
Politik und Justiz in Bayern machen mobil gegen Hass und Hetze im Internet: Der Münchner Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb soll künftig die Strafverfolgung von Bedrohungen oder Volksverhetzung in sozialen Medien und Internet-Foren in Bayern vorantreiben. Zusätzlich kümmert sich ab sofort an jeder der 22 bayerischen Staatsanwaltschaften - darunter auch in Würzburg und Schweinfurt - ein Staatsanwalt speziell um die Strafverfolgung solcher Fälle in der Region.
Hartleb kündigte an, hart durchzugreifen: "Wir werden auf angemessen hohe Strafen mit Abschreckungswirkung hinarbeiten", sagte er. Bei allen Straftaten in diesem Bereich werde künftig ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung angenommen. Einstellungen von Verfahren wegen Geringfügigkeit sollen zur Ausnahme werden. Zusammen mit IT-Spezialisten werde zudem an der Verbesserung der technischen Möglichkeiten zur Identifizierung anonymer Täter gearbeitet.
Bislang habe es wegen Hassrede im Internet nur "eine überschaubare Zahl an Strafverfahren gegeben", räumte der Münchener Generalstaatsanwalt Reinhold Röttle ein. Die neue Struktur ermögliche nun aber eine effektive und umfassende Verfolgung der Täter: "Wir freuen uns auf viele Anzeigen und Verfahren", erklärte Röttle. Er gehe davon aus, dass entsprechende Urteile "auf den Normal-Hetzer schon abschreckende Wirkung haben".
"Hassrede gab es immer schon. Aber im Internet hat sich etwa zusammengebraut, was eine echte Gefahr für die Demokratie ist", erklärte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Das politische Signal sei deshalb klar: "Wir schauen hin, wir greifen durch, wir lassen niemanden alleine." Nicht von ungefähr sei der neue Hate-Speech-Beauftragte bei der Münchner Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Terrorismus und Extremismus angesiedelt: "Denn die Bekämpfung von Extremismus und Hass gehören zusammen", findet Eisenreich.
Kommunalpolitiker können künftig online Anzeige erstatten
Ausgebaut werden soll zudem der Schutz von Kommunalpolitikern gegen Hetze und Bedrohung: Bis Ostern will Eisenreich hier ein Internet-Portal für Online-Anzeigen freischalten. Ein vergleichbares Verfahren gibt es bereits für Medien in Bayern. Dort gestellte Anzeigen "landen dann auch nicht im Nirvana", sondern bei den Spezial-Staatsanwälten, verspricht der Justizminister: "Denn wer Kommunalpolitiker angreift, der greift auch die Demokratie an."
Bayerns Städtetag-Chef, der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl, hofft nun auf eine effektivere Strafverfolgung: In einer nicht repräsentativen Umfrage des Städtetags hatten rund 80 Prozent der antwortenden Bürgermeister von anonymen Beleidigungen berichtet. Eine Umfrage dieser Redaktion unter Bürgermeistern in Unterfranken ergab, dass mehr als ein Drittel der Bürgermeister, die sich äußerten, Hass-Mails und Briefe erhalten haben. 14 Prozent berichteten von Bedrohungen gegen Leib und Leben. "Zum Amt des Bürgermeisters gehört es nicht, Beleidigungen und Hetze aushalten zu müssen", bekräftigte Gribl.
Justizminister: Verhalten von Facebook, Twitter & Co. nicht akzeptabel
Im Kampf gegen den Hass im Internet will Justizminister Eisenreich zudem den Druck auf soziale Medien wie Facebook oder Twitter erhöhen: "Auskunftsverlangen der Justiz müssen ohne Wenn und Aber bedient werden", verlangt er. Dass sich etwa Facebook nach wie vor eine Einzelfallprüfung vorbehalte, sei nicht akzeptabel, kritisierte der CSU-Politiker: "Soziale Medien müssen endlich auch ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden."