
Angeblich war der Fußball Schuld, dass am Samstag noch weniger Zuschauer als sonst zum Handball in Düsseldorf kamen. Doch dadurch fiel der Mann im Fortuna-Trikot richtig auf, der sich vielleicht auf dem Heimweg aus der Altstadt verlaufen hatte. Denn während dort Tausende Fans ab dem Nachmittag den 2:1-Sieg des Fußball-Zweitligisten in Dresden feierten, der den Wiederaufstieg in die Bundesliga bedeutete, beklatschten den so gut wie perfekt gemachten Klassenerhalt des Handball-Zweitligisten HC Rhein Vikings durch den 24:22 (10:10)-Überraschungserfolg über die DJK Rimpar Wölfe am Abend im Castello gerade mal 815 Besucher.
Eine Combo Trommler und ein paar Cheerleader
Nun hoffen sie beim ambitionierten Aufsteiger, dass der Verbleib im Unterhaus ihrem Vorhaben, hochklassigen Handball dauerhaft am Traditionsstandort zu etablieren, Aufschwung verleiht und in der nächsten Saison mehr als nur durchschnittlich 1000 Leute den Weg ins Castello finden – womit der Tabellen-14. im Zuschauerranking dieser Runde Vorletzter ist. Andernfalls kommt auf den überwiegend leeren der 3300 Plätze in der schmucken Arena weiter so viel Stimmung auf wie auf einem Dorffest mit einer Combo Trommler und ein paar Cheerleadern.
Allerdings bot die Partie der Vikings gegen die Wölfe lange auch nicht gerade solch sehenswerten Handballsport, dass er in einer volleren Halle Massen von den Sitzen gerissen hätte. Die Emotion, die dort fehlte, fehlte auch den Gästen, für die es im Endspurt sportlich nur noch um das Erfüllen eigener Ansprüche geht; die von einem großen Ziel getragenen Gastgeber erarbeiteten sie sich.
Akkus nicht genug aufgeladen
„Nach einem emotional, mental und körperlich so intensiven Spiel wie am Dienstag gegen Bietigheim sind die Akkus leer. Da reichen drei Tage nicht, um sie wieder aufzuladen und sich auf das gleiche Spannungsniveau zu hieven“, suchte Rimpars Trainer Matthias Obinger nach einer Erklärung für die Niederlage, deren Ursache „kein physisches, sondern ein psychisches Problem“ gewesen sei. Seine Mannschaft setzte ihren jüngsten Zickzackkurs damit fort. Vier Siegen im März und zwei astreinen Auftritten gegen die Topteams des Bergischen HC und des VfL Lübeck-Schwartau war am Freitag vor einer Woche der Tiefpunkt in Balingen (18:27) gefolgt, den der Höhepunkt gegen den Tabellenzweiten Bietigheim (25:24) fast wieder wettgemacht hatte. Und nun das in Düsseldorf.
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Anfangs hatte „das“ noch ansprechend ausgesehen. Die Unterfranken hatten gegen die überfordert wirkenden Rheinländer mit 5:1 (7.) geführt. Doch das leichte Spiel hatte sie zu Leichtfertigkeit verleitet. Statt den Vorsprung weiter auszubauen, hätten seine Schützlinge „das Torewerfen und Abwehrspielen eingestellt“, kritisierte Obinger. Nach 18 Minuten glichen die Gastgeber so zum 5:5 aus. Einen erneuten 3:0-Lauf der Gäste nach zwölf torlosen Minuten, die Obinger ein „Desaster“ nannte, egalisierte Düsseldorf bis zur Pause abermals zum 10:10. „Ausgehend von einer starken Defensiv- und Torwartleistung“ habe sich sein Team in die Partie gekämpft, lobte HC-Trainer Ceven Klatt. Sein DJK-Kollege dagegen ärgerte sich: „Es tut uns nicht gut, wenn wir gut in ein Spiel reinkommen. Wir brauchen es, uns reinzufuchsen, sonst denken einige unterbewusst, dass es auch mit halber Kraft geht. Und wenn wir dann über Kampf nicht wieder reinfinden, verlieren wir gegen jeden Gegner.“
Eben auch gegen einen Aufsteiger. Erst als die von ihrem Erstliga-erfahrenen neunfachen Torschützen Alexander Oelze angeführten Düsseldorfer nach 47 Minuten mit 19:14 vorn lagen, nahmen die Rimparer den Kampf wieder an. Zu spät. Sie kamen nur noch auf einen Treffer heran. Offensiv wie defensiv fehlte ihnen einfach die letzte Konsequenz.
Am kommenden Freitag ganz ohne Kreisläufer
Und auf der Kreisläuferposition fehlten „die Körner“. S. ergej Gorpishin wird von seinem Stammverein HC Erlangen nicht freigegeben, solange der Bundesligist einen personellen Engpass im Innenblock beklagt Weil die Situation „extrem prekär“ sei, brauche man ihn am Sonntag im Heimspiel gegen Wetzlar „dringend“ und „60 Minuten“, hatte HC-Geschäftsführer René Selke vergangene Woche im Gespräch mit dieser Redaktion angekündigt. Tatsächlich wurde Gorpishin laut eigener Aussage dann doch nur rund 20 Minuten benötigt. Ende der ersten Halbzeit kam er etwa zehn Minuten lang in Abwehr und Angriff zum Einsatz, Ende der zweiten noch einmal so lang in der Deckung.
Bei den Wölfen jedenfalls musste Patrick Gempp dadurch wie schon gegen Bietigheim fast durchspielen. „Es ist kein Wunder, dass er auf dem Zahnfleisch geht, wenn keiner da ist, der ihn ersetzen kann“, nahm ihn sein Trainer in Schutz und räumte ein: „Abgesehen von der Problematik auf dieser Position war das insgesamt zu wenig.“ Da Gempp an diesem Montag am Meniskus operiert wird, muss Obinger am Freitag gegen Dresden ganz ohne gelernten Kreisläufer auskommen. „Ich werde zu dem Thema nichts mehr sagen“, sagte er den mitgereisten Lokaljournalisten und verwies bei weiteren Fragen an die Geschäftsführung.