Noch nie spielten so viele deutsche Basketballer in der stärksten Liga der Welt, der NBA. Die deutsche Nationalmannschaft hatte lange nicht mehr eine Chance, so erfolgreich zu sein wie bei der Weltmeisterschaft in diesem Sommer in China. Und was hat das mit zwei Würzburgern zu tun? Ein Gespräch mit Bundestrainer Henrik Rödl vor den letzten beiden WM-Qualifikationsspielen an diesem Donnerstag in Israel und am Sonntag in Bamberg gegen Griechenland, in dem es „nur“ noch um den Gruppensieg und damit um eine bessere Ausgangsposition für die WM-Auslosung geht.
Frage: Sie sprechen mit einer Zeitung aus Würzburg. Da sollte klar sein, welche Frage als erste kommt, oder?
Henrik Rödl: Es gibt mehrere Würzburger Geschichten für mich. Aber schießen Sie los.
Geht jetzt erst mal um Joshua Obiesie,den sie Sie sich in Würzburg angeschaut und dann gleich für die Lehrgänge vor den beiden abschließenden WM-Qualifikationsspielen nominiert haben. Sie werden ihn zwar nicht mitnehmen zu den Spielen, dennoch: Was hat Sie dazu bewogen, ihn schon mal einzuladen?
Rödl: Na ja, ich habe nicht so viele Möglichkeiten, mit jungen Spielern zusammenzuarbeiten, weil die oft in ihren Bundesliga-Teams integriert sind. Diese neuen Länderspielfenster geben mir natürlich die Möglichkeit, junge Spieler mir mal etwas genauer anzuschauen. Joshua Obiesie und auch Jonas Mattisseck aus Berlin gehören zu den stärksten in ihrem Jahrgang. Vor allem auch in einer Position, die zwar derzeit nicht vakant ist, aber natürlich eine ist, die sehr wichtig ist und die wir fördern wollen, weil es so viele Aufbauspieler nicht gibt. Und diese beiden jungen Spieler sind natürlich sehr interessant, weil sie in der Bundesliga und im Europapokal wie Obiesie oder Mattisseck im Pokal sehr gut gespielt haben. Beide haben gezeigt, dass sie bereits in ihrem jungen Alter auf dem Niveau nicht nur mithalten können, sondern auch Akzente setzen können. Sie hatten nun die Chance, ein bisschen reinriechen zu können.
- Lesen Sie hier ein Porträt über Joshua Obiesie: Warum ein großes Talent zu den Baskets ging
Es ging also erst mal vor allem ums Beschnuppern?
Rödl: Ich gehe davon aus, dass beide die große Chance haben, in naher Zukunft in den A-Kader einzusteigen. Und das war nun die Möglichkeit, sie mal reinriechen zu lassen. Damit sie sehen, was da so los ist.
Was erwarten Sie denn von den zwei letzten WM-Quali-Spielen? Sie haben gerade nicht die stärkste Mannschaft zur Verfügung, weil die NBA-Spieler wegen des aktuellen Spielbetriebs in den USA nicht dabei sein werden.
Rödl: Dass wir uns so frühzeitig für die WM qualifiziert haben, dafür kann man dankbar sein. Vor allem, weil die Jungs in so vielen Formationen ihr Allerbestes gegeben haben und wir oft gut ausgesehen haben.
Der Gruppensieg spielt eine Rolle für die Auslosung bei den WM-Gruppen . . .
Rödl: Das spielt eine Rolle, ja. Aber es ist nicht das einzige Ziel. Die Partie gegen Griechenland ist ein Endspiel für diese Gruppe, klar, aber wir werden unsere Hausaufgaben machen, für beide Spiele, gegen Israel und Griechenland. Das sind zwei sehr, sehr wertvolle Spiele für uns.
Sie waren früher Bundesligatrainer. Unter anderem Pokalsieger mit Alba Berlin. Kann man die Aufgabe mit ihrer jetzigen vergleichen?
Rödl: Es ist ein sehr schwieriger Vergleich. Ich bin sehr froh, dass ich jetzt diese Aufgabe erfüllen darf. Wir haben die Chance, bei einer Weltmeisterschaft gut auszusehen. Es ist eine sehr junge Mannschaft, die sich noch entwickeln muss. Die sind alle super motiviert. Wir haben Spieler, die am Anfang ihrer Karriere in den höchsten Ligen der Welt spielen. Es ist eine super spannende Zeit, Bundestrainer zu sein. Natürlich ist die WM auch eine große Chance, sich eine gute Ausgangsposition für die Qualifikation für Olympia 2020 zu schaffen. Ich bin froh, zur Zeit Bundestrainer zu sein.
Es heißt immer wieder, die Nationalmannschaft, wenn Sie alle NBA-Spielern nominieren können, sei vergleichbar mit den Mannschaften, die 1993 Europameister und neun Jahre später Dritter bei der Weltmeisterschaft geworden sind. Sie waren bei beiden Erfolgen als Spieler dabei. Sehen Sie das ähnlich?
Rödl: Ich glaube, dass wir eine Chance haben, auf den Weg dahin zu kommen. Dass wir aber aktuell in der Form sind, Europameister zu werden oder bei einer Weltmeisterschaft vorne zu landen – das muss die Mannschaft erst anfangen zu bestätigen. Wir haben keine Angst vor den Gegnern. Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Aber unsere jetzige Mannschaft ist noch so jung, dass man weiter daran basteln kann und muss.
NBA-Spieler Maximilian Kleber hat uns neulich gesagt, dass er noch niemals bei einer EM oder WM gespielt habe, auch nicht als Jugendlicher. Er will unbedingt in China dabei sein. Ist das ein Zeichen, dass viele wieder stolz sind, in der Nationalmannschaft zu spielen?
Rödl: Als ich damals gespielt habe, war das genauso. Natürlich ist das ein gutes Zeichen.
Zwischenzeitlich hatten viele Spieler ihre eigene Karriere in den Vordergrund gestellt und auf die Nationalmannschaft mehr oder weniger gepfiffen . . .
Rödl: Es gibt auch heute noch Spieler, die das so sehen. Aber diese Formationen, die wir in den letzten eineinhalb Jahren gefunden haben und die mit dieser Leidenschaft rangegangen sind, die haben diese Einstellung nicht, weil sie den Erfolg haben wollen.