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München
Minister Sibler: "Wir müssen das Virus verstehen, um es zu besiegen"
Eine Feldstudie mit 3000 Münchner Familien soll schnell bessere Erkenntnisse über das Corona-Virus bringen. Auch Ministerpräsident Söder hofft auf den Rat der Experten.
Bayerns Politik sucht den Rat von Experten: Wissenschaftsminister Bernd Sibler und Ministerpräsident Markus Söder (Mitte, beide CSU) mit der Virologin Prof. Ulrike Protzer (rechts) und dem Tropenmediziner Prof. Michael Hoelscher.
Foto: Peter Kneffel, dpa | Bayerns Politik sucht den Rat von Experten: Wissenschaftsminister Bernd Sibler und Ministerpräsident Markus Söder (Mitte, beide CSU) mit der Virologin Prof. Ulrike Protzer (rechts) und dem Tropenmediziner Prof.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:43 Uhr

Die Bayerische Staatsregierung will mit Hilfe der Wissenschaft schnell bessere Erkenntnisse über die Verbreitung des Corona-Virus gewinnen. Fakten seien gerade in der aktuell sehr emotionalen Situation auch für politische Entscheidungen wichtig, sagte Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU): "Wir müssen das Virus in seiner Verbreitung verstehen, damit wir es besiegen können."

Zu diesem Zweck soll etwa ein aus 50 Medizinern und 70 Studenten bestehendes Forscher-Team um den Münchner Tropenmediziner Prof. Michael Hoelscher in 3000 stichprobenartig ausgewählten Münchner Haushalten vorerst ein Jahr lang die Ausbreitung von Corona-Viren erforschen.

Experte: Dunkelziffer für unentdeckt Infizierte liegt bei bis zu zehn Prozent

Bislang fehle es vor allem an verlässlichen Daten über die tatsächliche Zahl der Infizierten: So deute allen die Auswertung der bisherigen Corona-Tests im Münchner Tropeninstitut darauf hin, dass die Dunkelziffer der unentdeckt Infizierten ohne Symptome "zwischen einem und zehn Prozent der Bevölkerung liegen könnte", so Hoelscher. Bessere Erkenntnisse darüber, wie sich das Virus tatsächlich in der Bevölkerung ausgebreitet hat, könnten auch politische Entscheidungen beeinflussen. "Unsere Untersuchung wird hier wichtige Antworten geben", hofft Hoelscher.

Die Münchner Studie knüpft an ein vergleichbares Projekt des Bonner Virologen Hendrik Streeck im Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen an. Dort war das Virus nach einer Karnevalssitzung Ende Februar massiv aufgetreten. Während in Heinsberg oder auch im oberpfälzischen Landkreis Tirschenreuth nach einem Starkbier-Fest einzelne Großveranstaltungen als Auslöser der Infektionswelle gelten, gebe es in einer Großstadt wie München viele unabhängige Ausgangspunkte der Infektion, erklärt Hoelscher. Um Verbreitungswege und Ansteckungsketten besser zu verstehen und die weitere Ausbreitung besser eindämmen zu können, seien deshalb viele unterschiedliche Studien nötig. Ein Austausch der Ergebnisse müsse gar weltweit erfolgen, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, fordert Hoelscher.

"Durchhalten lohnt sich, nicht zu früh aufgeben – gerade auch an Ostern."
Ministerpräsident Söder fordert die Schutzmaßnahmen weiter einzuhalten

"Wir brauchen dringend wissenschaftliche Erkenntnisse, um das Problem dauerhaft zu steuern", verlangt auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Kurzfristig müsse aber an den geltenden Einschränkungen konsequent festgehalten werden. So habe sich die Verdoppelung der Zahl der Infizierten in Bayern von zunächst 2,5 Tagen durch die Einschränkungen bereits auf gut sechs Tage gestreckt: "Durchhalten lohnt sich, nicht zu früh aufgeben – gerade auch an Ostern", fordert Söder deshalb.

Noch immer steckt jeder Infiziere mehr als zwei weitere Personen an

Auch die Münchner Virologie-Professorin Ulrike Protzer, die Söder zusammen mit anderen Fachleuten künftig in einem "Expertenrat" beraten soll, sieht noch keinen Grund zur Lockerung der Maßnahmen: Noch immer stecke jeder Corona-Infizierte in Bayern rechnerisch mehr als zwei weitere Personen an. Ohne die massiven Einschränkungen wären zudem bis zu eine Million Tote in Deutschland möglich gewesen, glaubt die Medizinerin. Wenn man die nun gewonnene Zeit effektiv nutze, könne man diese Zahl "hoffentlich unter 20 000 senken", sagte Protzer.

 
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  • Arcus
    Gott sie Dank wird wird jetzt endlich auch in Bayern stärker die Wissenschaft in die Erforschung der Verbreitung des Coronavirus mit einbezogen.
    Denn wir wissen noch wenig. Alleine die Einschätzung der Dunkelziffer variiert unter den Fachleuten extrem stark.
    Und Bayern hat einen ganz besonderen Grund zu forschen. Bei der Verdopplungszeit im Freistaat und der Reproduktionszahl schneidet Bayern von allen Bundesländern am schlechtesten ab.
    Vermutlich ist ein Grund, dass die bayrische Staatsregierung halt doch nicht so toll ist, wie besonders Söder das im alkoholgeschwängerten Bierzelt, immer gerne darstellt.
    Vermutlich spielen aber auch noch andere, möglicherweise ganz banale Gründe, eine Rolle die wir noch nicht kennen.
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Die Daten sind zwar sicher interessant

    nützen aber bzgl. des "öffentlichen Lebens" nur eingeschränkt.

    Wichtig wäre mMn, so schnell wie möglich mit "vernünftigen" Tests alle zu erfassen und positiv getestete Personen sofort in strikte Quarantäne zu schicken, um die Ansteckungskette durch unerkannt Infizierte zu unterbrechen.

    Alles andere bliebe (bestenfalls) Stückwerk und würde das Restrisiko für Mitglieder der am meisten gefährdeten Personengruppen nicht nur unnötig, sondern unverantwortlich erhöhen.

    Warum funktioniert sowas z. B. in Südkorea und bei uns redet nicht mal jemand davon (s.
    https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-suedkorea-111.html
    )?!

    Geht es uns noch zu gut oder wie?

    (Sorry, aber diese Frage stellt sich mir unweigerlich...)
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