Rückendeckung für den Vorstand des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV): Mit deutlicher Mehrheit haben sich die Klubs hinter den Vorschlag gestellt, die laufende Saison wegen der Corona-Krise nicht abzubrechen. Der Amateurfußball in Bayern soll bis 31. August ruhen und dann, falls die Behörden ihr Okay geben, wieder starten. Dabei soll die unterbrochene Saison im September fortgesetzt und zu einem regulären Ende gebracht werden.
Der Verband hatte die Klubs im Internet über diesen Vorschlag abstimmen lassen. 3197 Vereine beteiligten sich, das entspricht einer Beteiligung von 73,53 Prozent. 2178 Klubs (68,13 Prozent) votierten für den Verbandsvorschlag, 1019 (31,87 Prozent) dagegen. In Unterfranken waren es 463 der 760 Klubs, die sich an dem Internet-Votum beteiligten (60,92 Prozent). Hier stimmten 61,56 Prozent für den Verbandsvorschlag. Im Fußballkreis Rhön lag die Zustimmungsrate bei 67,33 Prozent. In Schweinfurt votierten 63,64 Prozent der Klubs für eine Saisonfortsetzung, im Fußballkreis Würzburg waren es 59,84 Prozent.
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„Ich bin erfreut, dass so viele Klubs an der Abstimmung teilgenommen haben und ihre Meinung geäußert haben“, sagte BFV-Bezirksvorsitzender und Vize-Präsident Jürgen Pfau. Bereits am Mittwoch will der Verbands-Vorstand das weitere Vorgehen beschließen. „Wir haben schon die Rahmenbedingungen geschaffen“, sagt Pfau. Die Möglichkeit, die Saison über den 30. Juni hinaus zu verlängern sei so gegeben, nun gelte es, die Entwicklung zu beobachten und im Bedarfsfall einzelne Regeln anzupassen.
„Für das Modell sprachen natürlich viele rechtliche Aspekte. Aber es ist auch gut, dass am Ende dieser Spielzeit eine sportliche Entscheidung steht“, so Pfau, der freilich einräumt, dass darüber, wie eine folgende Spielzeit, die im Juni 2021 beendet sein müsste, aussehen kann, noch große Unklarheit besteht. „Wir mussten ja erst einmal das Votum der Klubs abwarten. Und dann werden wir sehen, wann der Ball wieder rollen kann“. Wir haben uns in der Region umgehört, wie die Vereine abgestimmt haben.
Für die Fortsetzung der Saison haben gestimmt:
• Steffen Amling (Abteilungsleiter TSV Unterpleichfeld, 1. A-Klasse WÜ 1): „Wir haben uns für eine Fortführung der Saison ausgesprochen. Es ist die fairste Lösung, die Entscheidung im sportlichen Wettbewerb herbeizuführen. Unsere erste Mannschaft steht zwar im sicheren Mittelfeld, aber unsere Reserve ist in der A-Klasse Tabellenführer. Es wäre ungerecht, das bisher Geleistete für nichtig zu erklären. Auch wäre nicht klar gewesen, wie es weitergeht, ob mit einer gänzlichen Annullierung oder ohne Absteiger. Zudem hätte ich einen Schnellschuss in diese Richtung als falsch empfunden, da auch nicht klar ist, ob es im September weitergehen kann.“
• Markus Wlacil (Vorstand Sport FC Haßfurt, Tabellenführer Kreisliga SW 2): „Die vom BFV vorgeschlagene Vorgehensweise halten wir für eine gute Lösung. Der FC Haßfurt will weiterspielen, den möglichen Aufstieg wollen wir sportlich und nicht am grünen Tisch erreichen. Keiner weiß, was in sechs oder acht Wochen ist. Die Wechselfrist sollte entsprechend verlängert werden, alles andere macht keinen Sinn.“
• Dominik Ruh Trainer TSV Gochsheim (2. Bezirksliga Ost, ein Punkt hinter Tabellenführer Wiesentheid): „Ich habe gesagt, dass ich am Saisonende aufhöre. Wann das sein wird, ist mir egal. Für mich ist klar, dass ich zusammen mit meinem Trainerkollegen Stefan Riegler die Runde beenden werde. Ich persönlich würde die Saison gerne zu Ende spielen. Ein halbes Jahr lang haben wir uns die Position erarbeitet und nun die Relegation im Blick – das will man nicht verschenken. Bei einer Annullierung der Saison hätte man ein halbes Jahr umsonst gespielt, das fände ich überhaupt nicht zielführend."
• Alexander Ziegler, Vorsitzender DJK Schwebenried/Schwemmelsbach (9. Landesliga Nordwest): „Wir haben den Vorschlag des BFV befürwortet. Ganz ehrlich: Abbrechen kann man immer noch. Wir halten es für die bessere Variante, zu versuchen, diese Situation auszusitzen – aber ich bin auch froh, dass ich es nicht entscheiden muss. Da unsere Spieler ja nur Aufwandsentschädigungen erhalten, die derzeit nicht anfallen – und das gesamte Trainerteam während der Krise auf Geld verzichtet, ist die Situation für uns aus finanzieller Sicht nicht angespannt. Das liegt aber auch daran, dass beispielsweise die Rasenpflege von Ehrenamtlichen übernommen wird.“
• Stefan Zull (Sportleiter TSV Retzbach, 15. = Abstiegsplatz Bezirksliga West): „Natürlich wäre ein Abbruch oder eine Annullierung für uns von Vorteil gewesen. Aber im Interesse der Fairness haben wir trotzdem anders abgestimmt. Sonst hätten die ganzen bisher erbrachten Leistungen ja nichts gezählt. Man sollte im September versuchen, die ganze Sache auf sportliche Weise irgendwie zu Ende zu bringen.“
• Leo Weiglein (Sportleiter FC Geesdorf, 3. Landesliga): „Ich bin grundsätzlich für das BFV-Modell mit Fortsetzung der Runde im Herbst. Wir stehen in der Tabelle jenseits von Gut und Böse. Uns könnte es also egal sein. Aber wir sind 18 Mannschaften in der Landesliga. Wenn wir jetzt die Runde abbrechen und am 1. September mit einer neuen Runde anfangen würden, wie sollen wir das bei der Vielzahl der Spiele regulär schaffen und zu Ende bringen? Da bestünde die Gefahr, dass nicht nur eine, sondern zwei Saisons in den Sand gesetzt werden. Der Verband muss jetzt klären, ob es eine Wechselfrist geben wird und wie die aussehen könnte.“
• Christoph Adrio (Abteilungsleiter FC Thulba, 8. Bezirksliga Ost): „Ich hatte das Webinar des BFV verfolgt und dann gemeinsam mit unserem Vorsitzenden Dietmar Werner entschieden, dem BFV-Vorschlag zu folgen. Trainer Victor Kleinhenz und sein Nachfolger Oliver Mützel tragen das auch mit. Für uns ist es wichtig, dass die Saison sportlich fair zu Ende gebracht werden kann. Die Runde soll auf dem Rasen ausgespielt werden und nicht am grünen Tisch. Außerdem ist man mit dieser Lösung auch zeitlich flexibel, falls doch nicht ab dem 1. September gespielt werden kann. Für alle ist das eine komische Situation.“
• Wolfgang Werner (Vorsitzender FC 06 Bad Kissingen, 5. Bezirksliga Ost): „Wir haben für den Vorschlag des BFV gestimmt, weil dieser für uns die vernünftigste und gerechteste Lösung ist, wenn man die Vereinsbrille abnimmt. Vor allem, was mögliche Auf- und Abstiege angeht. In unsere Entscheidung waren acht Personen involviert, zwei haben sich enthalten, sechs sind dem Vorschlag gefolgt. Was uns weh tut, sind die fehlenden Einnahmen aus der Gastronomie. Wir hatten die Auftragsbücher voll und hätten in der Rückrunde lukrative Derbies gehabt. Zum Glück haben wir keine Vertragsspieler mehr wie das noch zu Bezirksoberligazeiten der Fall war. Und mit den Trainern haben wir eine gute Lösung gefunden.“
Gegen Fortsetzung der Saison
• Sercan Acan (Abteilungsleiter ETSV Würzburg, 6. Kreisliga WÜ 2): „Wir stimmten für einen Abbruch der Saison. Uns hätte ein vorzeitiges Ende wenig tangiert, da wir mit beiden Mannschaften im gesicherten Mittelfeld stehen. Zudem hätte das Klarheit bedeutet, es wäre geregelt gewesen und wir hätten uns auf die neue Saison gefreut. Allerdings ist mir klar, dass jeder Verein seine eigene Situation beurteilen muss. Auch könnte es zu Spielerengpässen kommen, wenn einige nach Abklingen der Pandemie wegfahren. Wichtig ist letztlich, dass es überhaupt weitergeht. Daher finde ich, dass man die Entscheidung, die die BFV-Spitze aufgrund des Votings trifft, akzeptieren sollte. Wichtig ist nur, dass die Vereine entsprechend Vorbereitungszeit bekommen.“
• Trainer Sven Gehring, SG Traustadt/Donnersdorf (10. Kreisklasse SW 2, zwei Punkte vor Abstiegsplatz): „Ich habe beschlossen, in der Krise, solange nichts anfällt, auf mein Gehalt zu verzichten, um so ein bisschen zu helfen. Ich persönlich halte das Vorhaben des Bayerischen Fußball-Verbands für keinen guten Plan. Mir geht es nicht um die Tabelle, sondern darum, dass ich die Mannschaft monatelang noch fit halten und für Motivation sorgen muss. Das ist nicht einfach. Bei uns ist die Situation ohnehin verzwickt: Ich höre nach der Runde auf, ein Spielertrainer-Duo übernimmt. Wie sollen die Beiden denn nun planen?“
• Stefan Schmidt (Vorsitzender TSV Knetzgau, 10. Kreisliga SW 2): „Wir waren und sind für den Abbruch der Saison. Mir ist schleierhaft, warum der Verband Angst vor einer Klagewelle hat. Die Pandemie ist doch quasi ,höhere Gewalt‘, das Vorgehen ist für mich nicht nachvollziehbar. Der Verband will sich absichern und denkt nicht an die Vereine. Wir haben doch schon alles geplant für die neue Saison, gehen eine Spielgemeinschaft mit Oberschwappach ein, haben einen neuen Trainer – das alles eigentlich zum 1. Juli. Insofern wäre eine Annulierung der Saison sinnvoll gewesen, im Handball geht das ja auch. Aber klar: eine zu 100 Prozent faire Lösung gibt es nicht."
• Kevin Leimeister (Sportleiter und Torwart TV Marktheidenfeld, 14. = Letzter Kreisklasse WÜ 4): „Wir haben gegen den Vorschlag des Verbandes gestimmt und wollten, dass die Runde vorzeitig beendet wird. Wir fürchten, dass es jetzt Chaos gibt. Man weiß ja nicht, ob man ab September wirklich spielen kann oder vielleicht doch erst im neuen Jahr. Besser wäre gewesen, jetzt einen sauberen Schnitt zu machen, damit Klarheit herrscht.“
• Michael Lutz (Vorsitzender SpVgg Giebelstadt, 13. = Abstiegsplatz Kreisklasse): „Ein sauberer Schnitt mit Abbruch der Saison wäre die beste Lösung gewesen. Dafür habe ich auch votiert. Ich wundere mich schon, dass zwei Drittel der bayerischen Vereine für die Fortführung der Saison im September gestimmt haben. Wie wollen denn Klubs, die im Niemandsland der Tabelle stehen, ihre Spieler motivieren, im September die restlichen zehn oder zwölf Spiele auszutragen? Fangen die in den Sommerferien mit der Vorbereitung an? Und wie geht es im März 2021 weiter? Spielen wir dann Federball? Der Verband kann nur hoffen, dass im Herbst möglichst viele Spiele ausfallen, die er dann im Frühjahr ansetzen kann.“
- Kommentar: Die Entscheidung fällt auf dem Fußballplatz
• Erwin Klafke (Sportleiter Bayern Kitzingen, 4. Kreisliga): „Aus meiner Sicht gab es nur eine Lösung: Abbruch der Saison und Neubeginn der Runde im Herbst. Aber so ist überhaupt nichts geregelt. Bei uns in der Kreisliga stehen noch zehn oder zwölf Spiele aus, die jetzt bis in den Spätherbst gehen, wenn wegen des schlechten Wetters schon so viele Spiele ausfallen. Und was ist mit der Relegation? Wollen wir die an Heiligabend spielen? Was passiert mit den Spielern, die für die neue Saison schon anderswo zugesagt haben? Unser Kader für die kommende Runde steht. Jetzt werden die Klubs, die in dieser Hinsicht nichts gemacht haben, belohnt. Für mich hat sich der BFV vor einer klaren Entscheidung gedrückt und die Sache auf die Vereine abgewälzt. Jetzt muss der Verband klare Antworten geben in Sachen Wechselfrist, Relegation, Spielerverträgen und wie es im März 2021 weitergeht.“
Interviews: Dominik Großpietsch, Uli Sommerkorn, Eike Lenz, Jürgen Schmitt, Alexander Rausch, Florian Karlein
Betrachtet man aber, dass heute niemand sagen kann, wann wieder Fußball gespielt werden kann, hält man sich mit dieser Lösung alle Möglichkeiten offen.
Falls die Runde heuer nicht zu Ende gespielt werden kann, könnte man Anfang 2021 weiterspielen, d.h. eine Saison in 2 Jahren und Saison 2020/21 würde ausfallen.
Falls Saison bis Ende 2020 zu Ende gespielt werden kann, könnte man Anfang 2021 eine verkürzte Runde, eine Saison im Pokalmodus oder ähnliches spielen.
Ziel muss sein, dass Saison 2021/22 wieder wie gewohnt ab August 2021 laufen kann.
Ich halte den Vorschlag deshalb für guten Kompromiss, der viele Optionen offen lässt.
Nicht nur in der Bundesliga, selbst in den unteren Ligen gehts doch nur noch um Geld.
Ich werde sehr genau beobachten, welche Firmen zukünftig dem Götzen "Fußball" als Sponsor dienen, gleichzeitig aber in der Krise Personal abbauen, auf Steuerzahlerkosten in Kurzarbeit schicken oder sonstige staatliche Hilfen in Anspruch nehmen. Im Großen und im Kleinen. Und mein Einkaufsverhalten danach richten...