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München
Digitale Klassenzimmer scheitern an der Bürokratie
Obwohl Berlin 778 Millionen Euro für die Digitalisierung bayerischer Schulen versprochen hat, geht nichts voran – weil die Antragsverfahren immer noch nicht fertig sind.
Mehr Laptop im Unterricht: Der von der Söder-Regierung versprochene schnelle Ausbau digitaler Klassenzimmer scheitert in Bayern derzeit auch an bürokratischen Hürden.
Foto: Daniel Reinhardt - dpa | Mehr Laptop im Unterricht: Der von der Söder-Regierung versprochene schnelle Ausbau digitaler Klassenzimmer scheitert in Bayern derzeit auch an bürokratischen Hürden.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:00 Uhr

Die Digitalisierung bayerischer Klassenzimmer kommt nicht voran: Zwar hat der Bund bereits im Frühjahr dem Freistaat bis 2024 rund 778 Millionen Euro für WLAN-Zugang, neue Tablets oder interaktive Tafeln in den Klassenzimmern zugesagt. Die für die Beschaffung zuständigen Kommunen können die Mittel aber bislang nicht abrufen – weil die Antragsverfahren im Kultusministerium immer noch nicht fertig sind.

Anfang August hatte Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) immerhin allgemeine Förderrichtlinien und maximale Fördersummen für jede Kommune veröffentlicht. Das Ministerium ist zudem der Ansicht, dass die Kommunen "bereits jetzt in der Lage sind, die Investitionsmaßnahmen in die digitale Bildungsinfrastruktur der Schulen zu planen und ggf. sogar schon umzusetzen", wie es in einer Antwort auf eine aktuelle Landtags-Anfrage der FDP heißt: Schließlich könnten begonnene Projekte auch rückwirkend bezuschusst werden.

Bürgermeister fürchten auf den ausgelegten Kosten sitzen zu bleiben

"Im Moment läuft leider gar nix", heißt es dagegen beim Bayerischen Städtetag: "Die Kommunen würden sehr gerne investieren, können dies auf der momentanen Basis aber nicht tun." Weil immer noch völlig unklar sei, was genau wann und zu welchen Bedingungen bezuschusst werde, würden die Bürgermeister damit nämlich selbst ins Risiko gehen, am Ende auf den ausgelegten Kosten sitzen zu bleiben.

Anders, als ursprünglich angekündigt, hat der Freistaat zudem seine eigene Digital-Förderung für Schulen eingestellt: Bereits im Frühjahr war ein eigentlich bis Ende 2020 gedachtes Landes-Förderprogramm komplett ausgeschöpft. Ein Anschluss-Programm gibt es nicht. "Die aktuelle Finanzierungslücke konnte man Kommen sehen", kritisiert deshalb der Grünen-Bildungsexperte Max Deisenhofer: "Zumindest für eine Übergangszeit hätte der Freistaat selbst weiter finanzieren müssen."

Von Söders Digital-Versprechen sind die Schulen meilenweit entfernt

Schließlich hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in seiner ersten Regierungserklärung im April 2018 noch vollmundig 50000 digitale Klassenzimmer angekündigt. Die Realität sieht weniger wuchtig aus: Zuletzt waren rund 18000 Klassenzimmer digital ausgestattet. Nur in gut der Hälfte der Schulen ist überhaupt WLAN verfügbar.

Das Kultusministerium verweist als Erklärung für den Zeitverzug bei der neuen Bundes-Förderung auf "komplexe Antragsverfahren": Die Anforderungen aus Berlin seien eben "äußerst komplex" und zudem "noch nicht finalisiert". Dass Bundesprogramme "mit Meldepflichten gespickte Bürokratie-Monster" sind, sei aber keine Neuigkeit, hält der FDP-Bildungspolitiker Matthias Fischbach dagegen. Klar sei vielmehr zweierlei: "Bayern kommt mit der Umsetzung nicht in die Gänge." Und: "Der abrupte Stopp des Landesprogramms im Frühjahr stellt sich immer deutlicher als Kardinalfehler heraus."

Kein Geld und keine Konzepte für die digitale Schule: "Einfach peinlich"

Wann die Berliner Digital-Millionen nun tatsächlich fließen, steht jedenfalls in den Sternen. "Einfach peinlich" findet dies Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze - zumal auch pädagogische Konzepte für die digitale Schule weiter fehlten: "Bayern hat sich hier einfach viel zu spät auf den Weg gemacht."

 
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