
Johann Hipper war der schnellste. Als sein Torwart-Kollege und Rivale im Wettstreit um den Stammplatz im Kasten von Fußball-Regionalligist Würzburger Kickers, Vincent Friedsam, das Elfmeterschießen mit seiner Parade entschieden hatte, stürmte Hipper im Vollsprint von der Seitenlinie über den Platz. Er war nach dem Toto-Pokal-Sieg gegen Viktoria Aschaffenburg (6:5 nach Elfmeterschießen) tatsächlich der erste Gratulant, der Friedsam um den Hals fiel. Als die Kickers vier Tage zuvor in der ersten DFB-Pokal-Runde das Elfmeterschießen gegen die TSG Hoffenheim verloren hatten, war es Friedsam, der den mit Tränen in den Augen am Boden kauernden Hipper tröstete. "Er hätte dasselbe auch bei mir gemacht", sagte Friedsam nach seinem persönlichen Triumph am Dienstag.
Die Stimmung im Torwartteam der Kickers scheint, trotz aller Rivalität, gut zu sein. "Die Menschlichkeit sollte immer überwiegen", so Friedsam. Und das kollegiale Klima scheint ja auch tatsächlich leistungsfördernd zu sein. Gegen Hoffenheim war Hipper, trotz der Niederlage, offiziell als Spieler des Spiels ausgezeichnet worden. Würde auch bei Spielen im bayerischen Pokal-Wettbewerb ein solcher Titel vergeben, Friedsam wäre er am Dienstag wohl kaum streitig zu machen gewesen.

"Es war für mich keine Überraschung, dass er gut hält", sagte Trainer Markus Zschiesche über Friedsam, auch wenn Hipper im Rennen um den Status als Torhüter Nummer eins "weiter die Nase leicht vorne hat". Keine leichte Situation für Friedsam, der in der vergangenen Saison noch die Nummer eins war. "In schlechten Momenten" müsse er ab und an schon noch einmal an das verlorene Aufstiegsspiel in Hannover denken, als er im Elfmeterschießen anders als am Dienstag keinen Ball parieren konnte. Im Falle eines Aufstiegs wäre er jetzt wohl Stammkraft in Liga drei. Friedsam hatte sich schließlich bereits frühzeitig zu den Kickers bekannt, seinen Vertrag am Dallenberg noch vor den Aufstiegsspielen verlängert. "Natürlich hatte ich damit gerechnet, als Nummer eins in die Saison zu gehen. Ich lasse mich davon nicht unterkriegen", so Friedsam am Dienstag.
An seiner Identifikation mit der Würzburger Aufstiegsmission hat sich durch die Zurückversetzung nichts verändert. Das neue Team, sagt der 22-jährige gebürtige Kölner, habe sich inzwischen gefunden, das spielerische Vermögen sei groß: "Auf Strecke werden wir in dieser Saison auf jeden Fall Meister."
Zschiesche bemängelt Chancenverwertung
Beim Pokal-Abend am Dienstag konnten die Kickers den eigenen hohen Ansprüchen nicht unbedingt genügen. Auch wenn Trainer Zschiesche in erster Linie die schwache Chancenverwertung dafür verantwortlich machte, dass sich der Favorit gegen den in der Liga schwach gestarteten Kontrahenten durch das Elfmeterschießen zittern musste. "Das ist fahrlässig", sagte er mit Blick auf die vergebenen Gelegenheiten, die freilich an diesem Abend nicht das einzige Problem waren. Leichtsinnige Abspielfehler brachten die Kickers immer wieder in Bedrängnis. Und als die Kickers dann durch den Kopfballtreffer des erneut auffällig abgeklärt agierenden Abwehr-Neuzugangs Ebrahim Farahnak (71.) erst einmal mit 1:0 in Führung lagen, gewährten sie den Gästen erstaunliche Räume und wurden in der 81. Minute mit dem 1:1 bestraft.
"Pokalspiele sind oft hektisch. Da passieren oft verrückte Dinge", suchte Friedsam eine Erklärung, während Zschiesche das Verhalten seines Teams nach dem Führungstreffer bemängelte und feststellte, "dass wir in einigen Situationen sehr müde wirkten". Das, so die Hoffnung, soll sich bis zum Samstag, wenn es gegen den FC Bayern München II im Ligaspiel am Dallenberg zu einem Duell zweier Meisterschaftsaspiranten kommt, wieder geändert haben. Auch Sturm-Routinier Benjamin Girth, der mit einem geschwollenen Knöchel wie bereits gegen Hoffenheim erst einmal auf der Bank saß, ist dann womöglich wieder ein Startelfkandidat. "Das ist eine Ausildungsmannschaft, die mit Qualität gespickt ist", blickt Zschiesche voraus und gibt sich dabei durchaus selbstbewusst: "Wir haben keine Angst. Die sollen gerne kommen. Wir wollen uns messen."