Vor allem Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wollen sie „auf die Pelle rücken“. Dazu starteten sie am Dienstag eine Dauerkundgebung vor dessen Wahlkreisbüro im fränkischen Neustadt/Aisch. Der Verband wirft Schmidt eine „Verweigerungshaltung“ bei dringend notwendigen „Marktanpassungsmaßnahmen“ vor. An einer Auftaktkundgebung nahmen nach Polizeiangaben rund 300 Milchviehhalter teil. Etliche Bauern rückten dabei mit Traktoren an. Auf Transparenten hieß es unter anderem „Milchpreis nach Maß – nicht maßlos“ und „Mengen müssen runter“.
Nach Angaben des regionalen BDM-Teamleiters Peter Meyer wollen bis zum 30. Mai zwischen drei und fünf Milchbauern vor dem Wahlkreisbüro für eine Lösung in der Milchpreisfrage demonstrieren. Beteiligen daran würden sich wechselnde Abordnungen aus ganz Deutschland. Die Nächte verbringen die Protestierenden in einem vor dem Büro aufgestellten Wohnwagen.
Tagsüber wollten sie mit einer Milchkuh durch Neustadt/Aisch ziehen, um Bürgern klarzumachen: „Schaut her, Euer Abgeordneter kommt seiner Pflicht nicht nach, Schaden von den Bauern abzuwenden“, betonte BDM-Sprecher Hans Foldenauer. So widersetze sich Schmidt standhaft der Landwirte-Forderung nach Ausgleichsmittel, mit denen Landwirte dazu veranlasst werden könnten, die Milchanlieferung zu reduzieren. Stattdessen setze Schmidt auf Bankbürgschaften.
Keine 20 Cent pro Liter Frischmilch – auch Europas Agrarminister befassten sich mit der Hiobsbotschaft aus Deutschland. Das ist so wenig wie nie zuvor. Die Folge: Seit Beginn der Milchpreis-Krise mussten nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) rund 4000 Höfe aufgeben. Etwa 75 000 Betriebe produzieren in Deutschland noch – vor 20 Jahren waren es noch gut doppelt so viele.
Dramatische Lage auch andernorts
In Frankreich, so hieß es am Dienstag in Brüssel, sei die Lage noch dramatischer. Spanien, Italien, Portugal – von überall her kommen Katastrophenmeldungen. „Die Mengen, die im Markt verkraftbar sind, drücken auf den Preis und hier müssen wir gemeinsam gegensteuern“, sagte der österreichische Agrarminister Andrä Rupprechter in Brüssel. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wiederholte mit Blick auf den deutschen Milchgipfel Ende Mai in Berlin, die Bundesregierung werde „den Bauern mit Steuererleichterungen und Liquiditätshilfen zur Seite stehen“.
Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber, nannte das am Dienstag „völligen Quatsch“, weil „das verpufft“. Die Rede ist inzwischen von einem Betrag zwischen 60 und 100 Millionen Euro, die als Kredite und Betriebshilfen ausgeschüttet werden könnten. Doch sie beseitigen nicht das Problem der Überproduktion, die nach dem Wegfall der Milchquote 2015 eingesetzt hat. Deren Neuauflage aber lehnt die Koalition ebenso ab wie die Europäische Kommission.
Dort hat man das Übel zwar erkannt und den Bauern unter Umgehung des Wettbewerbsrechtes die Möglichkeit eingeräumt, sich zusammenzuschließen und ihre Milchmengen abzusprechen. Geholfen hat das bisher ebenso wenig wie jene 500 Millionen, die die Union für Finanzhilfen und Stützungsprogramme angesetzt hat. 69 Millionen Euro flossen nach Deutschland.
Auch die Versuche, die Nachfrage zu erhöhen, indem man das Schulmilch-Programm ausweitet und neue Lieferländer erschließt, sind weitgehend gescheitert. Dazu kommt das Verhalten der großen Einzelhandelsketten, die Milch zu Dumpingpreisen abgeben. Erst Anfang Mai setzte der Discount-Marktführer Aldi die Preise für einen Liter Vollmilch von 59 auf 46 Cent herunter. Beim Bauern kommen davon knapp 30 Cent an – bisher. Inzwischen sind es noch weniger.