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Fußball: Dritte Liga
Vize-Kapitän Hägele über Kickers: „Wir waren ängstlich“
Der Vize-Kapitän des Würzburger Drittligisten spricht im Interview über eigene Fehler, die Atmosphäre beim Spiel gegen Hoffenheim und die Perspektiven der Rothosen.
Vor dem richtungsweisenden Heimspiel gegen Münster hofft Kickers Vize-Kapitän Daniel Hägele darauf, dass die Rothosen ihr Selbstvertrauen zurückgewonnen haben.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Vor dem richtungsweisenden Heimspiel gegen Münster hofft Kickers Vize-Kapitän Daniel Hägele darauf, dass die Rothosen ihr Selbstvertrauen zurückgewonnen haben.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:52 Uhr

Daniel Hägele ist mit 30 Jahren nicht nur der zweitälteste Spieler im Kader des Fußball-Drittligisten Würzburger Kickers. Er ist auch einer der wichtigsten. Der Vater einer Tochter ist als zentraler Mittelfeldmann für den Spielaufbau zuständig. Das Heimspiel an diesem Samstag (14 Uhr) gegen Münster besitzt für ihn eine besondere Wichtigkeit.

 

Frage: Wie ist die Stimmung im Kickers-Team nach der unglücklichen Niederlage im DFB-Pokalspiel gegen Hoffenheim?

 

Daniel Hägele: Auf jeden Fall viel besser als vor dem Spiel. Die drei Niederlagen in der Liga hatten uns ehrlicherweise schon ziemlich zugesetzt. Das Selbstvertrauen ist uns abhanden gekommen. Deshalb war das Spiel gegen Hoffenheim extrem wichtig. Jetzt hoffen wir, dass wir diese Leistung auch in der Liga auf den Platz bringen können.

Spielt es da gar keine Rolle, dass das Spiel am Schluss im Elfmeterschießen verloren ging?

Hägele: Natürlich hätten wir gerne gewonnen. Aber die Art und Weise, wie wir nach der Hoffenheimer 2:0-Führung aufgetreten sind, wie wir noch einmal zurückgekommen sind, war enorm stark. Wir haben uns selbst bewiesen, dass wir es können.

Haben Sie inzwischen eine Erklärung dafür, was in den letzten Ligaspielen schiefgelaufen ist. Was ist mit der Mannschaft in dieser verrückten Schlussphase in Unterhaching, als das Spiel nach einer 4:2-Führung noch 4:5 verloren ging, passiert?

Hägele: Ich kann mir dieses Spiel, diese letzten Minuten in Unterhaching, bis heute nicht erklären. Aber auf jeden Fall hat dieses Erlebnis mit uns etwas gemacht. Da sind wir uns alle einig. Danach kam dann das Heimspiel gegen Großaspach, in dem wir nach einer Minute gleich hinten liegen. So ist dann auch die Partie in Ingolstadt zu erklären, wo wir ängstlich aufgetreten sind. Ebenso die Anfangsphase gegen Hoffenheim. Deshalb waren die Tore im Pokalspiel so wichtig. Ich habe das Gefühl, da haben wir die Angst abgelegt. Nun ist es einfach wichtig, dass wir zurück in die Spur finden und gegen Münster zeigen, was uns stark macht.

Auch Ihnen selbst sind in den letzten Ligaspielen ungewohnte Fehler unterlaufen. Dabei haben Sie in der DFB-Pokal-Partie gegen Hoffenheim wieder gezeigt, was in Ihnen steckt. Da lag Ihre Passquote bei 94 Prozent. Alles Kopfsache?

Hägele: Klar. Gegen Großaspach ging es gleich mit einem Fehlpass los. Da hatte ich sicher eine Teilschuld am ersten Gegentor. Dann kommt noch die Niederlage in Ingolstadt, da war's auch nicht so toll. Und dann denkt man natürlich nach: Ich darf keine einfachen Fehler machen. Das hat man am Anfang gegen Hoffenheim auch noch gemerkt. Da waren alle etwas ängstlich, wobei man dazusagen muss, dass wir dieses Spiel auch bewusst defensiver angegangen sind. Durch den Spielverlauf sind wir wieder dahin gekommen, was uns schon in der vergangenen Saison stark gemacht hat. Wir sind keine Mannschaft, die die Bälle vorkloppt und auf den Lieben Gott hofft. So kommen wir nicht weiter.

 

Ihre Aufgabe hat sich im Vergleich zur vergangenen Saison verändert. Sie sind aus der Verteidigung ins defensive Mittelfeld gerückt, sollen dem Spiel Struktur geben. Eine Aufgabe, die Ihnen gefällt?

 

Hägele: Der Trainer hat mit mir darüber geredet, ob ich mir das vorstellen könne. Ich habe diese Position früher in Großaspach ja auch über längere Zeit bekleidet. Klar, ich bin jetzt 30 Jahre alt, spiele schon eine ganze Weile in der Dritten Liga. Da erwarte ich auch von mir selbst, dass ich die Jungs, die nicht so viel Erfahrung haben, an die Hand nehme. Ich muss zugeben, dass ich mir jetzt anfangs doch etwas schwergetan habe. Die Umstellung von der Innenverteidigung ins Mittelfeld ist schwieriger als andersherum.

 

Sie sind Vize-Kapitän. In der Öffentlichkeit treten aber eher andere Spieler wie Kapitän Sebastian Schuppan oder auch Fabio Kaufmann auf.

 

Hägele: Das sind sicher emotionalere Typen als ich. Letztlich ist es so, dass es vier, fünf erfahrenere Spieler gibt, die besonders in der Verantwortung stehen, die die Dinge in bestimmten Situationen in die Hand nehmen müssen. Schuppi, Fabio und ich sind da als erfahrene Spieler besonders gefragt.

 

Was war denn nun in den letzten Wochen das Problem. Echt nur die Verunsicherung, oder hat da nicht auch noch etwas anderes gefehlt?

 

Hägele: In erster Linie tatsächlich die Verunsicherung. Wir haben deshalb unser Passspiel, unsere Stärken nicht auf den Platz bekommen. Und man muss auch feststellen: Wenn wir einen Fehler machen, wird dieser derzeit meistens sofort knallhart bestraft. Das tut schon weh. Ich weiß nicht, ob wir das so hinbekommen, wenn der Gegner einen Fehler macht.

 

Ein Großteil der Gegentore war tatsächlich selbst verschuldet.

 

Hägele: Stimmt. Aber das liegt eben auch an unserem Spiel. Da gehört auch mal ein Pass mit etwas mehr Risiko dazu.

 

Muss man das ein oder andere Gegentor durch einen Fehler also auch einkalkulieren?

 

Hägele: Das eine oder andere vielleicht schon. Aber sicher nicht so viele wie in den letzten Wochen.

 

Wie wichtig ist die Partie an diesem Samstag gegen Münster?

 

Hägele: Sehr, sehr wichtig. Wenn man mitbekommen hat, was hier gegen Hoffenheim im Stadion los war, dann will man die Fans nun mitnehmen. Mit einer solchen Atmosphäre ist viel möglich. Es war das erste Mal, dass ich hier eine solche Stimmung erlebt habe. Da wird man getragen, da schaltet der Kopf irgendwann ab, da wird man einfach nicht mehr müde.

 

Sie sind jetzt seit einem Jahr bei den Kickers. Zuvor spielten Sie sieben Jahre in Großaspach, waren dort Kapitän. War der Wechsel rückblickend die richtige Entscheidung?

 

Hägele: Auf jeden Fall. Würzburg ist eine wunderschöne Stadt, die Kickers sind ein familiärer Verein. Unseren Trainer Michael Schiele kenne ich schon seit zehn Jahren. Mit ihm habe ich in Aalen noch zusammengespielt. Es passt hier einfach für mich.

 

Warum haben Sie sich damals eigentlich entschlossen, Großaspach zu verlassen?

 

Hägele: Ich hatte damals einfach das Gefühl: Ich muss noch einmal etwas Neues probieren. Ich wusste, dass, ich in Aspach, wenn ich fit bleibe, wohl immer spielen würde. Deshalb wollte ich einen Tapetenwechsel und mir auch selbst beweisen, dass ich es auch woanders schaffe.

 

Sie sind ein stiller Anführer und auf dem Feld ein Spieler, der andere glänzen lässt, dessen Wert für das Team erst auf den zweiten Blick auffällt. Hätten Sie gerne manchmal etwas mehr Anerkennung?

 

Hägele: Ganz ehrlich: nein! Ich brauche die Aufmerksamkeit, die manche andere Spieler suchen, nicht. Damit würde ich mich auch nicht wohl fühlen.

 

Sie sind auch in den Sozialen Medien - im Gegensatz zu den meisten Mitspielern - auch gar nicht präsent.

 

Hägele: Nein. Ich bin da auch überhaupt nicht angemeldet. Das interessiert mich nicht.

 

Sie sagten vorhin, Sie wollten sich in Würzburg neu beweisen. Was sind denn Ihre Ziele mit den Kickers?

 

Hägele: Zunächst ging es darum, mich in einem neuen Umfeld durchzusetzen. Die Kickers sind noch immer ein ambitionierter Verein. Nach 13 Abgängen im Sommer vielleicht mit einer anderen Zielsetzung als noch in der letzten Saison. In der Liga wollen doch schon gefühlt zehn Mannschaften aufsteigen. Warum sollten wir uns da irgendeinen Druck machen? Wir sind gut beraten, kleinere Brötchen zu backen. Aber natürlich brennt jeder Spieler und erhofft sich insgeheim auch noch ein bisschen mehr als nur einen einstelligen Tabellenplatz.

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