Skifahren ums Eck - dass es damit bald vorbei sein dürfte, das wissen sie beim Skiclub Bütthard. Bütthard? Ja, das Bütthard bei Giebelstadt im Landkreis Würzburg. Ums Haar badisch und keine 290 Meter hoch gelegen. Hat einen Skiclub? Ja, mit 850 Mitgliedern, zahlreichen Skilehrern und einem talentierten Rennfahrer. Dieser besondere Club ist weder in der Rhön noch im Fichtelgebirge daheim, sondern im Flachland des Ochsenfurter Gaus und sieht sich bestens aufgestellt, "seinen" Sport gesund durch den Klimawandel samt prognostiziertem Schneemangel zu navigieren.
"Der Umweltgedanke ist sehr wichtig für uns", betont Franz Kraupe, der den Club vor 40 Jahren gegründet hat. Er selbst hat das Skifahren als Zehnjähriger gelernt, als die Mittelgebirge im Winter noch dick verschneit waren. Mit 15 fuhr er das erste Mal im Gebirge, legte anschließend bei den Gebirgsjägern seine Ausbilder-Prüfung ab und wurde ziviler Skilehrer. Begleitet von der Erkenntnis: "Familien können sich diesen teuren Sport kaum leisten." Und so entstand die Idee, einen Verein zu gründen mit dem Motto: "Skifahren lernen, preiswert und auf hohem Niveau" - die Geburtsstunde des Skiclubs Bütthard am 3. März 1983.
Seither ist er gewachsen und gewachsen, bis zum Aufnahmestopp. Was ist das Geheimrezept? "Die Kombination aus qualifizierten Skilehrern und dem Rundumpaket zu niedrigem Preis", sagt der 62-Jährige und meint damit vor allem die organisierten Skifahrten, bei denen sie auch immer reichlich Equipement dabei haben: Bohrmaschine, Kippstangen, Flaggen für den Trainingskurs - "und wir arbeiten mit Kameras, machen abends Videoanalysen", sagt Kraupe.
Stets begleitet werden die Mitglieder von ausgebildeten Trainerinnen und Trainern. Aktuell sind es 29 Lehrerinnen und Lehrer plus drei Mitglieder im Landes- sowie mit Tobias Schreck einem im Bundeslehrteam. Kraupe meint: "So ein Niveau gibt es in Nordbayern nicht noch einmal."
Über die Jahre stellten sich sportliche Erfolge im Kinderbereich auf unterfränkischer Ebene ein, 2000 wurde die alpine Ski-Rennmannschaft gegründet - mit bis zu 20 Läuferinnen und Läufern. Zeitgleich habe man im Skiclub allerdings auch erkannt: "Das auf einem guten Niveau betreiben zu wollen, ist in unseren Breitengraden kaum möglich. Dann kam der Umweltgedanke hinzu und es war nicht länger zu vermitteln, jedes Wochenende ins Gebirge zum Training zu fahren."
Leistungssport zu Gunsten des Breitensports zurückgeschraubt
"Da haben wir den Leistungssport zurückgeschraubt und uns breitensportlicher aufgestellt", sagt Kraupe, der als Bankdirektor die Raiffeisenbank Bütthard-Gaukönigshofen führt. Doch wie kann man umweltbewusster Ski fahren? "Mit dem Bus fahren 50 Personen, der Bus braucht 30 Liter Sprit. Würden wir mit 15 PKW fahren, sind das bei durchschnittlich acht Litern insgesamt 120", erklärt er beispielsweise den Transport. Der Umweltgedanke bestimme auch die Wahl der Skigebiete. In der Regel gehe es in kleine, familiäre Skigebiete wie das Südtiroler Ahrntal, in kleine Gasthöfe und familiengeführte Hotels statt große Wellnesspaläste.
Im Skigebiet Klausberg, ganz hinten im Tal, etwa scheine auf die Nordhänge kaum Sonne, dafür bleibe der Schnee dort liegen. Im Sommer werde das talwärts rauschende Schmelzwasser zu Strom, mit dem überschüssigen werde das Wasser aus der Ahr wieder nach oben gepumpt und gespeichert. Die Energie für die Schneekanonen im Winter sei so ausnahmslos erneuerbar, erklärt der Skiclub-Gründer.
Kraupe weiß natürlich, dass die Forderungen nach einem baldigen Ende des alpinen Ski-Tourismus in seiner derzeitigen Ausprägung nicht indiskutabel sind, ringt um Kompromisse: "Andere fliegen mitunter mehrere Male im Jahr zigtausend Kilometer, wir fahren 500 Kilometer mit dem Bus und bewusst nicht in die tollen, größten Skigebiete, wo aus konventionellem Strom Schnee erzeugt wird."
Irgendwann das Skifahren auch eigenen Kindern beibringen
Einer, der für den SC Bütthard bereits öfters auch in den großen Gebieten auf den Skiern stand, ist Noah Hasenfuß aus Eichenbühl (Landkreis Miltenberg). Der semiprofessionelle Skirennläufer ("Ich fahre immer auf der letzten Rille - schnell oder raus"), den seine Eltern als Zweijährigen das erste Mal auf die Latten gestellt haben, war in der U16 im Slalom und Riesenslalom unter den Top 50 in Deutschland - mit einer DSV-Punktzahl um die 50.
Was das wert ist, zeigt die Ausgangspunktzahl eines Frischlings von 1000, von der es sich herunterzuarbeiten gilt. Der Sieger eines Rennens bekommt null Punkte plus eine zuvor festgelegte Punktzahl (Grundaufschlag), der sich nach der Qualität des Starterfeldes richtet. Je schwächer nominell das Feld, desto höher der Aufschlag. In diesem Winter ist der ehemalige nordbayerische U-16-Meister noch kein Rennen gefahren. Denn Hasenfuß steht im dritten Lehrjahr zum Physiotherapeuten und vor den Prüfungen.
Studie zeigt: Es gibt immer wenige Skitage in den Mittelgebirgen
Auch wenn Hasenfuß mit seinen 19 Jahren zu einer prinzipiell eher klimasensiblen Generation gehört, ein schlechtes Gewissen wegen seines Sports hat er nicht - mag es sich auch nicht einreden lassen. "Ich bin nie ins Zweifeln gekommen. Wenn andere im Sommer wegfliegen, bin ich zu Hause." Mit seinem Rennteam fahre er immer von Nürnberg aus mit Kleinbussen, nie individuell. Hasenfuß hofft, in 20 Jahren noch Skifahren zu können und würde es später gerne mal eigenen Kindern beibringen - bevorzugt auf Naturschnee. Den es, mischt sich Kraupe ein, "wohl nur noch auf 1600 oder sogar 2000 Metern verlässlich geben dürfte".
Die Daten sprechen eine deutliche Sprache: Eine Studie des Bund Naturschutzes weist im oberfränkischen Fichtelgebirge für die Zeitspanne von 1960 bis 2020 für den Langlauf bei einer Mindest-Schneehöhe von 15 Zentimetern einen Rückgang der geeigneten Tage von 80 auf 35 aus, für die Alpinen bei 30 Zentimetern von 50 auf 15. "Die Zahlen unterschreibe ich alle", sagt Kraupe. "In den Mittelgebirgen und niedrigen Gebieten in den Alpen gibt es keine Planungssicherheit für Skiurlaub."
Tourengehen als Alternative für teurer werdenden Alpin-Tourismus
Knapp 15 Millionen Deutsche fahren regelmäßig Ski alpin, viele aus Norddeutschland, die meisten kommen mit dem Auto. "Ein No-Go", plädiert Kraupe für verantwortungsvollen Ski-Tourismus: "Die Zukunft kann nur sein, dass Skipässe in Kombi mit einem Bus- oder Zugticket angeboten werden." Außerdem lasse sich Skifahren als Massentourismus auch über die Preise regeln.
Eine günstigere Alternative stelle das Tourengehen dar, das immer mehr Menschen für sich entdeckten. Kraupe schätzt auch den Ausflug abseits der Piste - allerdings nur mit entsprechender Rettungsausrüstung und erfahrenen Führern auf geöffneten Varianten oder ausgewiesenen hochalpinen Touren. Auch für Ungeübtere populär geworden sei außerdem der Aufstieg am Pistenrand - zur Freude von Skiclub-Gründer Franz Kraupe: "Wer den Berg hoch geht, hat ein ganz anderes Naturbewusstsein."