der Schüler einzusetzen - falls es sein muss, auch mal gegen ministeriale Widerstände.
In diesem Fall hätte eine qualifizierte Rückfrage der Schulleitung beim Kultusministerium vollkommen gereicht.
Aber das war anscheinend schon zu viel der Mühe. Also hat man den Schülern die Fortsetzung einer bewährten Regelung faktisch grundlos verweigert. Ob aus Angst oder aus Bequemlichkeit spielt hier keine Rolle. Es ist so oder so einfach kein guter Stil!
Eine Schulleitung sollte in erster Line die Interessen ihrer Schüler vertreten!
Falls Sie das für Ihre Kinder nicht möchten, können Sie ja ein Verbot für Ihre(!) Kinder aussprechen. Oder Ihren Kindern kein Handy zur Verfügung stellen. Oder die Mitnahme in die Schule verbieten. Oder die Nutzungszeiten technisch einschränken. Die Liste der individuellen Möglichkeiten ist lang, eine kollektive gesetzliche Regelung daher vollkommen unnötig.
Der Ruf nach einem pauschalen gesetzlichen Verbot erscheint mir reaktionär.