Angelo Messina mag Verantwortung. Er sagte zu, weiterhin die Fußballer des TSV Erlabrunn, beheimatet in der Kreisklasse, zu trainieren. Es ist seine fünfte Saison oder - einschließlich der Unterbrechungen - sein sechstes Jahr als Spielertrainer.
Messina ist 31 Jahre alt, hat drei, bald vier Kinder und arbeitet als stellvertretender Betriebsleiter bei einem Wasserversorger im Landkreis: "Ich habe Schule und Ausbildung recht früh abgeschlossen, während andere vielleicht etwas mehr gefeiert haben. Dadurch war ich oft einer der Jüngeren. Das hat mir nicht geschadet, sondern viel gebracht", sagt er besonnen.
Wer ihn beim Fußball sieht, erlebt ihn zuweilen auch als Heißsporn. "Auf dem Platz würde ich mich als temperamentvoll und impulsiv bezeichnen", sagt er. Diese Eigenschaften habe er von seinem Vater mitbekommen. Mit dessen Heimat fühle er sich stark verbunden, wobei er in Würzburg geboren und aufgewachsen sei. Als Kind sei er mindestens einmal im Jahr nach Italien gefahren. Er spricht beide Sprachen und hat beide Pässe, doch wenn's um den "Calcio" geht, hält er zur Squadra Azzurra und zu Juventus Turin.
Junger Spielertrainer sollte Fußballern wieder eine Perspektive bieten
Spät kam er zum Vereinsfußball. Zuvor bolzte er mit Kumpels auf Plätzen. Erst mit 16 schloss er sich der DJK Würzburg an und wechselte, da talentiert, in der A-Jugend zu den Würzburger Kickers. "Das war ein sehr lehrreiches Jahr für mich. Ich dachte: Hey, ich bin richtig gut und kann überall spielen." Aber die wichtigste Lehre folgte erst danach: Bei der SG Hettstadt saß er nur auf der Bank.
Den Spielern versucht Messina heute zu vermitteln: "Ihr müsst für eure Ziele kämpfen, euch wird nichts geschenkt." Er kehrte zur DJK Würzburg zurück und ergriff zwei Jahre später die Chance, noch mal höherklassig zu spielen: Mit seinem damaligen Trainer Matthias Kantenwein wechselte er zur SG Margetshöchheim in die Bezirksoberliga.
Er erlebte dort eine turbulente Zeit mit drei Abstiegen und einem Aufstieg in nur fünf Jahren. Im letzten halben Jahr sprang er als Spielertrainer ein. Zur gleichen Zeit hatte Messinas Vorgänger in Erlabrunn einen schweren Stand: nur noch wenige Spieler, kaum Begeisterung und viele Niederlagen als Folge. "Mit einem jungen Spielertrainer wollten wir wieder eine Perspektive bieten", blickt der heutige Fußball-Abteilungsleiter Johannes Heßdörfer zurück.
Es war ein holpriger Start, auch mit unliebsamen Entscheidungen
Als Messina nach Erlabrunn kam, war er 26. "Ich hatte schon Familie, Kinder. Als Spieler hatte ich daher nicht mehr den Anspruch, in höheren Ligen zu spielen. Aber ich bin auch nicht gekommen, um hier Fußballtennis zu spielen, sondern um den Jungs was beizubringen."
Der Anfang war schwierig. In Erlabrunn, geradewegs in die A-Klasse abgestiegen, dirigierte noch der Libero die Abwehr. Im Training stand der Neue auch mal mit nur sechs Mann auf dem Platz. Messina holte ehemalige Spieler zurück und Jugendliche dazu. "Im ersten Jahr lief es holprig, aber Angelo war neu und musste alles neu aufbauen. Wir mussten auch einige unliebsame Entscheidungen treffen, die zuerst gar nicht positiv aufgenommen wurden", rechtfertigt Heßdörfer. Der Erfolg gab ihnen Recht: Im zweiten Jahr stieg Erlabrunn wieder auf.
"Nach jeder Saison hinterfrage ich mich: Welche Ziele hatten wir, was haben wir erreicht, was nicht? Und das stagnierte zuletzt", zweifelte Messina, da Erlabrunn in der laufenden Saison zunächst mehr Spiele verloren als gewonnen hatte. Doch Corona unterbrach die Runde.
Mannschaft könnte in den nächsten Jahren eine Liga höher spielen
Messina nahm an Trainerlehrgängen teil. "Als es wieder möglich war, haben wir nach der längeren Pause sehr zielstrebig und konzentriert trainiert. Das hat mir gezeigt, dass hier noch mehr möglich ist." Mit ihrem Potenzial, dem aktuellen und zukünftigen, könne die Mannschaft in den nächsten Jahren eine Liga höher spielen, glaubt ihr Spielertrainer.
Das Team bestehe "zu 95 Prozent aus Erlabrunnern", erwähnt Heßdörfer, der seit 2017 der Fußball-Abteilung vorsteht. Sie sei in der Jugend in jeder Altersklasse an einer Spielgemeinschaft beteiligt und mit 240 Mitgliedern "die größte, sich selbst verwaltende Abteilung" im Verein. Der Zusammenhalt im Ort sei hoch und das übertrage sich auf die Vereine.
"Wir haben zwei Mannschaften mit rund 40 Spielern und eine Sportanlage im Maintal, die, finde ich, ihresgleichen sucht", schwärmt Heßdörfer. Einen Naturrasen- und einen Kunstrasenplatz gibt es dort, und demnächst, wenn die Fußballer ihr 75-jähriges Bestehen feiern, soll ein neuer Verkaufsraum mit Sitzen und barrierefreiem Bad entstehen.
Abteilungsleiter und Trainer pflegen offenen Umgang miteinander
"Alle ziehen an einem Strang und wollen gemeinsam etwas erreichen", erlebt Messina. Inzwischen steht er nicht mehr fast alleine auf dem Trainingsplatz, "es kommen regelmäßig 14 bis 15 Spieler". Die Mannschaft habe sich sehr gut entwickelt, "was ich mir freilich gewünscht, aber so trotzdem nicht erwartet hatte."
Dem stimmt Heßdörfer zu. Das sei aber nicht immer so. Als beide über die nächste Saison sprachen, regte er an, die eine oder andere gelbe Karte bitte sein zu lassen. Abteilungsleiter und Trainer redeten offen miteinander, sprächen auch an, was sie störe. Ein ähnlicher Typ sei Stefan Hupp, der Messina nun als Co-Trainer anstelle von Stephan Wirthmann unterstützt.
Ob elf Fußballer oder bald vier Kinder schwieriger im Zaum zu halten seien? Messina lässt sich erstmals im Gespräch länger Zeit bei der Antwort und beginnt zu grinsen: "Natürlich die Kinder."