Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Wusste schon Hermann Hesse in seinem vielleicht bekanntesten Gedicht "Stufen". Zauberhaft war der Anfang dieser Veranstaltung am Freitagabend freilich ausschließlich für die selbsternannten Zauberer aus Hohenlohe. Für die Baskets war er so richtig übel. Dass Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg am Ende das etwas glücklichere Team war und gegen die Hakro Merlins Crailsheim in der Verlängerung den siebten Saisonsieg doch noch eintüten konnte, obwohl die Partie nach nur gut fünf Minuten bereits verloren schien, hatte vor allem mit einer Leistungssteigerung nach der Pause zu tun, "als auch unsere Verteidigung endlich besser funktionierte", wie Baskets-Trainer Denis Wucherer sagte. "Am Anfang waren wir nicht bereit, nicht intelligent und nicht clever genug." Beim 92:88 (42:55, 84:84)-Erfolg gestatteten die Baskets den Gästen in den Vierteln drei und vier sowie in der Verlängerung lediglich noch je 15, 14 und vier Punkte. "Unser drittes Viertel", das die Baskets 26:15 gewannen, "war schon sehr gut", analysierte Wucherer treffend.
Anfangs freilich war's wie verhext. Nach 20 Sekunden durfte Luke Fischer das erste Mal an die Freiwurflinie. Er versemmelte beide, wobei ihm das Zauberkunststück gelang, den zweiten sogar als Airball zu vergeigen: Die Kugel berührte nicht einmal das unterm Ring hängende Netz. Die ersten fünf Angriffe der Baskets blieben allesamt ohne einen einzigen Punkt. Und weil die Merlins bei jeder ihrer Korbattacken punkteten, lagen die Baskets nach gerade einmal drei Minuten und 15 Sekunden sowie der ersten Auszeit gleich mal 0:14 (!) hinten.
Cameron Wells war es dann vergönnt, nachdem er von Maurice Stuckey in dessen erster Aktion gefoult worden war, von der Linie aus für die ersten beiden Würzburger Punkte zu sorgen. Der Baskets-Kapitän legte dann noch einen Dreier nach, und wer dachte, nun hätten sich die Gastgeber gefangen und bliesen zur Aufholjagd . . . Pustekuchen! Weil Stuckey aus seinen Jahren in Würzburg ja weiß, wo genau die Körbe hängen (und zwei Dreier hintereinander versenkte), lagen die Baskets nach nicht einmal fünfeinhalb Minuten schon mit 20 Zählern hinten (5:25). Die Begegnung schien entschieden. Anschließend konnten die Würzburger ihren Rückstand zwischenzeitlich zwar mal auf zehn Punkte, bis zum Viertelende aber letztlich um lediglich fünf Punkte reduzieren (19:34). "Wir hatten einen unglaublichen Start", sagte Crailsheims finnischer Trainer Tuomas Iisalo, der seinem Team völlig zurecht einen "Super-Basketball" in den ersten zehn Minuten attestierte und letztlich wie fast jeder in der ausverkauften Halle das von den Merlins 28:50 verlorene Rebound-Duell als entscheidenden Punkt der Niederlage ausmachte.
Baskets finden nicht zu ihrem Spiel
Weil Denis Wucherer in der zweiminütigen Verschnaufpause offenbar auch keine besonderen Zaubersprüche eingefallen sind, änderte sich im zweiten Abschnitt nicht wirklich viel an den Verhältnissen. Die Baskets fanden nicht wirklich zu ihrem Spiel, die Crailsheimer zelebrierten ihr schnelles Passspiel weiter und bewiesen Treffsicherheit. Wenigstens gelang den Hausherren, den Abstand nicht noch größer werden zu lassen. So schwankte der Rückstand zwischen 18 und 13 Punkten, mit denen ging es dann auch in die Halbzeit (42:55).
In der Pause fand Wucherer dann offenbar Zauberworte. Fischer und Koch sorgten für einen 7:0-Lauf und die erste Crailsheimer Auszeit, Wells, Fischer, Bowlin und Etou dann für den Ausgleich (62:62) nach knapp sechs Minuten und die zweite Spielunterbrechung durch die Gäste. Felix Hoffmann, am Ende vom Anhang zum wertvollsten Mann des Spiels gewählt, besorgte schließlich nach 27 Spielminuten den Baskets die erste Führung in dieser Partie: 64:62. Der überragende Crailsheimer Javontae Hawkins (18 Punkte, sechs Rebounds) unterbrach dann die dominante Phase der Baskets, die mit zwei Zählern Rückstand (68:70) in den Schlussabschnitt gingen.
Sonderlob für Victor Rudd
In dem holte der an diesem Abend von Wucherer mit einem Sonderlob bedachte und bärenstark aufspielende Victor Rudd (sieben Rebounds, acht Vorlagen) mit seinen ersten und einzigen drei Punkten gleich mal die Führung zurück, und was sich dann ereignete in den restlichen Minuten war bestimmt keine geeignete Therapie für Menschen mit Bluthochdruck, egal, ob ihr Herz für die Baskets oder die Merlins schlägt. Beide Mannschaften geizten erstmal mit Körben. Fünf Minuten vor Schluss lagen die Würzburger wieder mit einem hinten (73:74), gut zwei Minuten und (weil er ja weiß, wo die Körbe hängen) den nächsten zwei Dreiern am Stück von Stuckey mit fünf (75:80). Mal wieder Cameron Wells – wer sonst? – stellte im Alleingang das Ergebnis pari (80:80), da waren noch knapp zwei Minuten auf der Uhr. 1,6 Sekunden vor Ertönen der Schlusssirene erzwang dann erneut der herausragende Wells (25 Punkte) mit einem ganz tiefen Griff in die Zaubertrickkiste zum 84:84 die Verlängerung.
In der Overtime schließlich ließen die Baskets nichts mehr anbrennen: Fischer, der mit zwölf Punkten und zehn Rebounds ein Double-Double auflegte, Etou, Wells und Koch tüteten den zwar freilich etwas glücklichen, aufgrund der bezaubernden Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte aber auch nicht unverdienten Erfolg in diesem Basketball-Krimi dann ein. Insofern wohnte also auch dem Ende dieses spektakulären Abends ein gewisser Zauber inne.