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München
Innenminister Herrmann: Extremisten jeglicher Couleur attackieren die Demokratie in Bayern
Vernetzte Rechtsextreme, wachsender Antisemitismus und gezielte "Fake News" aus dem Ausland: Bayerns Innenminister warnt vor Versuchen, die Gesellschaft bewusst zu spalten.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht eine besorgniserregende Entwicklung in allen extremistischen Szenen. Ziel sei die Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu diskreditieren.
Foto: Johannes Kiefer | Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht eine besorgniserregende Entwicklung in allen extremistischen Szenen. Ziel sei die Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu diskreditieren.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 28.04.2024 02:39 Uhr

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht die Demokratie in Bayern und Deutschland durch eine besorgniserregende Entwicklung in allen extremistischen Szenen zunehmend gefährdet: "Extremisten jeglicher Couleur haben ihre Bemühungen verstärkt, die Gesellschaft zu spalten und den politischen Diskurs mit ihren Positionen zu unterwandern", sagte er bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichtes in München.

Egal ob Rechtsextremisten, Linksextremisten, Islamisten oder aus dem Ausland lancierte "Fake News": Politische Kontroversen vom Nahost-Konflikt bis zur Zukunft der Landwirtschaft würden von diesen Gruppen gezielt genutzt, "um ihre eigene, extremistische Agenda voranzubringen", warnte Herrmann.

Herrmann: Enge Verflechtung der bayerischen AfD mit Rechtsextremisten

Im Bereich des Rechtsextremismus warnte der Innenminister vor einer qualitativ wie quantitativ engeren Vernetzung der AfD mit dem rechtsextremen "Vorfeld": Vor allem die personellen und inhaltlichen Verflechtungen mit der "Identitären Bewegung" seien sehr eng – und dabei gehe es immer wieder um die sogenannte "Remigration", also die Ausweisung von Personen mit Migrationshintergrund, selbst wenn diese deutsche Staatsbürger sind.

Sehr eng sei zudem die Verflechtung der AfD mit rechtsextremen Burschenschaften wie der "Teutonia Prag zu Würzburg", der auch der umstrittene unterfränkische AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba angehört, oder der "Danubia" im München: Mitglieder dieser Burschenschaften "treten auf Veranstaltungen der AfD auf", sagte Bayerns Verfassungsschutzchef Burkhard Körner. Zudem gibt es laut Verfassungsschutzbericht "starke personelle Überschneidungen" zwischen Mitgliedern etwa der "Teutonia" Würzburg mit der "Jungen Alternative", der Jugendorganisation der AfD.

Im Juni will das Verwaltungsgericht München über die Beobachtung der bayerischen AfD durch den Verfassungsschutz entscheiden: Er sei "sehr zuversichtlich, dass die Verfassungsfeindlichkeit der AfD" dabei bestätigt werde, so der Innenminister.

Innenminister: "In nahezu allen extremistischen Szenen Scharfmacher, die gegen Israel hetzen"

Ein großer "Brandbeschleuniger" für den Extremismus in Bayern sei der Nahost-Konflikt und damit ein wachsender Antisemitismus: "In nahezu allen extremistischen Szenen erleben wir Scharfmacher, die aus ganz unterschiedlicher Motivation gegen Israel hetzen", warnte Herrmann. Islamisten und türkische Links- oder Rechtsextremisten nutzten den Nahost-Konflikt, um Muslime als Opfer westlicher Staaten darzustellen.

Deutsche Linksextremisten leugneten oder rechtfertigten das Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel und zeigten mit der Infrage-Stellung des Existenzrechts Israels unverhohlenen Antisemitismus: "Offenkundig setzt sich ein Großteil dieser Szene nur dann für Menschenrechte ein, wenn dies dem eigenen ideologischen Weltbild dient", kritisierte Herrmann. "Besorgniserregend" seien zudem "pro-palästinensische Beeinflussungsversuche auch an bayerischen Universitäten. Dort würden abweichende oder pro-israelische Meinungen "durch aggressive Anfeindungen unterdrückt", warnte der Innenminister.

Fußball-Europameisterschaft im Fokus islamistischer Terroristen

Der Nahost-Konflikt erhöhe aber auch die "emotionale Radikalisierung" gewaltbereiter islamistischer Terroristen, befürchtet Herrmann: Zwar sei Deutschland zuletzt dank guter Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Terroranschlägen verschont geblieben. Der jüngste Anschlag eines Ablegers der "Islamischen Staates" in Russland zeige aber "die ungebrochene Gefährlichkeit islamistischer Terroristen".

Vor allem Großereignisse wie Konzerte oder Sportveranstaltungen wie die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft stünden dabei im Fokus der Teroristen: "Wir haben keine unmittelbaren Hinweise auf Anschläge dort, aber das gestiegene Risiko haben wir im Blick", beteuerte Herrmann.

"Fake News" aus Russland oder China sollen Vertrauen in die Demokratie untergraben

Eine große Gefahr für die innere Sicherheit in Bayern sieht der Innenminister zudem in der rapide wachsenden Desinformation durch ausländische und oft staatliche Akteure etwa aus Russland oder China: Die Zahl von auf sozialen Netzwerken verbreiteten Falschmeldungen oder Verschwörungstheorien habe massiv zugenommen.

Den Auftraggebern gehe es neben der Verbreitung eigener Propaganda vor allem darum, das Vertrauen in staatliche Stellen zu untergraben, die Bevölkerung zu verunsichern und die für eine Demokratie wichtige Klarheit der Tatsachengrundlage zu zerstören. Ziel aller Extremisten sei ein Auseinanderdriften der Gesellschaft und eine schwindende Akzeptanz der Demokratie.

Damit diese Rechnung nicht aufgeht, sei jeder Einzelne gefordert, verlangte Herrmann: "Wir dürfen den demokratischen Grundkonsens und die Wertschätzung Andersdenkender niemals aufgeben."

 
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Kommentare
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Besorgniserregende Entwicklung

    ist mMn, dass die "Eliten" die Demokratie mit Aussitzen der Probleme, Ausnehmen der Mittelschicht und Wischi-Waschi-Schönreden bei den Bürger/innen in Misskredit gebracht haben und sich jetzt über das Resultat ihrer eigenen langjährigen "Anstrengungen" beschweren... schon vor Jahrzehnten hat Hans Herbert von Arnim mit seinen Büchern den Finger auf die Problemstellen gelegt, aber "weiter so!" zu machen, war halt viel bequemer (und lukrativer sowieso). Mal sehen, wie lange das noch "gutgeht", bis die Demokratiefeinde ihr endgültig den Garaus bereiten!
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Es soll in Bayern ja Führungskräfte geben, die massiv die Demokratie untergraben.

    Zum Beispiel der Eine, der letztes Jahr zu Erding den Unfug verzapft hat, daß sich eine ominöse schweigende Mehrheit die Demokratie zurückholen müsse.

    Oder dieser Andere, der bei jeder unpassenden Gelegenheit zwischen Brotzeit und Maßkrug präsentieren davon schwadroniert, daß die UNIONEN Horte der Freiheit seien und man gegen eine vorgebliche Verbotspartei sich wehren müsse.

    Dabei verkennen diese Figuren des Politikbetriebes völlig, daß in unserer Demokratie die Wählenden ihre Vertreter*innen bestimmen und eben nicht irgendwelche Populist*inn*en der plakativen Art.

    Hat der Herr Innenminister diese Extremist*inn*en bei seiner Jammerei auch auf dem Schirm?

    Oder gehts einfach nur wieder um Augenwischerei und Einlullen des Wahlvolkes im Hinblick auf die Europawahl?
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  • Eugen Endres
    Dabei sind es Aiwanger und die CSU Oberen, die mit Lügen und Falschinformationen die Gesellschaft spalten. Aktuelles Beispiel:
    https://www.tagesschau.de/faktenfinder/ein-jahr-atomausstieg-deutschland-100.html
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  • Martin Deeg
    Jetzt hat CSU-Herrmann doch glatt die gefährlichste Gruppe vergessen: die „Klima-Kleber“ („Klima-RAF“) - oder sind die noch alle in bayerischer „Präventionshaft“…?

    Wurde diese eigentlich schon mal bei denen angewandt, für die sie vorgeblich eingeführt wurde, nämlich Terroristen?
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