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München
Erfassung von Kontaktdaten: Ist das in der Gastronomie noch sinnvoll?
Wer in ein Restaurant will, muss seinen Daten angeben. Einige Bundesländer stellen den Sinn dieser Regel in Frage. Auch in Bayern wird die Kritik lauter. Werden die Listen noch genutzt?
Wer in Bayern in ein Restaurant oder eine Kneipe will, muss zuerst seine Kontaktdaten angeben. Aber die Zweifel am Sinn dieser aufwändigen Zettelwirtschaft nehmen zu.
Foto: Marijan Murat, dpa | Wer in Bayern in ein Restaurant oder eine Kneipe will, muss zuerst seine Kontaktdaten angeben. Aber die Zweifel am Sinn dieser aufwändigen Zettelwirtschaft nehmen zu.
Henry Stern
 und  Jonas Keck
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:46 Uhr

Wer in Bayern ein Restaurant besuchen will, muss immer noch zuerst einige Corona-Hürden überspringen: 3-G-Regel heißt etwa die neue Vorschrift, die den Zugang ab der Inzidenz-Schwelle 35 nur noch für Geimpfte, Genesene oder Getestete erlaubt. Kontaktdaten-Erfassung nennt sich zudem die altbekannte zweite Hürde, die von jedem Besucher verlangt, für eine mögliche Nachverfolgung von Infektionsketten seinen Namen, seine Anschrift und Telefonnummer zu hinterlassen.

Doch egal, ob man sich elektronisch etwa per Luca-App registriert, oder Namen und Adresse mehr oder weniger leserlich auf einen Vordruck kritzelt: Macht diese Preisgabe persönlicher Daten überhaupt noch Sinn? Oder ist diese Zettelwirtschaft für Gäste wie Gastronomen letztlich nicht doch einfach nur für die Tonne?

In Nordrhein-Westfalen werden die Kontaktdaten schon nicht mehr erfasst

Zweifel, die nun auch in der Politik angekommen sind: In Nordrhein-Westfalen etwa ist die Kontaktdaten-Erfassung für Kneipen, Gaststätten, Sportveranstaltungen oder kleinere Feste seit dieser Woche abgeschafft. Zur Begründung wird dort auf die gestiegene Zahl der Geimpften verwiesen sowie auf die neue 3-G-Regel, die den Infektionsschutz für die Besucher deutlich erhöhe. Die Kontaktnachverfolgung der Gesundheitsämter werde bei den aktuell steigenden Fallzahlen deshalb auf besonders gefährdete Gruppen wie Alte und Pflegebedürftige sowie auf größere Corona-Ausbrüche etwa in Firmen konzentriert, erklärt die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung.

In Baden-Württemberg gibt es offenbar ähnliche Überlegungen: Auch dort ist von einer "intelligenten Schwerpunkt-Nachverfolgung" die Rede, mit der die Pandemie künftig effizienter eingedämmt werden soll. Die Gäste-Erfassung in der Gastronomie steht damit auf der Kippe: Denn wer etwa in einem Restaurant als Kontaktperson ermittelt wird, aber geimpft oder genesen ist, muss ohnehin nicht mehr in Quarantäne. Ein großer Teil des Arbeitsaufwands der Listen-Nachverfolgung läuft damit ins Leere.

FDP: "Sinn dieser Zettelwirtschaft war immer schon fraglich"

In Bayern gibt es hingegen bislang noch keine Hinweise darauf, dass die Kontaktdaten-Erfassung aufgegeben wird. Ein Fehler, wie Martin Hagen, FDP-Fraktionschef im Landtag, findet: "Der Sinn dieser Zettelwirtschaft war doch immer schon fraglich", kritisiert er. So könne die Staatsregierung keine Zahlen vorlegen, ob durch diese Daten-Erfassung bislang überhaupt eine nennenswerte Zahl an Corona-Infektionen entdeckt werden konnte. "Diesen Aufwand sollte man sowohl den Gästen wie auch den Gastronomen endlich ersparen", fordert Hagen.

Zumal die Gastwirte mit der neuen 3-G-Kontrolle ohnehin erneut gefordert sind: Denn laut Gesundheitsministerium ist vor dem Zutritt von den Gästen nicht nur "die Gewährung der Einsichtnahme in die Test- oder Impfnachweise" einzufordern. Auch die Vorlage eines amtlichen Ausweispapiers sei erforderlich. Der Nachweis sei zudem noch "einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen". Gibt es Zweifel, könne sich die betroffene Person einer "Vor-Ort-Testung" unter Aufsicht des Personals unterziehen.

"Ich habe den Eindruck, diese Listen werden ohnehin nicht wirklich verwendet."
Thomas Habermann (CSU), Landrat von Rhön-Grabfeld

"Wir müssen den Gastronomen das Leben endlich wieder leichter machen", fordert Thomas Habermann, der Landrat von Rhön-Grabfeld.  Der CSU-Politiker kann sich ein Ende der Kontaktdaten-Erfassung auch in Bayern gut vorstellen: "Ich habe den Eindruck, diese Listen werden ohnehin nicht wirklich verwendet", sagt Habermann. An solchen Vorgaben trotz berechtigter Zweifel festzuhalten, könne zudem das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die gesamte Corona-Politik untergraben, warnt er: "Denn eine Regel, die nicht vollzogen wird, ist schlechter, als gar keine Regel." 

Die meisten Neu-Infizierten könnten ihre Kontaktpersonen direkt an die Gesundheitsämter weitergeben, räumt auch das Landratsamt Kitzingen ein: "Deshalb werden auch vom Gesundheitsamt im Landkreis Kitzingen diese Listen nicht sehr häufig angefordert", erklärt ein Pressesprecher. Ganz verzichten will man dort auf die Kontaktdaten-Erfassung allerdings noch nicht: "Wenn die vorgeschriebenen Hygiene-Konzepte nicht eingehalten werden, dann können die Listen zur Kontaktnachverfolgung sehr wertvoll sein."

 
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  • FamilieGoetz
    Nun, wenn wir wissen wollen, wie gut mit einer Aufhebung der Kontaktnachverfolgung die Inzidenzen steigen kann ja einfach mal nach NRW schauen.

    Alles rot. Inzidenz heute 122 im steilen Anstieg.

    Ehrlich wäre die Variante 2G anzubieten. Dann ist lediglich noch das Zertifikat zu kontrollieren und die Protokollierung fällt weg.
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  • bauri
    @FamilieGoetz: Die bisherige lasche Handhabung von Registrierung und Erfassung führt zu keinem nennenswerten Erfolg. Damit ist nicht nur die Gastronomie überfordert. Letztlich müsste auch die Kontrolle von Luca-App-Nachweis bzw. Impfpass noch mit einer Ausweiskontrolle verbunden werden. Das will doch wirklich niemand.
    Nur Impfen hilft hier weiter - dann brauchen wir auch keine Kontrollen mehr.
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