Der Beruf der Hebamme ändert sich grundlegend. Das hat spürbare Folgen auch in Bayern und der Region. Doch die Zahl der Hebammen ist im Freistaat nicht rückläufig, sondern sogar leicht steigend. Darauf verweist Astrid Giesen, Landeschefin vom Bayerischen Hebammen Landesverband. Ihrer Einschätzung nach ist das Problem nicht die Zahl der Hebammen, sondern es sind die veränderten Arbeitsbedingungen, die dazu führten, dass immer mehr Hebammen weniger Leistungen anbieten.
Etwa 2950 Hebammen zählt der Landesverband in Bayern. Viele von ihnen haben selbst Familie und arbeiten lediglich in Teilzeit auf 450-Euro-Basis, erklärt Giesen. Sie nennt vor allem die „Arbeitsverdichtung“ als Belastung. Das heißt, dass immer öfter nicht die Geburtshilfe im Mittelpunkt stünde, sondern etwa Dokumentationsarbeit.
Mehrere Tausend Euro nur für eine Haftpflichtversicherung
Bestätigen kann das Kathrin Fleischmann, Hebamme und Sprecherin für den Kreis Würzburg-Land: „Ein Großteil der Arbeit findet oft gar nicht an der Frau selbst statt, sondern umfasst die zusätzliche Arbeit wie die Dokumentationspflicht.“ Belastend seien auch die stark gestiegenen Haftpflichtversicherungsprämien. In den vergangenen Jahren haben sich die Prämien mehr als verzehnfacht, heute müssen freiberufliche Hebammen mehrere Tausend Euro nur für ihre Haftpflichtversicherung zahlen.
„Die Kosten steigen immer mehr, die Gehälter aber nicht“, sagt Fleischmann. Die 36-Jährige ist seit über zehn Jahren als Hebamme tätig und gründete gemeinsam mit Kolleginnen „mainGeburtshaus“ in Würzburg. Als freiberufliche Hebamme, die Geburtshilfe anbietet, sei es für sie einfach immer schwieriger geworden. Deshalb habe sie sich dazu entschlossen in einem Team zu arbeiten, das heute aus sieben Hebammen besteht. Der Vorteil: Man teilt sich die Räume und die hohen Kosten, kann Fachwissen jederzeit austauschen und sich gegenseitig vertreten.
Hohes Risiko bei Hausgeburten
Generell, so Fleischmann, ziehen sich viele Hebammen von der Geburtshilfe und der Betreuung von Hausgeburten zurück und betreuen stattdessen Mütter nur noch vor und nach der Geburt. Denn das Risiko ist hoch: Im Schadensfall wird die Hebamme haftbar gemacht, möglicherweise strafrechtlich verfolgt. Der Deutsche Hebammenverband weist allerdings daraufhin, dass die Haftpflichtprämien nicht etwa nach oben klettern, weil es mehr Schadensfälle gebe.
Die Probleme, die den Beruf erschweren, kennt auch Ramona Kühlmann, leitende Hebamme der Geburtshilfe des Leopoldina Krankenhauses Schweinfurt. Seitdem sich die Mehrzahl der Hebammen des Leopoldina jedoch für ein freiberufliches Arbeitsverhältnis entschieden haben, sei vieles leichter: An die Klinik sind sie nach wie vor angebunden, das Team könne sich allerdings selbst organisieren, mehr Hebammen einstellen und auch die Bezahlung sei nun besser. Was Einzelkämpfern in dem Beruf oft das Genick bricht, ist laut Kühlmann dank ihres 22-köpfigen Teams kein Problem: eine angemessene und individuelle Betreuung vieler Mütter.
Wertet eine Akademisierung den Beruf auf?
Stärker als früher müssen Hebammen nach Ansicht der Verbandsvorsitzenden Giesen wissenschaftlich fundiert handeln. Daher sieht sie die geplante Akademisierung des Berufs als große Chance, um den Beruf mit einem Studium aufzuwerten. Laut Giesen sei Deutschland in Europa ein Schlusslicht, denn in fast allen anderen Ländern sei der Beruf der Hebamme bereits mit einem Studium verbunden.
Die Studienmöglichkeiten für Hebammen haben sich in Deutschland seit einigen Jahren erweitert. An rund zehn Studienorten gibt es Bachelorstudiengänge, wie zum Beispiel an der Hochschule Fulda. Am Leopoldina Krankenhaus arbeiten laut Kühlmann bereits einige Hebammen mit akademischem Hintergrund. In der Freiberuflichkeit mache das allerdings, so die Hebammen-Leiterin, leider von der Bezahlung her oft keinen Unterschied.