Vor dem Zweitliga-Derby gegen den HSC 2000 Coburg und nach der Bekanntgabe seines Karriereendes sprach der Kapitän der DJK Rimpar Wölfe, Stefan Schmitt (33), im Interview über das fränkische Duell, seine Rolle als Anführer und Abwehrchef und seine Zweifel, ob ein Leben ohne Handball für ihn möglich ist.
Frage: Stefan, haben Sie und Ihr Team Coburg in der Liga vermisst?
Stefan Schmitt: Coburg als starken Gegner nicht unbedingt, aber das Derby auf jeden Fall. Es ist ja doch stets ein emotionaler Höhepunkt der Saison. Obwohl es nicht von besonders langer Tradition lebt und wir Spieler keine große gemeinsame Geschichte haben, hat es die Fans beider Lager schon immer elektrisiert.
Was macht den Reiz dieses Duells aus Ihrer Sicht aus?
Schmitt: Zum einen natürlich die geografische Nähe, zum anderen die verschiedenen Vereinsphilosophien. Coburg ist ein Profiklub mit einem Millionenetat und einer zusammengekauften Mannschaft. Wir haben viel weniger Geld, dafür mehr Eigengewächse. Insofern hat das Derby immer auch etwas von David gegen Goliath.
In acht Aufeinandertreffen in der Zweiten und Dritten Liga haben Sie mit Rimpar noch nie gegen Coburg verloren. Wird das auch diesmal so bleiben?
Schmitt: Ich gebe nichts auf Serien. Auf dem Papier ist Coburg Favorit. Aber das war bisher fast immer der Fall, und trotzdem haben wir immer mindestens einen Punkt geholt. Wenn wir mit Emotion spielen, können wir gegen jeden Gegner bestehen. Und an Emotion wird es uns gerade gegen Coburg nicht fehlen.
Rolf Brack, bis Ende September sportlicher Berater in Rimpar, hat Sie in der vergangenen Saison den „aggressive Leader“ der Mannschaft genannt, und „herausragend in Sachen Ausstrahlung, Antizipation und Schlauheit“.
Schmitt: (lacht) Schlauheit, das ist ja schön.
Der Rest nicht?
Schmitt: Na ja, die Rolle des Lautsprechers bietet sich für einen reinen Abwehrspieler schon an, aber sie entspricht nicht unbedingt meinem Naturell. Ich bin ja doch eher ein ruhiger Typ, der Aufsehen und Aggressivität nicht sonderlich schätzt. Aber es geht auch darum, denen den Rücken freizuhalten, die auch im Angriff spielen.
Fehlt ihnen das Torewerfen?
Schmitt: Eher das Angriffsspiel an sich. Für mich ist es durch nichts zu ersetzen, dafür liebe ich den Handball viel zu sehr. Und die Umstellung, das muss ich zugeben, ist mir sehr schwer gefallen. Aber das soll keine Kritik sein an der Entscheidung der Trainer, die mir die Rolle des Abwehrchefs zugedacht haben. Diese Entscheidung ist nachvollziehbar und berechtigt. Außerdem gehört es auf diesem Niveau zur Professionalität dazu, auch Rollen auszufüllen, die man sich selbst nicht ausgesucht hätte.
Am Dienstag haben Sie und Sebastian Kraus bekannt gegeben, dass Sie Ihre Handballerkarrieren nach der Saison beenden werden. Wie geht es Ihnen jetzt, da es raus ist, und der Countdown läuft?
Schmitt: Es ist ein komisches Gefühl, und es war echt eine schwere Entscheidung. Ich habe lange gezweifelt. Noch, glaube ich, kann ich der Mannschaft weiterhelfen, aber ich spüre schon, dass ich leistungsmäßig über meinem Zenit bin. Und ich wollte nicht bis zum bitteren Ende als Maskottchen auf der Bank rumsitzen. Eigentlich kann ich mir mein Leben ohne Handball nicht vorstellen, und trotzdem bin ich neugierig darauf, wie es sich anfühlen wird. Und ob es überhaupt möglich ist.
Und wenn nicht?
Schmitt: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich werde wohl erst mal in Aktionismus verfallen und Dinge tun, für die bisher wenig oder keine Zeit blieb: Reisen, andere Sportarten wie Klettern ausprobieren, Gitarre spielen lernen, wenn die Finger endlich heil bleiben. Aber emotional wird das sicher nicht einfach, davor fürchte ich mich schon. Der Handball gibt mir ja auch Selbstwertgefühl und Bestätigung. Plötzlich gehöre ich dann nicht mehr zu dieser Gruppe, in der man gelobt wird und einem immer mal jemand auf die Schulter klopft. Aber ich denke, dafür gibt es anderes Positives, vor allem mehr Zeit für Familie und Freunde.
Es bleiben Ihnen 23 Spiele . . .
Schmitt: Ich will sie genießen und möglichst viele davon gewinnen. Am liebsten gleich das Frankenderby.
DJK Rimpar Wölfe – HSC 2000 Coburg
(Samstag, 2. Dezember, 19.30 Uhr, s.Oliver Arena)
Die DJK Rimpar Wölfe (9./19:11) und der HSC 2000 Coburg (7./19:11) sind punktgleich, den besseren Lauf hatten zuletzt die seit fünf Spielen ungeschlagenen Unterfranken. Die Oberfranken indes hatten mit schwankenden Leistungen zu kämpfen, die die Hoffnungen auf den direkten Bundesliga-Wiederaufstieg gedämpft haben. Tiefpunkt war die Niederlage beim Kellerkind Hagen vor zehn Tagen. Topwerfer beim HSC ist Rechtsaußen Florian Billek. DJK-Coach Matthias Obinger, dem außer Max Bauer sein kompletter Kader zur Verfügung steht, rechnet mit einem „hochinteressanten Kampfspiel, denn der Sieger beißt sich in der erweiterten Spitze fest“.