zurück
Leichtathletik
Trainermangel und Athletenschwund: Die unterfränkische Leichtathletik in der Krise
Der Bezirk Unterfranken gilt als Sorgenkind der bayerischen Leichtathletik. Die Verantwortlichen mühen sich redlich, eine Trendwende einzuleiten. Bisher ohne Erfolg.
Gemeinsam mit 16 anderen nimmt Thomas Schönfeld vom TSV Lohr (Zweiter von links) am Aufbaulehrgang für den C-Trainerschein teil. Der findet erstmals in Würzburg statt, doch die Resonanz ist gering.
Foto: Patty Varasano | Gemeinsam mit 16 anderen nimmt Thomas Schönfeld vom TSV Lohr (Zweiter von links) am Aufbaulehrgang für den C-Trainerschein teil. Der findet erstmals in Würzburg statt, doch die Resonanz ist gering.
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:44 Uhr

Um die unterfränkische Leichtathletik ist es nicht gut bestellt. Zwar gibt es laut Bestandserhebung vom 31. Dezember 2021 im Bezirk immer noch 17.576 Mitglieder, aktiv sind davon aber nur die wenigsten, was sich an der Zahl der Startpässe ablesen lässt. Gerade einmal 1617 Athletinnen und Athleten aus Unterfranken waren 2022 für Wettbewerbe gemeldet. "Da sieht man, dass die Mitgliederzahlen nur ein Feigenblatt sind. Und letztendlich heißt es noch nicht einmal, dass alle, die gemeldet waren, auch gestartet sind", sagt Günther Felbinger. Der 60-Jährige ist Lehrwart im Leichtathletik-Bezirk Unterfranken sowie Stützpunkttrainer in Würzburg und Karlstadt.

Nur 34 von 681 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen aus Unterfranken

Ein Spiegel der traurigen Situation seien die bayerischen Meisterschaften in Kitzingen im vergangenen Jahr gewesen. Von 681 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren nur 34 aus Unterfranken. Und das, obwohl der Wettbewerb hier stattfand. "Besonders dramatisch stimmt die Situation in den U-16-Schülerklassen", sagt Felbinger. Hier ging 2022 in Kitzingen bei den Jungen M15 überhaupt niemand an den Start. Bei den Mädchen W15 waren es nur acht, und im Bereich M/W14 gab es gerade einmal sieben Starterinnen und Starter. "Dabei sind das die Nachwuchskräfte, die in den kommenden Jahren eigentlich die Erfolge der unterfränkischen Leichtathletik gestalten sollen", sagt der Lehrwart und zeichnet ein düsteres Bild für die Zukunft. Auch bei den bayerischen Hallenmeisterschaften, die vor einigen Wochen in München stattfanden, sah es in puncto Teilnahme nicht viel besser aus. Fünf unterfränkische Vereine waren laut Felbinger vertreten, davon nur Aschaffenburg und Main-Spessart mit "einer richtig großen Mannschaft".

Bei der Trainerausbildung in Würzburg wurde nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch geübt.
Foto: Patty Varasano | Bei der Trainerausbildung in Würzburg wurde nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch geübt.

Die Gründe für die Misere sind vielfältig. Etwa die Corona-Pandemie, während der die Turnhallen lange geschlossen waren und viele Vereine nicht regelmäßig Training anbieten konnten. Dies als Hauptursache anzusehen, greift laut Felbinger allerdings zu kurz: "Problematischer ist, dass wir in vielen Vereinen überalterte Strukturen haben." Viele Trainer und Abteilungsleiter seien seit Jahrzehnten in ihren Ämtern, und sobald sie gingen, entstünde ein Vakuum. Vor allem Trainer und Übungsleiter fehlen, obwohl man im Bezirk in den vergangenen 25 Jahren gut 150 Männer und Frauen für diese Aufgaben ausgebildet hat. "Wenn ich mich heute umschaue, dann sehe ich, dass davon höchstens noch zehn Prozent in den Vereinen sind", resümiert der Lehrwart.

Enttäuscht haben ihn deshalb auch die bescheidenen Teilnehmerzahlen am Aufbaulehrgang zum C-Trainer-Schein, der während der Faschingsferien in Würzburg stattfand. Wer die Lizenz bisher erwerben wollte, der musste nach dem Grundlehrgang, der im Wechsel in einem der drei fränkischen Bezirke stattfindet (zuletzt in Schweinfurt), zwangsläufig eine Blockwoche an der Sportschule in Oberhaching absolvieren. Zum ersten Mal war es den Verantwortlichen aus Unterfranken nun gelungen, diesen Aufbaulehrgang nach Unterfranken zu holen. Am Sportzentrum der Universität Würzburg konnten sich Interessierte eine Woche lang schulen lassen, doch von den 30 Plätzen waren am Ende nur 17 besetzt. "Das ist ernüchternd", sagt Felbinger.

Thomas Schönfeld (links) engagiert sich beim TSV Lohr in der Leichtathletik-Abteilung.
Foto: Patty Varasano | Thomas Schönfeld (links) engagiert sich beim TSV Lohr in der Leichtathletik-Abteilung.

Einer, der das Engagement des ehrenamtlichen Traineramtes nicht scheut, ist Thomas Schönfeld vom TSV Lohr. Über seine beiden Kinder ist der passionierte Läufer zur Leichtathletik gekommen, half bisher immer als Assistent in den Übungsstunden aus und wollte nun die Möglichkeit nutzen, eine Lizenz zu erwerben. "Es ist wirklich toll, was uns hier geboten wird", schwärmt der 47-Jährige über die Inhalte der Ausbildung, die von theoretischen Hintergründen zu den unterschiedlichen Disziplinen bis zu praktischen Übungen reichen. Schönfeld, der als Arzt am Bezirkskrankenhaus Lohr arbeitet und in seiner Jugend professionell Radsport betrieb, betont, wie wichtig Bewegung gerade für Kinder sei. Es lasse sich beobachten, dass nach der Corona-Pandemie das Grundniveau noch einmal gesunken sei, viele könnten nicht mal mehr eine Rolle vorwärts. "Meine Motivation ist es, das wieder zu ändern", erklärt der Anästhesist.

Ein großes Problem sehen er und Felbinger darin, dass viele Vereine die jungen Leute spätestens nach dem Schulabschluss verlieren. „Wenn wir es schaffen, die zu halten oder zurückzuholen, dann bin ich guter Dinge, dass es weitergeht“, sagt Felbinger und nennt einen weiteren wichtigen Aspekt, um die Leichtathletik in Unterfranken am Leben zu erhalten: „Die Vereine müssen sich wandeln, müssen moderner werden.“ Wie das passieren soll, darauf haben die Verantwortlichen keine Antwort.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Carolin Münzel
Bezirk
Günther Felbinger
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Leichtathletik
Mädchen
Sportlerinnen
TSV Lohr
Unterfranken
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • P. M.
    Einfach mal den ÜL Stundensatz an den Mindestlohn anpassen und weg vom Ehrenamt. Ich arbeite schon 45 Jahre als ÜL im Verein, da legt man nur drauf.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten