Nachdem zuletzt über Giebelstadt (Lkr. Würzburg) spekuliert wurde, rückt nun offenbar Schweinfurt als Standort für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in den Fokus der Regierung von Unterfranken. Am Montag soll es konkrete Gespräche mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und der Stadt Schweinfurt geben.
Die Verantwortlichen für die Flüchtlingsunterbringung bei der Bezirksregierung sind derzeit nicht zu beneiden: 130 Asylbewerber sind ihnen allein diese Woche über die Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf (Lkr. Fürth) zugewiesen worden, nächste Woche sollen es noch mehr werden. Die Verteilung wird immer schwieriger: Die Gemeinschaftsunterkünfte (GU) sind überfüllt, also werden die Menschen an die Landkreise – und künftig auch die kreisfreien Städte – „weitergereicht“. Die Kommunen versuchen, Gasthäuser und Pensionen anzumieten . . .
Trotz großer Anspannung bei den Beteiligten, vor allem auch in den Landratsämtern, funktioniert dieses System aktuell noch. Die Notunterkünfte in kirchlichen Einrichtungen oder die Zelte vor der Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg waren am Freitag noch leer.
Gleichzeitig sucht die Regierung im Auftrag der Staatsregierung händeringend eine Immobilie für eine Erstaufnahmeeinrichtung, in der die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland registriert und erstmals gesundheitlich untersucht werden. Zirndorf und München, die bisherigen Einrichtungen, sind restlos überfüllt. In Regensburg, Bayreuth und Deggendorf soll es weitere geben, in Unterfranken tut man sich schwer.
Doch was und wo ist ein geeigneter Standort? Fachleute sind sich einig, dass vor allem leer stehende ehemalige Kasernen in Frage kommen. Sie bieten den nötigen Platz für rund 500 Flüchtlinge – und sind vergleichsweise leicht und zeitnah umzubauen. So kam Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) aufs Tapet, wo die ersten Gespräche an der fehlenden Zustimmung der Stadt scheiterten, so auch Giebelstadt – und jetzt Schweinfurt.
Dort richten sich die Augen auf die Ledward Barracks, das 26 Hektar große Gelände in der Niederwerrner Straße. Der letzte Soldat wurde Ende August verabschiedet, am 19. September wird der Abschied gefeiert. 50 Häuser, darunter 14 Unterkunftsgebäude, gehen an die bundeseigene BImA, die sie gerne vermarkten möchte. Für eine Asylunterkunft käme die Vermietung einzelner Gebäude in Frage. Verhandelt wird am Montag, erst danach will sich die BImA öffentlich äußern. Am Freitag war trotz mehrfacher Nachfrage keine Stellungnahme zu bekommen. Interessant am Rande: Bevor die Amerikaner nach dem Krieg nach Schweinfurt kamen, gab es auf den späteren „Ledward“-Flächen eine Notunterkunft für Flüchtlinge aus Estland, Litauen, Jugoslawien und Polen, erläutert die BImA auf ihrer Homepage.
Im Schweinfurter Rathaus reagiert man auf Überlegungen, auf dem bisherigen US-Gelände Flüchtlinge unterzubringen, eher zurückhaltend. In dieser Notsituation aber müsse man den Menschen helfen, sagt Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Denkbar ist für den OB jedoch allenfalls ein „Provisorium“, schließlich habe man das Areal der Ledward Barracks längst verplant, unter anderem für den internationalen i-Campus der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt.
Auf Landesebene beklagt derweil der Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete Hans Jürgen Fahn (Erlenbach), die Staatsregierung tue zu wenig, um die „immer dramatischer werdende Situation in den Unterkünften wenigstens zu lindern“. Fahn fordert einen Flüchtlingsgipfel von Freistaat, Kommunen und Sozialverbänden. Gleichzeitig veröffentlichte der Freie-Wähler-Politiker am Freitag die Antwort von Sozialministerin Emilia Müller auf eine Anfrage, inwieweit Immobilien des Freistaats in Unterfranken zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sind.
Demnach stehen von 529 Liegenschaften derzeit 15 leer. Die meisten, darunter viele Forsthäuser von Wiesentheid bis Bad Bocklet, habe die Bezirksregierung auf ihre Eignung als Gemeinschaftsunterkunft überprüft. Dabei seien die meisten Gebäude, weil sie zu klein oder nicht heizbar sind, ausgeschieden. Einzelne wurden den Landratsämtern aber als kleinere dezentrale Quartiere für Flüchtlinge angeboten. So ziehen Mitte September Flüchtlinge ins alte Forsthaus von Maroldsweisach (Lkr. Haßberge) ein. Mitarbeit: SG