Offenbar plant die bayerische Staatsregierung entgegen den Beteuerungen der Regierung von Unterfranken von Montag und Dienstag nun neben einem Notquartier für Asylbewerber in Schweinfurt mit 150 Plätzen auch schon ganz konkret die Erstaufnahmeeinrichtung für Unterfranken. Dies geht aus einer Pressenotiz nach der Kabinettssitzung am Dienstag hervor.
Standort dieser Unterkunft für rund 500 Asylbewerber soll ebenfalls das Gelände der frei werdenden US-Liegenschaften Conn Barracks und Ledward Barracks sein. Die Verantwortlichen in Stadt und Landkreis Schweinfurt zeigten sich von dieser Entwicklung überrascht.
Erstaufnahmeeinrichtung, Notunterkunft, dezentrale Einrichtung oder GU: Den Flüchtlingen ist es in der Regel egal, wie sich das ersehnte Dach über dem Kopf nennt. In der politischen Debatte muss gleichwohl genau unterschieden werden.
Erste Anlaufstelle für Asylbewerber, die nach Bayern kommen, sind die Erstaufnahmeeinrichtungen, Hilfsorganisationen wie „Pro Asyl“ sprechen von „Lagern“.
Im Freistaat gibt es zwei, in München und Zirndorf (Lkr. Fürth). Dort werden die Flüchtlinge registriert, dort werden sie gesundheitlich gecheckt und erstmals zu ihren Fluchtgründen befragt.
Drei Monate dauert der Aufenthalt in der Regel. Weil München und Zirndorf überfüllt sind, plant der Freistaat weitere Erstaufnahmeeinrichtungen. Deggendorf, Regensburg und Bayreuth sollen im nächsten Jahr in Betrieb gehen.
In Unterfranken fiel die Entscheidung nun offenbar auf Schweinfurt. Zuvor waren auch (ehemalige) Kasernen in Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld), Giebelstadt (Lkr. Würzburg) und Kitzingen im Gespräch gewesen.
Weitere GUs bis Jahresende
Der Landesbeauftragte für die Verteilung von Flüchtlinge verteilt die Asylbewerber dann nach einem Schlüssel, der sich an der Größe orientiert (wir berichteten) auf die Regierungsbezirke. Zur Unterbringung dort gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens: Die Regierung von Unterfranken betreibt zwischen Rhön, Maintal und Steigerwald selbst 22 Gemeinschaftsunterkünfte (GU) mit knapp 200 Plätzen, die größten in Würzburg (450 Plätze) und Aschaffenburg (350). Alle Kapazitäten sind derzeit voll ausgelastet. Bis Jahresende kommen 250 weitere Plätze hinzu, in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg), Fladungen (Lkr. Rhön-Grabfeld) und Kitzingen.
Gasthäuser und Pensionen
Zweitens: Weil die GUs der Regierung nicht ausreichen, müssen Städte und Kreise gemäß ihrer Größe mithelfen und selbst (Gast-)Häuser anmieten, um Flüchtlinge unterzubringen. Das sind die sogenannten dezentralen Unterkünfte, von denen es 76 in Unterfranken gibt. Sie beherbergen aktuell knapp 1300 Menschen. Für die Organisation sind die lokalen Verwaltungen zuständig.
Da sich die Kommunen schwer tun, auf die Schnelle Quartiere ausfindig zu machen, will die Regierung jetzt mit provisorischen Notunterkünften helfen, wo die Flüchtlinge maximal eine Woche leben sollen, bevor sie in eine dezentrale Unterkunft umziehen. Solche Notunterkünfte sind die Klöster (Würzburg, Lülsfeld) und Bildungshäuser (Miltenberg), die die Kirche mit zusammen rund 60 Plätzen zur Verfügung stellt.
Oder jetzt eben auch das Schweinfurter Projekt. Eine Notunterbringung in den Zelten, die das Rote Kreuz auf dem Gelände der GU Würzburg aufgestellt hat, will die Regierung so vermeiden.
Neben den Unterkünften für Asylbewerber unterhält die Regierung auch ein Übergangswohnheim für sogenannte Kontingentflüchtlinge in Poppenhausen (Lkr. Schweinfurt). Dort leben 50 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, die kein Asylverfahren durchlaufen müssen.
Interessant auch, dass zumindest in den Gemeinschaftsunterkünften viele Flüchtlinge leben, die dort nicht wohnen müssten. So spricht die Caritas von rund hundert „Fehlbelegern“ allein in der GU Würzburg, das sind meist Flüchtlingsfamilien, deren Aufenthaltsstatus es längst erlaubt, außerhalb der Einrichtung zu wohnen. Allerdings finden sie auf dem angespannten Wohnungsmarkt in der Stadt keine geeignete Bleibe.
Und anderswo müssen Zelte aufgestellt werden. Welch eine verkehrte Welt!
Während in SW schon konkrete Nachnutzungspläne für beide Kasernen vorliegen, lässt man in MEL lieber seine noch weitere Jahre leer stehen. Prima!