zurück
München
Corona-Politik in Bayern: Verirrt im Gestrüpp der eigenen Regeln
Das Krisenmanagement im bayerischen Regierungsapparat hakt ausgerechnet in der vierten Corona-Welle. Warum Markus Söder von "Murmeltier-Momenten" spricht.
Ausgerechnet in der vierten Corona-Welle hakt das Krisenmanagement im Regierungsapparat von Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Foto: Sven Hoppe, dpa | Ausgerechnet in der vierten Corona-Welle hakt das Krisenmanagement im Regierungsapparat von Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:57 Uhr

Der Druck der heftigen vierten Corona-Welle auf die Politik in Bayern steigt. Doch inzwischen scheinen sich selbst Bayerns Ministerinnen und Minister samt dem Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) im Gestrüpp der eigenen Regelungen und Vorschriften zu verirren. Am Dienstag - just an dem Tag, an dem die Corona-Ampel in Bayern auf Rot sprang - wollte die Söder-Regierung ein in der Vorwoche selbst geschaffenes Problem aus dem Weg räumen. Und machte die Sache damit nur noch schlimmer.

Was war passiert? Die Regelungen der Corona-Ampel sollten, so der Beschluss der vergangenen Woche, uneingeschränkt auch für Teenager ab zwölf Jahren gelten. Die werden zwar in der Schule engmaschig getestet. Trotzdem sollte auch für die rund sechzig Prozent Ungeimpften in dieser Altersgruppe in Ampelstufe Rot die 2G-Regel greifen – zum Beispiel beim Mannschaftssport im Verein. Die Folge wäre grotesk gewesen: Am Vormittag hätten die getesteten Schülerinnen und Schüler zwar ohne Maske am Schulsport teilgenommen. Am Nachmittag wäre ihnen in der gleichen Halle das Training im Sportverein aber untersagt worden.

Sogar die "Bild" titelte deshalb: "Bayern sperrt Jugendliche aus! Söders 2G-Hammer" - was dem Ministerpräsidenten dem Vernehmen nach gar nicht gefiel. Der Vereinssport sollte für Jugendliche mit Schultest also möglich bleiben - weshalb Söders Kabinett am Dienstag in schönstem Bürokraten-Deutsch "sportliche und musikalische Eigenaktivitäten" für alle Schülerinnen und Schüler befristet gestattete.

Doch wenn Schwimmen im Verein möglich ist, warum dann nicht auch privates Schwimmen mit Freunden? Und was ist mit Restaurant- und Friseurbesuchen, für die aktuell in Bayern die 3G-Plus-Regel gilt? Hier hatte das Gesundheitsministerium Ende vergangener Woche bereits eine Gleichstellung der Schultests mit den sonst geforderten PCR-Tests bestätigt.

Weitere Lockerungen für Teenager? Um 14 Uhr nein, um 18 Uhr ja

Eine Öffnung für Jugendliche über den Vereinssport hinaus sei aber "nicht originäres Ziel" der beschlossenen Lockerung, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag kurz vor 14 Uhr auf einer Pressekonferenz. Auch der Ministerpräsident schloss dort weitere Lockerungen für ungeimpfte Jugendliche vehement aus. 

Diese Redaktion schrieb daraufhin am Nachmittag: Weiter kein Restaurant-, kein Friseur- und kein Schwimmbad-Besuch mit Schultest möglich. Um kurz vor 18 Uhr dann ein Anruf aus der Staatskanzlei: Zum Friseur und ins Restaurant sollen ungeimpfte Jugendliche wegen der 3G-Plus-Regel nun doch mit Schultest gehen können. Später am Abend stellte dann das Gesundheitsministerium klar: Die Ausnahme von 2G für Teenager "gilt auch für den Zugang zu Schwimmbädern, um dort zu schwimmen".

Entscheidungs-Chaos im Stundentakt in der vierten Corona-Welle

Ein Entscheidungs-Chaos im Stundentakt, das ausgerechnet im Krisenmanagement der vierten Corona-Welle in Bayerns Regierungsapparat kein Einzelfall ist: So wussten betroffene Kommunen vergangenen Freitag noch Stunden vor Inkrafttreten der neuen Ampelregeln zum Beispiel nicht, wo sie die dafür maßgeblichen Zahlen der regionalen Intensivbetten-Belegung herbekommen.

Die Frage, ob Friseurinnen und Friseure trotz verschärfter Zugangsregeln weiter Maske tragen müssen, wurde vom Gesundheitsministerium mit Nein beantwortet – obwohl die Regierung nur wenige Tage vorher noch beschlossen hatte, dass bei der nun dort gültigen Regel 3G-Plus "keine Erleichterungen etwa für Maske, Abstand oder Personenobergrenzen" mehr gelten.

Söders Regierung wirkt erstaunlich unvorbereitet

Die Regierung wirkt jedenfalls erstaunlich unvorbereitet auf die erneute Corona-Welle. Dabei kann es doch keine Überraschung für die Verantwortlichen sein, dass vor dem Hintergrund der schwachen bayerischen Impfquote mit dem Herbst die Infektionszahlen im Freistaat wieder in die Höhe schnellen. Die aktuelle Welle sei eben besonders schwer zu handhaben, entschuldigt Söder das Chaos  – weil stets zwischen Geimpften und Ungeimpften unterschieden werden müsse und die Spaltung der Gesellschaft wachse.

Gleichzeitig scheint aber die Corona-Müdigkeit der Gesellschaft auch beim früher nimmermüden Regierungschef angekommen zu sein: Am Dienstag etwa sprach er desillusioniert von seinen "Murmeltier-Momenten" in Sachen Corona: Wie im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" müsse er sich immer wieder mit den immer gleichen Fragen und Problemen herumschlagen, ohne wirklich voranzukommen, klagte der CSU-Chef.

An der Basis wächst der Unmut über die unklaren Vorgaben aus München

An der Basis, wo die politischen Vorgaben der Söder-Regierung auf die Realität treffen, wächst jedoch der Unmut: "Es wäre schon wünschenswert, wenn wir oft schneller Klarheit herstellen könnten", sagt etwa Thorsten Wozniak, Bürgermeister von Gerolzhofen (Lkr. Schweinfurt). Wozniak kämpft etwa seit Tagen mit den unklaren Zugangsregeln für das Erlebnisbad Geomaris: Am Dienstagvormittag habe auch er die Information gehabt, dass ungeimpfte Teenager nicht mehr rein dürfen. Am Abend verkündete das Ministerium dann das Gegenteil.

Schriftliche Vorgaben von der Staatsregierung hat der Bürgermeister noch immer nicht. "Und den Unmut der Bürger bekommen dann ganz konkret die Kassenmitarbeiter im Schwimmbad ab", ärgert er sich. Wozniaks Bitte nach München: "Weniger Zeitdruck." Erst mögliche Probleme klären und die Maßnahmen dann lieber ein paar Tage später ohne vermeidbaren Ärger in Kraft setzen. "Wir brauchen doch die Akzeptanz der Bürger",  findet er. "Doch dafür brauchen wir überschaubare und nachvollziehbare Regeln."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Henry Stern
CSU
Coronavirus
Friseurbesuche
Gesundheitsminister
Klaus Holetschek
Markus Söder
Minister
Ministerpräsidenten
Teenager
Thorsten Wozniak
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • juergenmagic@t-online.de
    Wenn man heute in dem Blatt mit den vier großen Buchstaben liest, wollen einige wieder einen Lockdown für alle, wenn die Zahlen weiter so steigen. Die "Ampel" plant ein Lockdown-Verbot für die Bundesländer im neuen Infektionsschutzgesetz. Das ist auch gut so. Das würde nur den Ungeimpften zuspielen, nach der Methode: Seht was hat eure Imoferrei gebracht, trotzdem wieder Lockdown. Außerdem würde die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Politik noch mehr erschüttert. Schließlich hat man ja vollmundig erneute Lockdowns ausgeschlossen, sobald geimpft wird.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Die SZ titelt: die Verzwergung des Markus Söder.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Söder: große Klappe und einer der schlechtesten Pandemiebekämpfungsmanagement-Ministerpräsidenten der ganzen Republik.
    Frage: welcher Minister wird jetzt ausgetauscht um eigene Fehler zu übertünchen?
    Ratschlag an Söder: oberlehrerhafte Klappe halten und nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern vor der eigenen Haustüre kehren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steler06501902
    liegt auch an sein Schwurrbelvolk. Unser Vize-Hubsi ist da das beste Beispiel.... Wo ist der eigenlich? Geht der noch mal ins Wirtshaus, bevor da 2G kommen wird?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • nkestler@aol.com
    is scho geimpft
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steler06501902
    Und wann ist es bei dir so weit?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • nkestler@aol.com
    Schon lang
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Natürlich kann man Politiker kritisieren wenn die Zahlen wieder steigen. Schuld haben allerdings die Menschen selbst. An erster Stelle Covidioten, Corona Leugner, Maskenverweigerer .... Jede andere Regierung kônnte es auch nicht besser. Rechte Chaoten schon dreimal nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • seneca
    Nicht immer alles der Politik in die Schuhe schieben. Wo ist denn die hochgelobte Eigenverantwortung des Bürgers? Die Quertreiber sind einfach zu viele. Erst alles sabotieren und dann am lautesten schreien, wenn das von ihnen provozierte Szenarium eintritt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • sl112@gmx.de
    Schon einmal beim Einkauf aufgefallen? War die Inzidenz- und Sterberate hoch, dann wurden FFP2-Masken getragen und Abstände eingehalten. Die Folge waren sinkende Inzidenzahlen, weniger Tote. Aktuell werden beim Einkauf keine Abstände eingehalten, Masken, na sagen wir mal, eher lässig nasenfrei und auf das notwendigste Maß reduziert getragen. Warum? Die Sterbezahlen sind ja niedrig. Und so geht es in jedem Lebensbereich zu. In der Freizeit, auf der Arbeit und Privat. Die Politik steht derzeit vor dem Dilemma Ihre Maßnahmen ausgewogen, die Rechte aller wahrend, auszurichten und trifft dabei auf eine Gesellschaft voller Einzelkämpfer und Egoisten, deren einziger Ehrgeiz darin besteht, die Grenzen von Regelungen auszuloten und nach Möglichkeit, wenn die Gefahr der Sanktionierung nicht droht, nicht zu befolgen. Die Politik kann keine allumfassende, alle Alltagssituationen berücksichtigende, Regelungen treffen. Jeder Einzelne kann aber sein Hirn einschalten!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • frank.deubner@gmx.de
    Der Artikel beschreibt die aktuelle Situation in Bayern sehr gut. Ich weiß selbstverständlich, dass hier bei uns immer alles besser ist und wir auch den besten Ministerpräsidenten haben. Ab und an einen Blick über die Landesgrenze zu werfen, wäre jedoch gut. So hat Baden-Württemberg geregelt, dass Minderjährige Geimpften gleichgestellt sind. Ist eine einfache Regelung, setzt die Impfempfehlung der STIKO (keine Ausgrenzung ungeimpfter Kids) um, ermöglicht 2G bei Erwachsenen, ist für die Mitarbeiter des Geomaris und die Bürger nachvollziehbar und wird dann auch akzeptiert. Aber anscheinend gilt bei uns weiterhin 'Warum einfach machen, wenn es auch kompliziert geht'...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • lutterbeck
    21 Monate wirre Vorschriften, keine einzige Maßnahme hat gegriffen, weder Lockdown, Ausgangssperre, Masken oder die berühmte Osterruhe die an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten war, auch Impfen bringt nicht den gewünschten Erfolg. Was jetzt ? Hätte man keine Maßnahmen ergriffen, wären wir heute wahrscheinlich durchseucht und das Problem wäre größtenteils gelöst. Am Ende werden wir alle mal Corona infiziert sein, d.h. G2 genesen oder gestorben, wie mit jeder anderen Krankheit auch.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Inschenioer
    Falsch. Man kann Covid-19 mehrmals bekommen. Nennt sich momentan Delta.

    Mehr sage ich dazu nicht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • chrihand
    wieso macht(e) man dann wegen Influenza nicht auch so einen Aufriß?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steler06501902
    am 6.11. hattest du die Frage bereits gestellt.

    Hierzu habe ich dir ausführlich und mit Quellen geantwortet.

    https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/corona-zahlen-steigen-rasant-krankenhaus-ampel-in-schweinfurt-auf-rot-art-10683532#commentsAreaAnchor

    Viel Spass beim lesen grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ToDietz@web.de
    Lesen allein genügt nicht. Man muss es auch verstehen (können).
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Inschenioer
    Weil Influenza endemisch ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steler06501902
    Komische Wahrnehmung..
    Wir sind im letzten Winter einer absoluten Katastrophe entkommen.

    90.000 Tote sollten doch genug sein.

    In anderen Länder kamen sie mit den Verbrenne nicht nach und die Leiche lagen in Kühl-LkW rum.

    Du hast schon eine sehr spezielle Wahrnehmung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    "21 Monate ... Hätte man keine Maßnahmen ergriffen, wären wir heute wahrscheinlich durchseucht und das Problem wäre größtenteils gelöst"

    Hätten Sie lieber mal gerechnet. Wenn eine Durchseuchung nach 21 Monaten erreicht werden soll, sind das bei einer Bevölkerung von 83 Millionen durchschnittlich 130.000 (!) Neuinfektionen jeden Tag. Das wäre mehr als das 4-fache der aktuellen Neuinfektionen und das 21 Monate lang JEDEN Tag. Die Auswirkungen auf unser Krankenhaussystem mit seinen begrenzten Intensivbetten können Sie sich selbst denken/rechnen.

    Und das "beste", nach 16 Monaten könnte der Sch... wieder losgehen

    "Eine neue Studie mehrerer Universitäten in den USA kommt zu dem Schluss, dass eine Corona-Reinfektion im Schnitt alle 16 Monate möglich sein könnte."
    https://www.swr.de/wissen/corona-genesene-reinfektion-100.html

    Ich würde das als Schnapsidee bezeichnen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • lutterbeck
    Mainpostl, ich habe nichts dagegen, das Sie sich Impfen , am besten 3x täglich, etwa wie Zähneputzen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten