Derart entspannt und viel und herzlich lachend hat man Denis Wucherer nur ganz selten gesehen nach einer Begegnung, egal, wie sie ausgegangen ist, seitdem er seinen Dienst im Sommer vor einem Jahr in Würzburg antrat. Völlig tiefenentspannt lehnt er nun an der Wand im Presseraum der Bamberger Brose Arena, scherzt, plaudert über das Historische, das die Schlusssirene ein paar Minuten zuvor besiegelt hat, blickt kurz auf die vergangenen schwierigeren Wochen zurück und richtet den Blick dann auch schnell in die Zukunft: "Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, und es wird uns gut tun, endlich mal eine Play-off-Mannschaft geschlagen zu haben. Es gibt uns Selbstbewusstsein."
Der 46-Jährige hat mit seinem Klub am Dienstagabend Geschichte geschrieben. Wucherer ist der erste Trainer von Würzburgs Bundesliga-Basketballern, dem es gelang, auch die letzte Bastion in der Premiumliga zu erstürmen. Zehn Mal waren sie nach Bamberg gereist. Zehn Mal waren sie geschlagen - oft mit einer sehr ordentlichen Klatsche - heimgekehrt. Das ist ihnen nirgendwo sonst passiert. Im elften Anlauf hat es nun endlich geklappt: Mit 72:69 (35:38) gewann s.Oliver Würzburg bei Brose Bamberg ein zwar nicht wirklich ästhetisches, aber mal wieder bis in die Schlusssekunde hinein spannendes Basketballspiel.
Derart entspannt und viel und herzlich lachend wie am Dienstagabend hat man auch Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler schon lange nicht mehr gesehen nach einer Begegnung, und vielleicht kann man an seiner Reaktion nach dem für seinen Klub historischen Erfolg am ehesten erahnen, was dieser so lange ersehnte Sieg tatsächlich bedeutet für die Baskets - und für ihren Anhang. Es wirkte, als sei ein sehr langes Trauma endlich überwunden. "Wir haben heute den Sieg erzwungen, ihn uns erkämpft, haben uns nie aufgegeben und ihn übers Herz unbedingt gewollt", sagte Liebler. Er sei selten so entspannt ins Erzbistum gereist wie diesmal, weil er "im Hinterkopf hatte: Unsere aktuelle Mannschaft kann, wenn alles passt, jeden schlagen." Und es hatte tatsächlich den Anschein gemacht: Die Unter- wollten den Sieg jenen kleinen Tick mehr, der enge Partien entscheidet, als die Oberfranken. An diesem Abend sei, so Liebler, auch klar geworden: "Man darf nie aufgeben."
Selten wurde diese Floskel derart untermauert wie in dieser Begegnung: Im ersten Viertel lagen die Baskets mal mit zehn Punkten zurück, im zweiten mit sechs vorne, im dritten mit neun hinten und gut fünf Minuten vor Schluss immer noch mit acht. Sie sind immer wieder herangekommen, und ihr Kapitän Cameron Wells, abermals in mehreren wichtigen Phasen der Begegnung genauso entschlossener wie entscheidender Mann, besorgte 25,1 Sekunden vor Schluss den Korbschubser zur dritten und siegbringenden Führung. "Auch wenn wir mit fünf, sieben oder neun hinten lagen: Wir haben weiter daran geglaubt, noch gewinnen zu können", sagte Wucherer, der glaubte, "dass wir ein bisschen stolz darauf sein können, uns nie aufgegeben zu haben."
Genau das gilt auch für den Trainer - zumindest bei der Nachverpflichtung von Junior Etou. Es war eine wochenlange Hängepartie um den 25-jährigen Kongolesen, der den langzeitverletzten Brekkott Chapman ersetzt. "Ich habe vier Wochen lang an fast nichts anderes gedacht, aber die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt", sagte Wucherer und lachte herzlich. "Er wird uns noch viel helfen."
Wie vielleicht auch Joshua Obiesie. Der 19-Jährige stand nach seinem doppelten Bänderriss fünf Wochen lang nicht auf Bundesliga-Parkett, am Dienstag dann zwar auch nicht mehr als sieben Minuten - aber an seiner Vorstellung ließen sich Willen und Leidenschaft, die die Würzburger in dieser Partie auszeichneten, ganz gut ablesen. Obiesie hat bisweilen eine naturgegebene Körpersprache, die man ganz leicht auch missinterpretieren kann, in die Richtung: ein bisschen arg cool, oder ein wenig zu lasch, jedenfalls nicht wirklich zähnefletschend. Er startete sein Comeback im dritten Viertel in einer Phase, in der den Baskets drohte, dass die mit neun Punkten führenden Bamberger spielentscheidend davonziehen. Neben gelungenen Defensivaktionen machte der Youngster auch vier wichtige Punkte, zwei ganz cool von der Freiwurflinie, und ein Korbleger kurz vor Viertelende, der den Rückstand auf vier Zähler reduzierte.
Es schien, als wollte Obiesie etwas zeigen, das sah auch sein Trainer so. Wollte er vielleicht auch Wucherer was zeigen, weil der ihn zwei Spiele auf der Bank hatte schmoren lassen, obwohl er sich als fit zurückgemeldet hatte? "Vielleicht auch mir", meinte Wucherer und lächelte verschmitzt: "Ich habe das natürlich im Training genau beobachtet. Jetzt war wieder der richtige Zeitpunkt für ihn."
Obiesie stand am Dienstagabend dann noch auf dem Parkett, auch er lächelte entspannt. "Zufrieden" war er mit seinem Comeback. Irgendwem irgendwas Besonderes zeigen? Ne! "Ich wollte einfach spielen, am besten so, wie ich das letzte Saison oft gemacht habe. Und ich muss weiter an meiner Verteidigung arbeiten."
Es scheint derzeit tatsächlich so, als sei die Mannschaft als Ensemble und auch die einzelnen Spieler auf einem Weg in die richtige Richtung.