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HANDBALL: ZWEITE BUNDESLIGA MÄNNER
Wölfe-Herzschmerz nach einer Saison am Limit
20170610FSSCHRIM049       -  Die einen jubeln, die anderen weinen: Während die Rimparer Wölfe nach der Niederlage beim VfL Bad Schwartau und dem geplatzten Aufstiegstraum in sich zusammensinken, feiern die einheimischen Fans ihre Mannschaft.
Foto: Frank Scheuring (foto2press) | Die einen jubeln, die anderen weinen: Während die Rimparer Wölfe nach der Niederlage beim VfL Bad Schwartau und dem geplatzten Aufstiegstraum in sich zusammensinken, feiern die einheimischen Fans ihre Mannschaft.
Natalie Gress
 |  aktualisiert: 22.08.2022 16:37 Uhr
„Der Schmerz ist unbeschreiblich.“ Da stand Sebastian Kraus am Samstagabend kurz vor 20 Uhr in der für ihn und seine Kameraden zur Hansehölle gewordenen Hansehalle von Lübeck und stanzte in die Stickigkeit aus Schweiß und Tränen diesen Satz, der gleichsam zum Schlusswort für eine ganze Saison wurde. Zynischerweise für die erfolgreichste Saison, die die Zweitliga-Handballer der DJK Rimpar Wölfe je gespielt haben. Sie endete jedoch nicht auf einem Aufstiegsplatz, sondern mit dem Fall von Rang zwei auf vier, der sich für sie erst mal anfühlte wie ein Sturz ins Bodenlose.  
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Nicht Worte waren es, die den Schmerz der Sportler nach der 29:31 (16:17)-Niederlage im Finale beim VfL Bad Schwartau beschrieben, es waren ihre Gesichter. Gesichter, gezeichnet von der Traurigkeit über einen toten Traum mit rotgeränderten Augen und leeren Blicken. „Welch einmalige Chance wir hier tatsächlich verpasst haben, werden wir wohl erst in ein paar Tagen realisieren“, sagte DJK-Chefcoach Matthias Obinger, der hemmungslos weinte wie so viele andere.

Fanfest nach der schlaflosen Nacht

Am Sonntagnachmittag beim Fanfest an der „Hölle Nord“ in Rimpar lächelte er nach einer schlaflosen Nacht zwar wieder, meinte aber: „Diese Erfahrung ist brutal. Sie fühlt sich an, wie wenn du auf Zehenspitzen auf der obersten Sprosse einer Leiter stehst, schon die Finger an dem Pokal hast, nachdem du greifen möchtest,  und dann schnappt ihn dir noch einer weg.“

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Während bei blendendem Sonnenschein die Blasmusik spielte, hallten in manchen Köpfen noch die Partyhits des Samstagabends nach. „Wir feiern die ganze Nacht“, „Die Hände zum Himmel“ und „Oh, wie ist das schön“ hatte es in der Lübecker Halle wie Häme aus den Boxen gedröhnt, so dass man den Gästen gewünscht hätte, die Gastgeber hätten etwas mehr Gespür beweisen bei ihrer Musikauswahl. Nur ein paar Meter neben den heulenden Wölfen feierten sich die Bad Schwartauer Spieler selbst, als hätten sie soeben den Aufstieg perfekt gemacht.

Unsportlicher Finaltag?

Dabei hatten sie mit ihrem zweifellos verdienten Sieg nur dem TV Hüttenberg zum Sprung in die Bundesliga verholfen. Die Mittelhessen taten zwar auch ihren Teil dazu, indem sie Meister TuS N-Lübbecke zu Hause mit 30:25 bezwangen, doch hatte dieser Erfolg aus Sicht der Wölfe einen unsportlichen Beigeschmack: Der Spitzenreiter soll bereits unter der Woche seinen Wiederaufstieg auf Mallorca gefeiert haben. „Wenn schon, dann hätte ich mir gewünscht, dass wir sportlich nicht aufsteigen“, kommentierte Rimpars Geschäftsführer Roland Sauer, der sich trotz allem „sehr stolz“ zeigte auf das, „was unsere Jungs in dieser Saison geleistet und dem Verein gegeben haben“. Platz drei sicherte sich wie zu erwarten die TSG Ludwigshafen-Friesenheim, die das bereits abgestiegene Schlusslicht HC Empor Rostock mit 30:27 bezwang.
  Und so endete das dramatischste Saisonfinale, das die Zweite Liga je erlebt hat, am tragischsten für die Mannschaft, die am aussichtsreichsten in den Showdown gegangen war.  „Wir haben der für uns ungewohnten Situation nicht standgehalten, sagte Kapitän Stefan Schmitt. „Der Druck war zu groß.“

23 Siege, vier Unentschieden, elf Niederlagen

Wo anfangen in diesem denkwürdigen Duell des 10. Juni 2017? Bei Schlüsselszenen? Oder bei Schlüsselspielern? Wo sich doch am Ende ohnehin alles zu einem großen Puzzle zusammenfügt, an dem jeder seinen Anteil hat, in der elften Niederlage genauso wie in den 23 Siegen und vier Unentschieden zuvor.
 
Vielleicht in dem Moment, als Matthias Obinger endgültig klar war, dass es nichts werden würde mit der Sensation. „Das war 90 Sekunden vor Schluss, als wir wieder mit drei Toren hinten lagen.“ Nachdem Kreisläufer Jan Schäffer beim Stand von 27:29 vom eigenen Torraum am leeren VfL-Kasten vorbeigeworfen hatte, trafen die Hanseaten im Gegenzug ins verwaiste DJK-Gehäuse. Die Vorentscheidung.

Und doch nur eine Szene von vielen, in der es die Wölfe in der zweiten Halbzeit verpassten, auf mehr als zwei Treffer heranzukommen. So, wie sie es in der ersten verpasst hatten, mit mehr als drei Toren davonzuziehen. Weil sie in den ausschlaggebenden Situationen falsche Entscheidungen trafen. Weil diese falschen Entscheidungen zu individuellen Fehler wie Ballverlusten, Stürmerfouls, Fehlpässen- und -würfen führten. Und weil sie zwar bis zum Ende kämpften, aber, so wirkte es zumindest, nicht bis zum Ende an sich glaubten.

Kein Zugriff in der Abwehr

Dabei waren die Gäste, getragen vom Getrommel und den Gesängen ihrer Fans, mit einer 4:1-Führung (6.) vielversprechend gestartet. Nach 17 Minuten hatten sie den ersten Ausgleich kassiert (7;7), sieben Sekunden vor der Pause waren sie erstmals in Rückstand geraten (16:17). Bereits in diesem ersten Abschnitt deutete sich mit zunehmender Dauer an, dass der Schiss vorm Scheitern wuchs. Zu Beginn des zweiten Durchgangs, sonst oft die stärkste Phase der Unterfranken, schien die Angst nach einem 3:0-Lauf der Nordlichter plötzlich größer als die Lust am Legendeschreiben.

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Doch nicht nur mental, auch spielerisch stießen die Grün-Weißen nach einer Saison, „in der wir fast permanent am und manchmal sogar überm Limit gespielt haben“ (Obinger) an ihre diesmal nicht mehr verrückbaren Grenzen. Nach der Anfangsphase verloren sie in der Abwehr den Zugriff auf den vor allem aus dem Rückraum gefährlichen Gegner. Auch Torwart Max Brustmann bekam nach acht Paraden in den ersten 20 Minuten lange keinen Ball mehr zu fassen und wurde in der zweiten Hälfte zwischenzeitlich für Andreas Wieser ausgewechselt.

 
Sommerpause bis 12. Juli

Im Angriff fanden die Wölfe gegen den massiven Defensivblock der Bad Schwartauer Zwei-Meter-Männer teilweise nicht genügend Mittel. Symbolisch dafür standen nicht zuletzt die Schlagwürfe von Spielmacher Benjamin Herth, die fast allesamt an der VfL-Mauer abprallten. „Der Gegner war einfach besser als wir“, sagte Rechtsaußen Julian Sauer ernüchtert. Und so war um 19.43 Uhr das bittere Ende besiegelt.

„Alles, was wir uns über neun Monate erarbeitet haben, ist nun mit einem Schlag weg“, haderte Kapitän Schmitt. Jetzt ist erst mal Tabula rasa angesagt. Nach den Urlauben und der Sommerpause starten die Rimparer am 12. Juli in die Vorbereitung auf die neue Saison. Dann heißt es: Alles auf Null.

 

Wölfe des Tages

Die Fans

Auf die Rimpar Anhänger waren sogar die Bad Schwartauer neidisch. Sie unterstützten ihre Spieler im Finale unermüdlich, trösteten sie nach der Niederlage und feierten sie am Sonntag mit einem Empfang.

 

Die Statistik des Spiels

Bad Schwartau: Mallwitz (bei einem Siebenmter), Klockmann (1.- 60.) – Glabisch 2, Milde 4, Podpolinski 2, Hansen 4, Ranke 1, Waschul 1, Schult 6, Fuchs 2, Wischniewski 2/1, Bruhn, Metzner 7, Zimmerman, Claasen.
Rimpar: Brustmann (1.-38., 54.-60.),  Wieser  (39.-43.) – Kraus 1, Schmitt 3, Schömig 2, Böhm 2, Bötsch 2, Schäffer 2, Schmidt 10/7, Kaufmann 4, Siegler, Brielmeier 1, Herth 1, Sauer 1.
Spielfilm: 1:4 (6.), 3:4 (7), 4:6 (12.), 7:7 (17.), 7:9 (18.), 9:11 (21.), 13:13 (26.), 17:16 (HZ), 20:16 (35.), 20:18 (36.), 23:19 (42.), 24:22 (45.), 26:22 (48.), 27:22 (49.), 27:25 (51.), 29:25 (53.), 29:27 (50.), 30:27 (58.), 31:29 (Endstand).
Siebenmeter: 2/1 : 9/7.
Zeitstrafen: 4 : 4.
Schiedsrichter: Brauer/Holm (Hamburg).
Zuschauer: 2140.

 
 
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