Auf dem Fußballplatz passieren bisweilen merkwürdige Dinge. Dieses 4:5 (3:2) der Würzburger Kickers bei der SpVgg Unterhaching bot alleine mehr Geschichten als fünf andere Spiele zusammen. Die Chronologie einer völlig verrückten Drittliga-Partie:
Samstag, 27. Januar, Sportpark Unterhaching, 14 Uhr: Das Spiel beginnt. Die Kickers sind mit Selbstvertrauen nach Unterhaching gereist. Trainer Michael Schiele hat die gleiche Startelf aufgeboten wie beim 3:1-Auftaktsieg gegen den FC Bayern II. Auch der Ex-Hachinger Dominik Widemanndarf wieder ran. Vielleicht hat Schiele ja das Gefühl, dass beim Neuzugang hier an alter Wirkungsstätte der Knoten platzt.
5. Spielminute: Perfekter Auftakt für die Gäste. Am Freitag hat Luke Hemmerich im Training noch intensiv Freistöße geübt, jetzt trifft er aus 18 Metern zum 1:0. Allerdings mit Glück. Sein Freistoß wird vom Unterhachinger Stefan Schimmer in der Mauer abgefälscht.
8. Spielminute: Unterhachings Torhüter Nico Mantl möchte im Boden versinken. Nach einem Rückpass hat er den Ball ein kleines Stückchen vom Fuß springen lassen. Kickers-Angreifer Luca Pfeifferhat nachgesetzt und stochert den Ball über die Linie. Der Würzburger Neuzugang, der schon am ersten Spieltag getroffen hat, hat das Zeug zum Schrecken der Drittliga-Keeper zu werden.
34. Spielminute: Es wird also doch kein Spaziergang für die Kickers im Münchner Vorort. Schimmer trifft per Kopf zum Anschluss, die Kickers-Abwehr wirkt nicht ganz sattelfest.
42. Spielminute: Was für eine Genugtuung! Das Hachinger Eigengewächs Widemann, das nach vier harten Jahren auf den Ersatzbänken in Heidenheim und eben Unterhachingin Würzburg einen Neubeginn startet, erzielt sein erstes Drittliga-Tor nach über vier Jahren. Einen allzu stürmischen Jubel verkneift sich Widemann. Auf dem Weg zurück in die eigene Hälfte deutet er dann aber doch auf seinen Rücken, dorthin wo sein Name auf das Trikot gedruckt ist.
45+2. Spielminute: Wieder trifft Schimmer für Unterhaching. Die Kickers führen zur Pause 3:2
48. Spielminute: Jetzt ist's endgültig der Tag des Dominik Widemann, glaubt nun jeder. Der Ex-Hachinger trifft zum 4:2 und versinkt unter einer Würzburger Jubeltraube.
56. Spielminute: Ein Blitz, ein Donnerschlag, ein Pfiff - Schiedsrichter Christof Günsch schickt die Teams sofort in die Kabine. Über der Münchner Vorstadt tobt sich ein Gewitter aus. Während es draußen in Strömen regnet, sitzen die Teams im Trockenen. Unterhachings Trainer Claus Schromm ist sich sicher, hier ist noch nichts gelaufen. "Da reicht ein Tor, dann wackelt der Gegner", gibt er seinem Team mit auf den Weg.
66. Spielminute: Nach einer Viertelstunde Pause ging es weiter und nun auch wieder in Richtung Unterhachinger Tor. Hemmerich trifft aus der Distanz die Latte.
83. Spielminute: Kickers-Trainer Michael Schiele wechselt zum dritten Mal aus. Patrick Sontheimer (Knie) und Dominik Widemann (Wade) mussten schon angeschlagen vom Feld. Ob sie bis Dienstag beim Spiel gegen Großaspach wieder fit sind? Jetzt geht der gelbbelastete Linksverteidiger Leroy Kwadwo raus. Auch er hat Muskelbeschwerden. Schiele bringt keinen Verteidiger, sondern Stürmer Patrick Breitkreuz. Fabio Kaufmann rückt nach links hinten.
87. Spielminute: Hemmerich verliert bei einem Dribbling im Mittelfeld den Ball, und plötzlich geht es ganz schnell. Christoph Ehlich verkürzt für die Hausherren. 3:4
90+1. Spielminute: Die Kickers schwimmen, bringen den Ball nicht hinten raus, der eingewechselte Niklas Zulciak spielt Hand. Der anschließende Freistoß rauscht an der Mauer vorbei an den Pfosten, springt an den Hinterkopf von Kickers-Keeper Verstappen und ins Tor. 4:4
90.+4. Spielminute: Der Gipfel des Wahsinns! Kaufmann unterläuft einen Ball, der Weg ist frei für die Hachinger, die spielen den Angriff überlegt zu Ende: Moritz Heinrich erzielt das 5:4. Bei den Hachingern brechen alle Dämme. Jubel, Ekstase! Die Kickers sind am Boden zerstört.
Vize-Kapitän Daniel Hägele kommt als einziger Würzburger Spieler zum Mediengespräch. Er sagt: "Mir fehlen die Worte."
- Kommentar: Schieles starkes Statement